0377 - Der letzte Gast kam aus Sing-Sing
sah, wie er im Laufschritt die Hofeinfahrt passierte und um die Ecke rannte. Er war allein.«
»Holmes ist hinterher?«
»Wie eine Rakete«, grinste der andere.
Wütend ging ich zu Wesley zurück.
»Soviel Unverstand gibt es nur alle Schaltjahre einmal. Läuft uns Clymer einfach weg, obwohl er genau weiß, dass Ironface nur auf seine Chance wartet.«
»Warten wir eben, bis er wiederkommt.«
Ich erinnerte mich plötzlich an Frances. Sid hatte es wohl nicht erwarten können, zu ihr zu gehen. Er hatte heute Morgen noch den Nachnamen genannt.
Im Adressbuch fand ich ihre Anschrift. Burnett Street 31, dritter Stock.
Ich stürmte auf die Straße und winkte ein Taxi heran. Federnd hielt ein Yellow Cab vor mir.
Ich gab dem Fahrer die Adresse, bevor ich einstieg. Der Wagen hatte eine Glasscheibe zwischen Fahrersitz und Fond.
Ich saß kaum in den Polstern, da schoss der klapprige Ford los. In Gedanken versunken konstatierte ich im Unterbewusstsein, dass der Ford konstant im ersten Gang fuhr.
Der Motor brummte überlaut in meinen Ohren, mein Magen rebellierte. Ich musste die Augen schließen, riss sie aber mit Gewalt wieder auf. Für eine Sekunde waren meine Gedanken hellklar.
Die Abgase!, durchfuhr es mich. Du musst sofort aussteigen.
Ich warf mich gegen die linke Tür und umklammerte den Griff. Aber soviel ich auch drehen und rütteln wollte, der Hebel bewegte sich lose in der Führung. Die Tür blieb geschlossen.
Ich war in eine Falle gelaufen. Langsam schwanden mir die Sinne, und ich konnte nichts dagegen unternehmen. Ich hatte nicht mehr die Kraft, meine Smith & Wesson zu ziehen, um die Scheibe zu durchlöchern.
Die Hand steckte schon im Jackett, als ich das Bewusstsein verlor. Das letzte, was ich wahrnahm, war das zynische Grinsen des Fahrers, der durch die Scheibe beobachtete, wie ich langsam zusammenfiel.
***
Lieutenant Wesley griff gerade zum Telefon, um alle Reviere an der Jagd nach Clymer zu beteiligen, als der Apparat zu schrillen begann.
Kaum hatte sich Wesley gemeldet, sprang er vom Stuhl.
»Zum Teufel, wo stecken Sie, Clymer?«, rief er aufgebracht.
»Machen Sie sich um mich keine Sorgen, Lieutenant. Und sagen Sie den G-men bitte, ich benötigte ihren Schutz nicht mehr. Ich verlasse heute noch die USA und bringe mich in Sicherheit.«
»Sprechen Sie unter Zwang?«, fragte der Polizeilieutenant leise.
Belustigt kicherte Sid Clymer in die Muschel.
»Nicht die Spur, Lieutenant. Nur habe ich keine Angst mehr vor diesem Findlay. Ich komme schon zurecht. Bin ja schließlich kein Baby mehr.«
»Sagen Sie wenigstens, wie wir Sie erreichen können, wenn etwas passiert«, brummte Wesley wütend.
»Sorry, ich weiß noch nicht genau, wohin ich mich wende. Sie hören später von mir. Bye, Lieutenant.«
Sid Clymer legte auf. Schnellen Schrittes entfernte er sich von der Telefonzelle, nur eine kleine Mappe unter dem Arm. Er machte wieder den Eindruck eines mit allen Wassern gewaschenen Kaufmannes, der gerade ein lukratives Geschäft vorhat.
***
Das Yellow Cab beschleunigte, nachdem der Fahrer die Abgaszufuhr ausgeschaltet hatte. Er war sicher, sein Fahrgast würde den Rest der Fahrt verschlafen.
Ohne zu halten, erreichte das Taxi über die Spring Street die Edgar Road. Schnurgerade führte diese Ausfallstraße nach Linden und weiter nach Rahway.
Etwa fünf Meilen hinter den letzten Häusern von Linden bog der Fahrer rechts ab. Er verließ nach zwei Minuten den Zubringerweg und holperte über einen schmalen Feldweg. Weit und breit war kein Mensch zu sehen.
Ein schmaler Waldstreifen nahm den Wagen endgültig auf. Durch Schlaglöcher und über freiliegende Baumwurzeln suchte sich der Fahrer seinen Weg.
Dann sah er unweit vom Waldrand eine große Scheune. Sie sah recht windschief aus, und das altersschwache Tor stand sperrangelweit offen.
Der Mann kannte sich genau aus. Ohne zu zögern, fuhr er in das Halbdunkel der Feldscheune. Sofort schloss sich der Torflügel hinter ihm.
Er stellte den Motor ab und warf den Schlüssel unter die Sitzbank. Hauchdünne Handschuhe bedeckten beide Hände des Fahrers.
Eine zweite Gestalt hatte sich zu ihm gesellt. Ohne zu reden, hoben sie den Bewusstlosen aus dem Fond und legten ihm kunstgerecht Fesseln an.
Ein schwarzes Tuch um den Kopf vervollständigte die Maskerade. Dann breiteten sie eine Plane über das Taxi und zogen sich zurück.
Ein unbezähmbarer Niesreiz rief mich ins Bewusstsein zurück. Ich spürte kaltes Wasser im Gesicht und etwas Klebriges.
Als ich
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