0368 - Der Henker kam nach 20 Jahren
Farbige treffen.«
Hinter uns schepperte die Türklingel. Ich drehte mich um. Es war ein älterer Mann, er war schlecht gekleidet. Er trug keinen Hut. Die spärlichen Reste seiner grauen Haare standen in Büscheln links und rechts vom Kopf ab. Der Mann sah aus wie ein älter zerzauster Geier.
Er wandte sich dem Stapel alter Klamotten zu und begann, die Stoffe mit seinen knochigen Fingern zu befühlen. Offensichtlich war er ein Kunde für Rogan.
Ich sagte dem Altwarenhändler, daß er nicht vergessen solle, uns anzurufen, falls sein ehemaliger Geschäftspartner auftauche. Rogan nickte zerstreut und blickte, an uns vorbei, auf den neuen Kunden, von dem er sich vermutlich ein besseres Geschäft erhoffte, als er es mit uns gemacht hatte.
Wir verließen den Laden. Im Vorübergehen warf ich noch einmal einen Blick in das Gesicht des Alten. Ja, er sah wirklich aus wie ein Geier.
***
Ich nahm den Jaguar nicht mit nach Harlem. Ihm war nicht anzusehen, daß er ein Polizeischlitten war, und ich wollte ihn mir nicht auseinandermontieren lassen.
Wir fuhren mit der Subway in das Negerviertel. Es gab eine Haltestelle in der Nähe der 127. Straße. Wir brauchten nur ein kurzes Stück zu Fuß zu gehen.
Die Kaschemme verriet sich durch schreiende Neonreklame und durch ein Jazzgeheule, das zwei Straßen weit zu hören war. Gruppen von Jugendlichen standen vor dem Laden herum, -nicht nur junge Neger, sondern auch Weiße. Auch Girls befanden sich darunter.
Eine Vier-Mann-Streife der City Police begegnete uns wenige Schritte von der Kaschemme entfernt. Zwei der Beamten waren Weiße, zwei Neger. Dej- Streifenführer hielt uns an. »Das hier ist keine Gegend für Sie«, sagte er düster.
»Wir sind nicht zum Vergnügen hier, Sergeant! FBI.« Ich ließ ihn den Ausweis sehen.
Er nahm ein wenig Haltung an. »Danke, Sir! Sollen wir uns in der Nähe halten, falls Sie uns brauchen?«
»Ich hoffe, wir werden allein fertig. Wem gehört die Hot-Water-Inn?«
»Kenneth Trough! Er zog den Laden vor zwei Jahren auf, und er brachte es fertig, daß sich die Jungs nicht in die Haare gerieten.«
»Eine anerkennenswerte Leistung.« Der Sergeant verzog den Mund. »Ja, das wäre es, wenn Trough damit ’nen guten Zweck verfolgte, aber wir haben ihn im Verdacht, üble Geschäfte zu betreiben.« Er zeigte mit dem Daumen auf die Kneipe. »Er machte seinen Laden zu einem Treffpunkt für das üble Gelichter von New York. Zu Trough kommen die Gangster, um sich ihren Nachwuchs zu holen. Außerdem haben wir ihn im Verdacht, daß er den Boys und Girls Marihuana verkauft und ihnen dafür das Zeug abnimmt, was sie zusammenstehlen oder rauben.«
»Danke für die Auskünfte, Sergeant.« Die Beamten gingen weiter, während Phil und ich die Inn ansteuerten.
Als wir die Tür aufstießen, urriheulte uns der Jazz wie ein Hurrikan. Der Laden war vollgepfropft wie eine Sardinenbüchse. Auf einer Tanzfläche, die nicht größer war als ein normales Zimmer zapptelten hundert oder mehr Jugendliche, Boys und Girls, Weiße, Neger, Puertoricaner.
Kein Erwachsener schien sich in der Inn aufzuhalten, aber dann sahen wir, hinter der Theke verschanzt, einen großen dunkelhaarigen Mann mit breitem, brutalem Gesicht.
Am Rande der Tanzfläche entlang kämpften wir uns zur Theke durch.
Der Dunkelhaarige musterte uns aus mißtrauisch zusammengekniffenen Augen.
»Sind Sie Kenneth Trough?«
»Ja. Was wollen Sie trinken?«
»Nichts, falls Sie unsere Fragen prompt beantworten.«
»Also Bullen«, knurrte er. »Schießen Sie los!«
»Vor einigen Tagen war ein gewisser Sidney Carlyle bei Ihnen.«
»Ich pflege meine Kunden nicht nach dem Namen zu fragen.«
»Okay, ich werde Ihnen den Mann beschreiben.«
Ich gab eine kurze Beschreibung Carlyles. Ich sah, daß Trough zu einem Kopfschütteln ansetzen wollte, und sagte rasch:
»Wir wissen genau, daß der Mann bei Ihnen war, und Sie können uns nicht erzählen, daß er Ihnen nicht aufgefallen wäre. In Ihrem Laden muß jeder Mann auf fallen, der älter als fünfundzwanzig Jahre ist.«
»Ja, ich erinnere mich. Er kam an einem Nachmittag, als noch nicht viel los war.«
»Er fragte Sie nach einem Burschen, der für ihn arbeiten könnte.«
»Ich bin doch kein Arbeitsvermittlungsbüro.«
»In einem gewissen Sinne sind Sie genau das, Trough. Wir haben unsere Informationen.«
Er reagierte heftig. '
»Wollen Sie daraus eine strafbare Handlung konstruieren? Ich nehme keine Gebühren. Was ist schon dabei, wenn sich jemand bei mir
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