0377 - Der letzte Gast kam aus Sing-Sing
das Genick brechen wollte. Doch der Sturz ging glimpflich ab. Mein Anzug war zwar bestimmt hin, doch wenn es dabei blieb, konnte ich froh sein. Im Augenblick sah es nicht danach aus.
Schwerfällig setzte sich der Laster in Bewegung. Einer der Gangster hatte neben mir irgendwo Platz genommen, der andere war mit dem Boss vorne eingestiegen.
Der verführerische Rauch einer Zigarette kitzelte meine Nase.
»Gib mir auch eine«, sagte eine zaghafte Stimme neben mir.
Ich zuckte zusammen, als ich die Stimme hörte. Das war Sid Clymer!
Ein verächtliches Grunzen antwortete Clymer. Trotzdem schien der Gangster ihm den Wunsch zu erfüllen. Ich hörte die Schritte, dann wurde ein Feuerzeug angesteckt.
Dem Stöhnen folgte ein Fall. Hatte Sid plötzlich den Gangster angegriffen? Ein wilder Zweikampf entspann sich. Ich hörte das Wälzen auf den Planken, dann ein paar Mal das Klatschen von Fausthieben.
Ich war überzeugt, auf mich achtete keiner in diesen Minuten. Soweit es ging rollte ich nach links, bis ich an die Bordwand stieß. Mit den Händen tastete ich herum, bis ich an ein Stück scharfes Metall fasste.
Vorsichtig legte ich mich so hin, dass ich mit dem Rücken gegen die Wand drückte.
Ich brachte meine gefesselten Hände an das scharfe Eisenstück und rieb wie wild daran herum. Wenn der Lastwagen durch ein Schlagloch fuhr, riss ich mir die Haut an Händen und Unterarmen auf, aber den Schmerz spürte ich gar nicht.
***
Es war bald geschafft. Ich konnte die Hände wieder frei bewegen. Ungelenk massierte ich einige Sekunden lang die schlaffen Arme, dann riss ich mit einem Ruck das Tuch vom Gesicht.
Endlich konnte ich sehen, was sich um mich herum abspielte. Clymer lag in einem heftigen Kampf mit seinem Bewacher.
Er hatte es irgendwie geschafft, sich seiner Fesseln zu entledigen. Die Stricke lagen lose neben ihm.
Der Kampf der beiden entschied sich zu Clymers Gunsten. Ich staunte nicht schlecht über die Kräfte, die Sid plötzlich entwickelte.
Mit einem kurzen Ruck zog er den Kopf seines Gegners an sich, um ihn sofort zurückzustoßen. Ein harter Schwinger aus kurzer Entfernung traf den Gorilla genau auf das Kinn.
Mit einem leicht verdutzten Ausdruck in den Augen gab er den Widerstand auf. Schwer atmend sprang Sid auf die Beine.
»Was, Sie sind das? Gute Arbeit geleistet, Cottön. Wie haben Sie das geschafft?« Er wartete meine Antwort nicht ab und sagte: »Springen Sie ab, ich komme gleich nach.«
Ich stand dicht an der hinteren Ladewand. Er drängte mich einen Schritt weiter und ließ die Klappe herunter.
Da der Truck gerade eine Steigung bewältigte, fuhr er nicht schneller als 20 Meilen.
Aber ich wollte nicht abspringen.
»Nein, Clymer, zuerst schnappen wir uns die beiden da vorn.«
Er schüttelte den Kopf. »Ironface gehört mir. Mit dem werde ich ganz allein fertig.«
»Sind Sie verrückt?«, fauchte ich ihn an.
Mit einem verbohrten Blick sah er mich an.
In diesem Augenblick klirrte das Verbindungsfenster zwischen Fahrerhaus und Ladefläche. Wir rissen gleichzeitig die Köpfe herum und sahen den schwarzen Lauf einer Luger, die sich durch das Loch schob.
»Springen Sie«, gellte Clymer und versetzte mir gleichzeitig einen Stoß.
Während die Luger Feuer spuckte, verlor ich das Gleichgewicht und kippte von dem Lastwagen. So gut es ging, rollte ich mich zusammen.
Hart schlug ich auf die staubige Straße auf. Sofort rollte ich mich in den Graben, um wenigstens notdürftig gedeckt zu sein, falls Magee S. Findlay mich noch einmal unter Feuer nehmen wollte.
Ich hörte die Schüsse, obwohl der Motor mit Vollgas auf heulte. Sechsmal peitschte es auf, dann war der Wagen hinter der Kuppe verschwunden.
In weiter Entfernung hörte ich eine dumpfe Explosion.
Der Truck!, schoss es mir durch den Kopf. Findlay schien ihn in eine Schlucht gestürzt zu haben, um den Mord an Clymer zu tarnen.
Ich lief, was meine Beine und Lungen hergaben. Im Lauf tastete ich nach der Smith & Wesson, die noch immer im Schulterhalfter steckte. Als ich den Berg erreicht hatte, konnte ich nichts entdecken. Ich dachte: Sollte Ironface in seinem tierischen Hass doch gesiegt haben?
***
Am frühen Vormittag fuhr Phil den Jaguar in den Hof des FBI-Gebäudes in der 69. Straße. Dann hastete er in das Zimmer unseres Chefs. Mr. High erwartete ihn schon.
Ausführlich berichtete Phil von unseren Nachforschungen und Vermutungen. Schweigend hörte sich Mr. High die Story an. Dann nahm er einen dünnen Schnellhefter vom
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