0375 - Bluthand aus dem Jenseits
hatte Aibon in Ruhe existiert, die Zeiten ändern sich, sie sind dabei, allmählich zur Vergangenheit zu werden. Auch wir könnten uns öffnen, und das, was wir längst glaubten, vergessen zu haben, ist wieder an die Oberfläche unserer Existenz getreten. Du wirst einen Teil davon sehen und dich dann entscheiden müssen. Gib genau Acht, Geisterjäger, sehr genau…«
Nach dieser Rede war ich gespannt und schaute auf die magische Leinwand in meinem Raum.
Das grünliche Leuchten blieb bestehen, aber in seiner Mitte schälten sich allmählich die Konturen eines anderen Gegenstandes hervor. Natürlich hatten mich die Worte des Mannes in Grau neugierig gemacht. Alles, was mit dem Bereich der Druiden zusammenhing, interessierte mich. War es nun positiv oder negativ, zudem hatten die Druidenhelfer den Begriff des Dunklen Grals erwähnt. Für mich das Rätsel überhaupt. Ich würde viel darum geben, es zu lösen. Die Kontur wurde deutlicher. Sie blieb auch nicht auf nur einen Gegenstand beschränkt und zeigte schon sehr bald eine gesamte Szene. Einen hohen rechteckigen Block erkannte ich. Er war dunkler als die magische Leinwand, deshalb sah ich ihn auch so konturenscharf.
Der Block stand hochkant. Mir kam er vor wie ein Grabstein, aber das war er wohl nicht. Und er blieb auch nicht schwarz und leer, denn in seiner Mitte und ebenfalls übermäßig groß, schälte sich etwas hervor.
Heller als der Stein und ein Gegenstand, den jeder Mensch besitzt.
Es war eine Hand!
Riesig, gewaltig, hölzern und dabei dennoch geschmeidig wirkend. Angst einflößend ebenfalls, sodass ich mir wünschte, nie von dieser Hand berührt zu werden. Aber das war nicht alles. Die Hand stand etwas schräg, trotzdem konnte ich genau auf ihre Fläche schauen.
Und dort sah ich etwas. Es quoll hervor, war eine Flüssigkeit, die aussah wie zäher, roter Sirup. Sirup war es nicht.
Ich bekam sehr schnell die Erklärung durch den Sprecher der vier Männer in Grau.
»Was dort aus den Poren quillt, Geisterjäger John Sinclair, ist ein besonderer Saft, wie mal jemand sagte. Es ist Blut, und zwar das Blut der Menschen, die diese Hand getötet hat. Wir haben ihr einen Extranamen gegeben. Wir nennen sie die Bluthand aus dem Jenseits…«
Nach diesen Worten legte der Sprecher eine Pause ein, damit es mir gelang, mich mit dem Anblick dieser gewaltigen Klaue besser vertraut zu machen. Sie war tatsächlich etwas Besonderes, und ich hatte so eine große Klaue noch nicht gesehen, sah ich einmal von Menators Steinklauen ab.
Diese hier war nicht so groß, und sie bestand auch nicht aus Stein, das konnte ich sehen. Steine zeigten nicht die Maserung oder Poren wie der Gegenstand auf der magischen Leinwand.
Diese Hand musste aus Holz sein.
Makaber wirkte das rote, zähe Blut, das aus bestimmten Poren quoll. Es war wie ein Schleim, der sich zunächst unter den Öffnungen sammelte, bevor die Masse so viel geworden war, dass sie an der Fläche nach unten rinnen konnte.
Das war nicht alles. Auch aus den gekrümmten Fingerkuppen drangen Blutstropfen.
Unter den ebenfalls hölzern wirkenden Nägeln entstanden sie, wurden zu großen Tropfen und folgten ebenfalls der Anziehungskraft, als sie sich lösten und nach unten klatschten.
Ein blutiger Tropfenregen verließ die Hand, und ich schaute mit einer gewissen Faszination und auch Abscheu zu.
Was wollten mir die Männer damit zeigen?
Ich wollte schon eine Frage stellen, als ich einen Teil der Lösung erfuhr.
»Diese Hand«, sagte der Sprecher, »ist etwas Besonderes. Sie besteht aus dem Holz der Eiche und wurde als magischer Fetisch irgendwann einmal angebetet. Aber sie kehrte um, sie verschrieb sich dem Bösen, das wussten einige Druiden, die ebenfalls den Pfad der Tugend verlassen hatten und die Hand für ihre Pläne einspannten. Sie funktionierten sie um. Aus der Hand wurde ein Mordinstrument. Gerechte, die von den Druiden gerichtet worden waren, starben durch ihren Druck. Die Hand senkte sich auf sie und zerquetschte sie. Das Blut der Opfer saugte sie auf, und es ist genau dieser Lebenssaft, der jetzt wieder aus den Poren quillt…«
Der Sprecher beendete seine Erklärung, obwohl ich noch Fragen gehabt hätte.
Gleichzeitig verschwand auch die Leinwand so schnell, wie sie gekommen war, und nichts mehr blieb zurück.
Ich atmete tief durch.
Mittlerweile war ich richtig wach geworden. Längst wusste ich, dass dieses Eindringen der vier etwas mit der Hand und mit mir zu tun hatte, aber ich hielt mich zurück.
Sie
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