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0368 - Alptraumzeit

0368 - Alptraumzeit

Titel: 0368 - Alptraumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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sagte er. »Ich möchte mir nur nicht später selbst vorwerfen müssen, daß ich irgend etwas übersehen habe.«
    Er schlenderte davon. Niemand hinderte ihn daran, die Terrasse zu verlassen, den großen Pool zu umrunden und zwischen den Sträuchern unterzutauchen.
    Da sah er die Dingos.
    ***
    Der weiße Buick Elektra rollte durch Alexandria. Am Ortsrand befanden sich die Wellblechhütten, die man den Aborigines zur Verfügung gestellt hatte, um sie hier seßhaft zu machen, und die von den Eingeborenen nicht akzeptiert werden konnten. Seßhaft geworden waren sie zwar, aber das Klima gestattete ihnen, die Nächte ganzjährig im Freien zu verbringen - so, wie sie es seit Jahrzehntausenden taten.
    Wilbur Jeromee hielt den Wagen schließlich im Schatten einiger Palmen an. Er schaltete den Motor ab. »Und jetzt? Gehen wir mit dem Bild von einem zum anderen und fragen nach diesem Typen?«
    »Es wird uns nicht viel anderes übrigbleiben«, sagte Joany Lawrence. Sie stieg aus. Die Hitze überfiel sie, aber in den Jahren, die sie nun in dieser Gegend zubrachte, hatte sie gelernt, damit zurechtzukommen. Auf der anderen Seite verließ Jeromee den Wagen.
    Sie brauchten das Fahrzeug nicht abzuschließen. Unter den Aborigines gab es keine Diebe. Sie waren tief gesunken, aber nicht so tief. Die Weißen hatten ihre Kultur vernichtet, aber nicht ihre Ethik.
    »Die Menschen sind eine eigenartige Rasse«, sagte Joany nachdenklich. »Sie lassen es zu, daß ein Teil von ihnen wie Tiere lebt. Sie empfangen Wohlfahrtsgelder und setzen sie in Alkohol und andere Drogen um, und sie richten sich damit langsam, aber sicher zugrunde.«
    »Sie sind ohne Hoffnung«, sagte Jeromee. »Aber ist es unser Problem? Wir haben unsere eigenen Schwierigkeiten.«
    Sie hatten die Zeichnung kopiert, so daß sie sich trennen konnten. Joany Lawrence näherte sich einer Gruppe von Kindern. Sie beschloß, hier mit ihren Fragen zu beginnen. Die Kinder würden noch am ehesten und am unbefangensten antworten.
    Einige Erwachsene sahen mißtrauisch herüber, als Joany sich in den Sand kniete und das Spiel der Kinder unterbrach. Sie hielt ein paar Geldmünzen in der offenen Handfläche.
    »Das gehört euch, wenn ihr mir sagt, wer dieser Mann ist«, erklärte sie.
    Die Kinder drängten sich um die Zeichnung. Sie starrten sie an, als hätten sie noch nie das Bild eines bemalten und mit Federn geschmückten Mannes gesehen. Einige schüttelten den Kopf. Ein etwa zehnjähriger Junge grinste dann.
    »Was willst du von dem Mann, Miß?«
    »Ich will mit ihm sprechen«, sagte sie. »Ich will ein Geschäft mit ihm abschließen.«
    »Das ist Old Nugger«, sagte der Zehnjährige.
    »Und wer ist Old Nugger?« Sie ahnte die Antwort voraus.
    »Der Schamane. Er spricht in der Traumzeit mit den Geistern.«
    Sie drückte dem Jungen die Münzen in die Hand. »Teilt es euch auf. Ich danke euch.«
    »Was ist das für ein Geschäft, das du mit Old Nugger machen willst, Miß?« fragte der Junge. Joany war erstaunt über sein Interesse. Sie hatte die Aborigines, ob Kind oder Erwachsener, als desinteressiert und phlegmatisch eingestuft. Zumindest in diesem Fall schien das nicht zu stimmen.
    Aber bevor sie antworten konnte, spürte sie die Bewegung hinter sich und das Harte, das sich zwischen ihre Schulterblätter drückte.
    »Das, weiße Lady, möchten wir auch gern wissen«, krächzte die heisere Stimme eines erwachsenen Aborigine. »Sie sollten sich die Antwort verdammt gut überlegen, Lawrence. Wenn es um Old Nugger geht, verstehe ich keinen Spaß.«
    Langsam, ganz langsam wandte sie sich um. Erleichtert, aber auch verärgert darüber, daß sie hereingelegt worden war, starrte sie die Flasche an, die der Aborigine in der Hand hielt und deren in ihren Rücken gepreßten Hals sie für einen Pistolenlauf gehalten hatte.
    Die Kinder waren plötzlich verschwunden. Von Jeromee war keine Spur zu sehen. Er mußte sich irgendwo anders aufhalten. Neben dem Aborigine mit der Flasche tauchten andere auf. Vier, fünf Männer mit finsteren, drohenden Gesichtern.
    »Wir wissen, wer Sie sind, Lawrence«, sagte der Mann vor ihr. »Reden Sie - oder wir machen Sie fertig.«
    Sie schluckte. Ihre Hand zuckte zur Handtasche, in der sie den Dhyarra bei sich trug. Sie hatte ihn vorsichtshalber mitgenommen. Wenn nichts anderes mehr half, würde sie ihn einsetzen müssen.
    »Sie will nicht antworten«, sagte der Mann mit der Flasche. »Was machen wir da?«
    Die anderen traten näher.
    »Wir zwingen sie zur Antwort«,

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