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0367 - Der Hexenbaum

0367 - Der Hexenbaum

Titel: 0367 - Der Hexenbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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gehabt.
    Die Chinesin tauchte wieder auf, in einem kanariengelben Hosenanzug mit bestickter Jacke. Sie trug eine leichte Umhängetasche. »Damit werde ich wohl auskommen«, hoffte sie. »Ich werde ja bestimmt keine ganze Woche außer Haus sein müssen.«
    »Kaum mehr als einen Tag«, vermutete Nicole. »Unser Taxi kommt gleich.«
    Während sie im Hauseingang neben dem Gegensprechanlagen-Drachen auf das Erscheinen des Wagens warteten, bereitete Nicole das Amulett vor. Ein wenig anders reagierte es doch, und sie mußte sich erst damit zurechtfinden. Man merkte durchaus die Qualitätsunterschiede. Es hieß, daß Merlin sechs Versuche gemacht hatte, mit deren Ergebnis er immer wieder unzufrieden war, und erst das siebte in Zamorras Hand war die Krönung, die nicht mehr verbesserungsfähige Perfektion. Davon war hier nicht sehr viel zu spüren. Nicole wußte auch nicht, das wievielte Amulett sie in der Hand hielt. Sie hoffte, daß es eines der jüngeren war, die schon besser waren als die ersten Modelle.
    Immerhin konnte sie das herannahende Taxi sondieren und auf Einwirkungen Schwarzer Magie überprüfen. Der Fahrer und sein Wagen waren sauber, und die beiden jungen Frauen ließen sich zum »West Coast Star« fahren, wo ihnen die Zimmer zugewiesen wurden.
    Nicole suchte Su Lings Zimmer mit auf.
    »Du wirst dich wenigstens noch eine Viertelstunde mit meiner Anwesenheit abfinden müssen«, sagte sie. »Ich werde das Hotelzimmer absichern und von außen mit Fallen versehen, an Fenster, Tür und Klimaanlage, damit niemand mit Hilfe der Magie eindringen kann. Sobald die Fallen eine magische Aura spüren, werden sie ausgelöst. Du wirst in ihrem Schutz sicher sein.«
    Su Ling nickte. »Erklärst du mir, was du da machst?« bat sie und orderte beim Zimmerservice noch eine Flasche Wein und Gläser.
    »Natürlich. Du mußt ja wissen, welche Zeichen du nicht verwischen darfst«, sagte Nicole und zog das Stück magischer weißer Kreide aus der Tasche, das sie aus Caermardhin mitgebracht hatte.
    Dann machte sie sich an die komplizierte und geistig strapazierende Arbeit.
    ***
    Sonia Parker erreichte Sybil Ranix’ Wohnung innerhalb einer halben Stunde. Diesmal war sie gezwungen, ein öffentliches Verkehrsmittel zu nehmen. Sie hatte ihren Wagen noch nicht bei der Polizei ausgelöst; nach ihrem Zusammentreffen am Strand war sie in innerem Aufruhr in ihre kleine Wohnung zurückgekehrt und hatte für nichts anderes mehr Gedanken gehabt als für die Chancen, die sie hatte, davonzukommen. Sie war auf dem Weg, der keine Umkehr ermöglichte - entweder sie unterwarf sich dem Satan und wurde akzeptiert oder sie war eine Todeskandidatin!
    Die Schwarzhaarige trug ein langes, einfaches Seidenkleid in blutroter Farbe. Diesmal lagen weder Spott noch Überheblichkeit in ihrem Blick, als sie öffnete. »Komm herein.«
    Sonia beeilte sich, ihr zu folgen, und schloß die Wohnungstür hinter sich. Im gleichen Moment spürte sie, wie etwas nach ihrem Geist greifen wollte. Sie versuchte, sich dagegen aufzubäumen. Aber schon Augenblicke später befand sie sich in der Gewalt einer magischen Macht.
    »Was - was hast du mit mir gemacht?« stieß Sonia entsetzt hervor. »Willst du mich umbringen?«
    »Aber nein. Nimm irgendwo Platz. Ich erkläre es dir gleich. Was trinkst du?«
    »Nichts«, murmelte Sonia und ließ sich in der Wohnlandschaft nieder. Nichts sah danach aus, als hause hier eine Hexe. Aber andererseits - waren alle Vorstellungen von Hexen nicht Klischee? Hatte sie es nicht selbst beim Fotografen erlebt? Sie versuchte, alle ihre Vorstellungen zu verdrängen.
    Hauptsache, der Satan akzeptierte sie als seine Dienerin…
    Sie war erstaunt, wie schnell sie sich mit dem Gedanken an ihre Unterwerfung abgefunden hatte. Andererseits -es gab nur eine Alternative. Und die verschmähte sie…
    »Du bist ein wenig hypnotisiert worden, als du durch die Tür kamst«, sagte Sybil gelassen. Sie ging zu einem Schrank und öffnete ihn, indem sie das Schloß mit den Fingerspitzen berührte. Sie nahm einen Gegenstand heraus, der in ein dunkles Samttuch eingeschlagen war, und legte ihn auf den niedrigen Marmortisch. »Der hypnotische Einfluß sorgt dafür, daß du mir keine Schwierigkeiten machst«, sagte Sybil. »Es ist zu deiner und auch zu meiner Sicherheit.«
    Sonia seufzte. »Machst du das mit jedem Besucher?«
    Die Hexe lachte. »Nein. Nur mit -Opfern.«
    Sonia erschrak. Sie wollte aufspringen, aber sie brachte es unter dem zwingenden Blick der Hexe nicht

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