0371 - Der Satan füttert sie mit Gift
zurück zum Distriktsgebäude! Wir melden uns!«
Ich konnte nicht verstehen, ob Rickwich eine Antwort gab. Der schwarze Wagen hatte einen Vorsprung von fast hundert Yard, und ich mußte aufs Gaspedal drücken, um den Mercury bei dem Regen nicht aus den Augen zu verlieren. Die Sicht war so schlecht, daß man sich keinen größeren Abstand erlauben konnte.
Wir waren vielleicht zehn oder zwölf Blocks weit gefahren, als der Mercury vor uns jäh nach rechts abbog. Als wir die Ecke erreicht hatten, schaltete die Ampel auf Rot.
»Verdammt!« knurrte ich wütend. »Ausgerechnet heute muß uns das passieren !«
»Rotlicht und Sirene?« fragte Phil.
Ich zeigte auf den Strom der Fahrzeuge, die unsere Richtung kreuzten und in den wir uns hätten einschleusen müssen.
»Bevor die uns eine Lücke freimachen können, steht die Ampel wieder auf Grün.«
Wenige Sekunden später konnten wir unsere Fahrt fortsetzen. Als ich in die Seitenstraße einbog, verrenkten wir uns fast die Köpfe, aber von dem Mercury war weit und breit nichts mehr zu sehen. Dafür stieß mich Phil plötzlich an und rief:
»Das Mädchen, Jerry! Er muß es hier abgesetzt haben. Da vorn geht es!«
Ich warf einen raschen Blick in die Richtung, die Phil zeigte. Tatsächlich, dreißig Yard vor uns ging Claudia Deeps mit ihrem knallroten Regenschirm die Straße entlang.
»Wir sollten unsere Strategie in diesem Falle ändern«, knurrte ich entschlossen. »Durch die Ermordung des Professors ist es sowieso vorbei mit der Heimlichkeit. Jetzt müssen wir Farbe bekennen.«
Ich fuhr an den Straßenrand und zeigte durch vorsichtiges Bremsen an, daß ich halten wollte. Wir stiegen aus und gingen auf Claudia Deeps zu.
Sie war achtzehn Jahre alt, wirkte aber wie zweiundzwanzig. In ihrem Gesicht zeigten sich bereits die ersten Spuren der Abmagerung, die der häufige Morphiumgebrauch bewirkte. Wenn man sie noch ein paar Monate dem Gift überließ, würden ihre Jochbögen noch stärker hervortreten, und auf dem jetzt noch schönen Gesicht würden tief eingegrabene Züge des geheimen Lasters abzulesen sein.
»Miß Claudia Deeps?« fragte ich.
Sie trat einen Schritt zurück. Ihr Blick ging zwischen Phil und mir hin und her.
»Was wollen Sie?« fragte sie.
Ich hielt ihr den FBI-Stern hin.
»Wir bitten Sie, mit zum Districtsgebäude zu kommen, Miß Deeps. Wir brauchen Ihre Aussage.«
***
»Keine Dummheiten, Jack«, preßte O’Neil zwischen den Zähnen hervor.
»Ich bin völlig Ihrer Meinung«, höhnte Benson und griff ein zweites Mal in die Zigarrenkiste. Er brachte einen schwarzen, mattschimmernden Metallgegenstand von länglicher Form zum Vorschein.
Ein Schalldämpfer, dachte O’Neil erschrocken. Ein Schalldämpfer. Das kann doch nur bedeuten, daß… Er spürte, wie ein pelziger Geschmack in seinem Munde entstand. Zunge und Rachen waren auf einmal wie ausgedörrt.
»Los, los, hoch mit den Armen!« kommandierte Benson.
O’Neil spürte, daß Wardson ihn fragend ansah. Nur jetzt nichts riskieren, dachte O’Neil. Nicht mit dem Anfänger. Wenn dem was passiert — ich könnte zeit meines Lebens nicht mehr mit ruhigem Gewisssen einen Jungen mit auf Streife nehmen. Worauf es jetzt noch ankommt, ist, Jack Wardson heil hier herauszubringen.
Er hob die Arme. Mit einem Blick forderte er den jungen Kameraden auf, seinem Beispiel zu folgen. Wardson tat es mit einem mürrischen Gesicht. Sicherlich hätte er jetzt lieber den großen Gangsterbezwinger gespielt, dachte O’Neil.
»Sie sollten sich verdammt gut überlegen, was Sie tun wollen, Benson«, sagte O’Neil langsam. Seine Stimme klang ein wenig rauh. »Sie haben doch keine Chance mehr.«
Benson lächelte spöttisch, während er den Schalldämpfer über den Lauf der Waffe schob.
»Sieht eher so aus, als ob ihr im Augenblick keine Chancen hättet — oder? Wenn einer von euch versucht, seine Kanone aus der Halfter zu ziehen, hat er ein Loch im Bauch, bevor er den Kolben richtig packen konnte. Ist das klar?« '
»Sie spielen sich aber mächtig auf«, stieß Wardson heiser hervor.
Der Junge ist richtig, dachte O’Neil, als er das grimmige Gesicht seines Kollegen sah. Vielleicht hatte Jack Wardson im ersten Augenblick Angst. Jetzt hat er nur noch Mut. Aus diesem Holz kann man Polizisten schnitzen, richtige Cops.
»Ich denke schon, daß es klar ist«, sagte der Sergeant ruhig. »Vorläufig haben Sie die Trümpfe in der Hand. Nur würde ich mich an Ihrer Stelle nicht darauf verlassen, daß das so
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