037 - Das Geheimnis der Knochengruft
vor, wie sie am besten dem Vicomte folgen konnte,
wenn er sich anschickte, sein geheimes Labor zu betreten.
Sie musste wissen, was dort vorging.
●
Larry Brent hatte das Gefühl, eine
Zentnerlast auf den Schultern zu tragen. Sein Schädel erschien ihm dreimal so
groß und schwer. Es dröhnte in seinen Ohren, und das Blut hämmerte hinter
seinen Schläfen. Trunken wälzte er sich auf die Seite und überlegte, wie lange
er wohl schon schlafen mochte. Der Wecker hatte sich noch gar nicht bemerkbar
gemacht.
Wecker?!
Irgendetwas in seinem Unterbewusstsein sprach an.
Da war ein Läuten, weit, weit weg.
Es hörte sich an, als würde jemand einen riesigen Wecker hinter einer
überdimensionalen Wattewand verbergen.
Larry räkelte sich. Er fühlte sich wohl. Es war schön, einmal richtig
ausspannen zu können.
Er wusste später nicht mehr zu sagen, was es eigentlich war, das die
Warnung in sein Unterbewusstsein getragen hatte.
Wie von einer Tarantel gestochen, fuhr er plötzlich in die Höhe und war
sofort hellwach, auch wenn er sich noch benommen fühlte. Taumelnd kam er auf
die Beine. Sein Fuß stieß gegen etwas Weiches, auf das er jedoch zunächst
keinen Blick warf, weil ihm sofort schwindlig wurde.
Larry versuchte, die Umrisse des Zimmers zu erkennen, in dem er sich
befand. Es fiel ihm ein, dass er zuletzt mit Claudia Pascal gesprochen hatte.
Er erinnerte sich auch des eigenartigen Verhaltens seiner Gesprächspartnerin,
ihres Schwindelanfalls, ihrer heftigen Abneigung gegen ihn, als er versuchte,
sie anzufassen, um sie zu stützen ...
Er schüttelte den Kopf. In seinem Schädel brummte es, der Boden unter ihm
machte merkwürdige Wellenbewegungen, dass er glaubte, auf einem wankenden Schiff
zu stehen. Er fühlte sich leicht und beschwingt. Seltsame Bilder zogen immer
wieder an seinem geistigen Auge vorbei – in satte, wehende Farben getaucht.
Larry durchlebte die letzten Stadien eines durch eine Droge erzeugten
Rausches.
Der Raum vor ihm verzog sich, sein Körper wurde manchmal wie an Fäden in
eine Richtung gesteuert, in die er ursprünglich nicht gehen wollte. Dann
empfing er wieder klare und deutliche Bilder und konnte die Halluzinationen
zurückdrängen.
Er war noch trunken, aber schon wieder fähig zu erkennen und zu
registrieren.
Die Wohnung der Französin – die düsteren Wände, die vorgezogenen Vorhänge,
durch die kein Tageslicht drang.
Tageslicht? Er war am Vormittag hier angekommen, konnte aber jetzt, als er
einen Vorhang langsam zur Seite zog, keine Helligkeit auf der Straße
wahrnehmen.
Finsternis! Durch die nebulöse Luft schimmerte matt und verwaschen der
Lichthof einer einsamen Laterne auf der anderen Seite der Straße.
Larry griff sich an die Stirn, wankte in das Zimmer zurück und versuchte,
das Unerklärliche zu erfassen. Er durchquerte die Wohnung, stützte sich hier
und da ab. Er musste den Ausgang erreichen. Die unheimliche Stille irritierte
ihn. Wieder stieß er mit dem rechten Fuß gegen etwas Weiches, und dieses Mal
reagierte er. Unter farbig beleuchteten Nebelschwaden erkannte er die Umrisse
eines Menschen – Claudia Pascal.
Sie lag in seltsam verrenkter Stellung auf der mit geblümtem Stoff
überzogenen, riesigen Couch. Ihr Oberkörper war zur Seite geneigt, und ihr
rechter verbundener Arm hing schlaff herab. Die weiße Bandage, die ursprünglich
bis zu den Fingerkuppen gereicht und sie verdeckt hatte, war nun verschoben.
X-RAY-3 bückte sich. Er handelte wie in Trance, als er vorsichtig die
steife Hand fasste und deutlich den Knochen des Mittelfingers durchschimmern
sah. Mit spitzen Fingern begann er den Verband zu fassen und machte Anstalten,
ihn aufzuwickeln und zu lösen, als ihm Claudias Warnung in den Sinn kam: »Fassen Sie mich nicht an!«
Eine fürchterliche Vermutung stieg in Larry auf. Er brachte es nicht
fertig, sich hinunterzubeugen, um die junge Frau zu untersuchen, deren
bleiches, fein geschnittenes Gesicht wie aus Marmor gemeißelt in der Dämmerung
schimmerte.
Er hörte ein Geräusch, das von der Tür kam.
Heftige Schritte ertönten in dem großen düsteren Korridor, und kurz darauf
standen vier uniformierte Gestalten vor ihm und er starrte in drei
schussbereite Pistolen.
Ein Beamter in einem dunkelbeigen Trenchcoat tauchte neben ihm auf. »Ich
verhafte Sie im Namen des Gesetzes! Sie werden beschuldigt, Claudia Pascal
ermordet zu haben!«
Larry sah von einem zum anderen, sein Blick blieb schließlich auf Claudia
Pascal hängen. »Tot?«,
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