0374 - Ein Mörder rechnet zweimal ab
kurvte nicht hinter mir her, sondern fuhr geradeaus weiter und war Bruchteile von Sekunden später meinen Blicken entschwunden.
Du hast dich geirrt, Jerry, sagte ich mir, stieg in meinen Flitzer und fuhr nach Hause.
Der graue Buick ließ sich nicht mehr blicken.
***
Am nächsten Tag wurde Zwillinger nach New York gebracht. Wir verhörten ihn nach allen Regeln der Kunst. Er blieb bei seiner Aussage.
Helen Filmark fuhr mit den Kovar-Kindern Caroline und Gaby zu der Jagdhütte und machte dort Ferien.
Lydia Kovar wurde aus dem Krankenhaus entlassen. Ich suchte die Frau in ihrer Wohnung auf, sprach ein paar Worte, versuchte zu trösten und war erschüttert über die psychische Verfassung der Frau. Am Nachmittag erhielt ich den amtlichen Obduktionsbefund der Ärzte vom FBI-Büro Tucson. Man hatte festgestellt, daß Jack Kovar an Krebs erkrankt gewesen war und nach Meinung der Ärzte kein Jahr mehr gelebt hätte. Ich fragte Lydia Kovar, ob sie von der Erkrankung ihres Mannes gewußt hatte. Sie verneinte. Sie war so verwundert, daß ich ihr glaubte. Lydia Kovar meinte, ihr Mann selbst könne von der Krankheit nichts gewußt haben. Zwar hätte er häufig über Leibschmerzen geklagt, aber er hätte es für Magengeschwüre gehalten und sich nicht darum gekümmert.
Am nächsten Tag mußte ich ein Protokoll aufsetzen und an Eides Statt versichern, daß es sich bei dem Ermordeten um Jack Kovar handelte. Das Protokoll war für die Versicherung bestimmt, bei der der Journalist eine Lebensversicherung in Höhe von 200 000 Dollar abgeschlossen hatte. — Das Geld wurde anstandslos ausgezahlt und auf Lydia Kovars Konto überwiesen. Ich nahm an der Beerdigung teil. Helen und die beiden Kinder fehlten. Lydia Kovar hatte darum gebeten, daß ihre Schwester mit den Kindern in der Jagdhütte bleiben sollte.
Drei Tage lang trat ich auf der Stelle. Wir durchwühlten Kovars Vergangenheit. Wir verhörten Zwillinger stundenlang. Aber es ergab sich nicht der geringste Hinweis auf ein Motiv.
Natürlich hatten wir längst bei der Expreßgesellschaft »Silber-Läufer« nachgefragt. Aber man erinnerte sich dort nicht mehr an den Mann, der den Umschlag abgegeben hatte.
Es sah fast so aus, als sollte der Fall Kovar ungelöst bleiben. Aber es sah nur so aus, denn schon am nächsten Tag, einem Sonntag, begannen sich die Ereignisse zu überstürzen.
***
Es war früher Morgen. Der Jaguar stand vor der Haustür. Ich klemmte mich hinters Steuer. — Als ich mit Lydia Kovar das letzte Mal gesprochen hatte, hatte ich ihr versprochen, sie zur Jagdhütte mitzunehmen. Denn die Frau war nervlich noch so schwach, daß sie es sich nicht zutraute, die weite Strecke selbst zu fahren.
Langsam gondelte ich hinüber nach Brooklyn, zur Roosevelt Avenue. Ich war nicht angemeldet und konnte deshalb , frühestens um acht aufkreuzen. Ich wollte die leidgeprüfte Frau überraschen und hoffte, ihr mit der Fahrt zur Jagdhütte eine Freude zu machen.
Ich freute mich auf das Wiedersehen mit Helen. Noch nie hatte eine Frau soviel Eindruck auf mich gemacht.
Dicke Tropfen klatschten gegen die Windschutzscheibe. Es war schwül, über dem Atlantik türmten sich dunkelgraue Wolken und blähten ihre Bäuche.
Die Roosevelt Avenue lag verlassen. Als ich mich dem Apartmenthaus näherte, sah ich plötzlich einen grauen Chrysler, der aus der Einfahrt neben dem Gebäude schoß und dann in Richtung Long Island über die Avenue davonsauste. Hinter dem Steuer saß eine Frau, und da die Nummer des Wagens 1 665 215 war, gab es für mich keinen Zweifel, daß ich Lydia Kovar vor mir hatte.
Für einen Augenblick war ich verblüfft.
Was hatte die Frau um diese Zeit vor? Angeblich war sie nicht in der Lage, den Wagen zu steuern. Und jetzt fuhr sie mit einem Tempo, das eine Verkehrsstreife sofort mobil gemacht hätte.
Wenige Augenblicke später war der Chrysler hinter der nächsten Biegung verschwunden. Lydia Kovar hatte mich offensichtlich nicht bemerkt.
Ich drückte auf die Tube und sauste hinterher.
Nach einer halben Minute war ich bis auf Sichtweite heran.
Die Frau fuhr zum Kissena Park. Das ist eine lange schmale Grünanlage im nördlichen Queens.
Der Chrysler bog in eine der Straßen ein, die durch den Park fühfen. Ich hielt etwas Abstand.
Die Straße beschreibt zahlreiche Kurven. Als ich die erste hinter mir hatte, war von dem Chrysler nichts mehr zu sehen. Ich fuhr schneller. Aber der Chrysler kam nicht in Sicht. Als ich den jenseitigen Ausgang erreichte und den Wagen noch
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