0375 - Bluthand aus dem Jenseits
standen noch vor mir. Ihre Gesichter waren mir zugedreht.
Hellgraue Flecken im Dämmer der Wohnung, mehr waren sie nicht.
»Ich habe sie gesehen«, erwiderte ich. »Aber was hat die Hand mit mir zu tun?«
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. »Du sollst sie zerstören, John Sinclair.«
»Wie nett.«
Der andere ging auf meinen Spott nicht ein. »Es ist uns sehr ernst damit. Wir wollen, dass du diesen Schandflecken von uns nimmst.«
»Weshalb macht ihr es nicht?«
»Das hat bestimmte Gründe«, erwiderte der andere ausweichend.
»Die ich nicht erfahren soll.«
»Ja.«
»Und wenn ich nein sage?«
Ein leises Lachen klang mir entgegen. »Ich an deiner Stelle würde zustimmen…«
»Nein, es soll auch keine Erpressung sein. In dieser Welt sagt man dazu Geschäft. Machen wir ein Geschäft, Geisterjäger. Einverstanden?«
»Kommt darauf an.«
»Du wirst die Hand zerstören und hast somit einen Zugang zu Aibon gefunden, und vielleicht bist du damit näher an das Rätsel des Dunklen Grals herangekommen.«
»Moment. Was hat die Hand mit dem Gral zu tun?«
»Nichts.«
»Na bitte.«
»Aber Aibon und der Dunkle Gral hängen zusammen. Nicht nur die beiden, John Sinclair. Auch das, was dich als Sohn des Lichts ausweist, steht mit dem Dunklen Gral in Verbindung. Das Kreuz und der Gral, so unterschiedlich sie auch sein mögen, haben mehr gemeinsam, als du dir bisher noch vorstellen kannst…«
Das allerdings war eine Überraschung für mich. Obwohl es für mich schlecht vorstellbar war, wollte ich den Sprecher nicht als Lügner sehen. Mein Kreuz hatte seit seiner Entstehung einen langen Irrweg hinter sich und bestimmt schon Dinge »gesehen«, die für mich ein Rätsel waren. Natürlich wollte ich unbedingt alles aufklären. Nun gab man mir eine winzige Chance, die Dinge anders zu sehen und vielleicht einen Schritt näher an das Ziel heranzukommen.
»Du denkst nach?«
»Ja.«
Er versuchte, mich zu beeinflussen. »Es wäre nicht gut für dich, dich gegen uns zu entscheiden.«
»Soll das eine Drohung sein?«
»Wir drohen nie, wir handeln, Sinclair. Das solltest du inzwischen wissen.«
»Und wenn ich zustimme?«
»Wirst du der Hand begegnen und sie zerstören.«
»Ist das alles?«
»Ja.«
»Verdammt, ich glaube euch nicht!«, flüsterte ich. »Da ist ein Trick dabei. Ihr wollt mich reinlegen. Ich kenne eure Stärke, ich weiß, wie mächtig ihr seid. Es wäre doch für euch ein Kinderspiel, die Hand zu vernichten, auch wenn sie so groß ist und so schlimm aussieht. Nein, darauf lasse ich mich nur ein, wenn ich die gesamte Wahrheit erfahre. Außerdem würde ich nicht allein gegen sie kämpfen und meinen Partner mitnehmen…«
»Dagegen haben wir nichts.«
»Hat sie irgendetwas mit Guywano zu tun?«, wollte ich wissen.
Guywano war ein abtrünniger Druide. Gegen ihn hatte ich schon zweimal gekämpft.
»Diesmal nicht.«
»Welches Motiv sollte mich dann leiten?«
»Willst du nicht Erfahrungen sammeln?«
Ich begann zu lachen. »Die habe ich im Laufe der Jahre gesammelt. Damit hättet ihr mich früher reizen können, heute nicht mehr. Ich stecke in einer Mühle, aus der es für mich persönlich kein Entrinnen mehr gibt. So nicht, Freunde.«
»Die Hand tötet weiter«, sagte er mir. »Sie vernichtet auf grausame Weise, und dagegen bist du doch – oder?«
»Das stimmt schon…«
»Dann hast du ein Motiv.«
»Das geschieht in eurem Land, in Aibon, nicht hier. Was geht es mich an? Ihr seid bisher ohne mich zurechtgekommen, das wird jetzt auch so sein. Nein, ich habe andere Sorgen. Irgendwann wird sich mein Weg mit dem euren kreuzen, das steht fest. Ich will es nicht beschleunigen.«
»Auch nicht, wenn du die beiden Dolche finden kannst?«
»Ich weiß, dass sie in Aibon verschwunden sind. Ich würde sie gern haben, um sie Mandra Korab, ihrem eigentlichen Besitzer, zurückzugeben. Aber das ist nicht so dringend, wie du vielleicht angenommen hast. Ihr habt mich nicht überzeugen können.«
Der Mann in Grau nickte, ohne dass ich sein Gesicht sehen konnte. »Wenn du so sprichst, hast du aus deiner Sicht Recht. Nur hast du einige Fehler gemacht. Denkfehler, denn die Hand hat wohl etwas mit dir zu tun. Erstens befindet sie sich nicht nur in unserer Welt, und zweitens sucht sie immer Opfer.«
»Das weiß ich.«
»Weißt du auch, wen sie sich als nächstes Opfer ausgesucht hat?«
»Nein.«
»Es ist eine Frau. Miriam di Carlo!«
Verflucht, damit hatte er mich getroffen! Natürlich kannte ich die
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