Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
037 - Klinik der Verlorenen

037 - Klinik der Verlorenen

Titel: 037 - Klinik der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jose Michel
Vom Netzwerk:
zögerte eine Sekunde lang. Eine Kaffeetasse aus Plastik traf sie an der Schulter. Sidonie zuckte zusammen, und ihre Lider flackerten leicht.
    Das überzeugte sie. Sie griff in die Tasche an ihrer Schürze und zog eine Schere heraus, mit der sie Erics Fesseln energisch durchschnitt. Eric ließ sich Zeit. Er richtete sich auf und massierte seine Hand- und Fußgelenke, um die Blutzirkulation wieder in Gang zu bringen.
    »Wo haben Sie Ihre Peitsche gelassen?« fragte er spöttisch.
    Sie gestikulierte wild.
    »Sie haben sie mir weggenommen.«
    Eric stand auf und machte einige Schritte.
    »Bleiben Sie hier, schweigen Sie und lassen Sie mich machen.«
    Sidonie setzte sich auf das Fußende des Bettes. Eric klatschte laut in die Hände. Die Aufmerksamkeit der Mädchen galt ihm augenblicklich. Sie liefen zusammen und umringten, ihn. Langsam begann er zu sprechen.
    »Professor Sarlieff ist ein Scharlatan«, sagte er. »Ein Mörder.«
    Er sprach sehr betont. Sidonie saß auf dem Sprung, bereit, einzugreifen. Als sie aufstand, nahmen die Mädchen eine drohende Haltung an. Sie setzte sich wieder.
    »Das Serum, das er euch eingespritzt hat, wird seine Wirkung verlieren, sobald ich hier draußen bin, denn ein Gelehrter aus der großen Klinik hat ein Gegenmittel gefunden, das schon bereitsteht. Ich wollte es gestern schon ankündigen und euch alle wieder hinaufbringen lassen. Aber ihr habt ja gesehen, was dann passiert ist … Sarlieff möchte auch mir sein Serum injizieren. Darum bleibt ruhig. Sobald ich frei bin, werde ich mich eurer annehmen. Ihr werdet eure frühere Gestalt wiedererhalten. Aber schont eure Nerven, denn euer Organismus wird durch das Serum schon außergewöhnlich beansprucht. Also bitte geht alle wieder zurück in eure Betten.«
    Das war nicht so einfach, denn alle wollten nähere Einzelheiten über das Gegenmittel erfahren.
    »Ihr alle müßt mir helfen, es ist unbedingt notwendig, daß ihr wieder zu Kräften kommt«, sagte er. »Der Professor hat einen Judogriff angewendet, daher war es für ihn so einfach, mich zu überwältigen. Ich vergaß, mich in acht zu nehmen. Aber von jetzt ab werde ich auf der Hut sein. Und ich zähle auf eure Hilfe. In die Betten!«
    Sidonie biß sich auf die Lippen. Sie fragte sich vermutlich, ob Eric bluffte oder tatsächlich ein Gegenmittel zur Verfügung hatte.
    Innerhalb von zehn Minuten war die Ruhe wiederhergestellt. Die Peitsche blieb unauffindbar.
    »Sie können Ihre Arbeit fortsetzen.« sagte Eric zu Sidonie. »Aber ich würde Ihnen empfehlen, die Mädchen mit Ruhe und Freundlichkeit zu behandeln, sonst haben wir in Kürze die gleiche Situation wieder.«
    Sie öffnete den Mund, schloß ihn aber wieder und ging in ihre Küche, wo ein unbeschreibliches Durcheinander herrschte.
    »Lise, wir werden es überstehen«, flüsterte Eric mir zu. »Das Gegenmittel, das ich Ihnen bereits injiziert habe, wird innerhalb von zehn Tagen wirken. Und dann werden wir von diesem Verbrecher befreit sein.«
    Er setzte sich auf mein Bett und fuhr fort: »Sie kennen einen Teil meiner Geschichte, Lise, aber ich möchte, daß Sie alles wissen. Es stimmt, ich habe gegen das Gesetz verstoßen. Ich habe Sarlieffs Safe aufgebrochen, weil ich das Geld brauchte. Es war in Österreich, wo wir zu sechst unter Sarlieffs Leitung arbeiteten. Meine Kollegen und ich sahen monatelang kein Geld für unsere Arbeit. Sarlieff vertröstete uns, ließ sich selbst aber keinen Luxus abgehen, fuhr teure Autos, feierte Partys und hatte mehrere Dienstboten. Schon damals hat er mit der Entwicklung seines Serums begonnen. Wie gesagt, ich brauchte das Geld. Meine Frau hatte Tuberkulose, ich wollte sie in einem Sanatorium behandeln lassen. Damals war sie noch nicht unheilbar krank. Eines Nachts überraschte mich Sarlieff dabei, wie ich seinen Safe, dessen Kombinationszahlen ich kannte, öffnete. Ich habe eine größere Summe herausgenommen, das kann ich nicht ableugnen. Aber es war längst nicht soviel, wie er mir schuldete. Soviel Geld besaß er gar nicht mehr, das wußte ich aber nicht. Seine teuren Versuche hatten sein ganzes Vermögen verschlungen, er war bankrott und verschuldet. Er versprach mir, von einer Anzeige abzusehen, wenn ich den Einbruch schriftlich eingestand. Ich unterschrieb. Was hätte ich anderes tun sollen? Der Rest ist leicht zu erraten. Er erfuhr, daß ich, einige Jahre, nachdem wir voneinander Abschied genommen hatten, Eigentümer dieser Klinik geworden war, und vor allem, daß ich ein technisch perfekt

Weitere Kostenlose Bücher