0379 - Das Tor zur Hölle
von seinen Genossen als Friedensgeste gedeutet werden und auf diese Weise mehr Nutzen hervorbringen als die Antworten, die er zu geben vermochte. Wynn hätte in dieser Frage anders entschieden. Er erachtete den Gefangenen für wichtig, und es erhöhte seine Zuversicht in den Erfolg des Unternehmens keineswegs, daß Perry Rhodan anders dachte.
Inzwischen waren innerhalb der Kuppelhalle Messungen angestellt und die folgenden Resultate erzielt worden: Die Atmosphäre der Halle war derjenigen der Außenwelt vergleichbar - mit dreiundneunzig Prozent Wasserstoff, vier Prozent Ammoniak, der Rest Methan und schwerere Kohlenwasserstoffe. Die Temperatur lag bei einhundertundsechzig Grad absolut, also um ein Merkliches höher als draußen. Die offizielle Diagnose lautete, daß es sich bei der Halle um eine Art überdimensionierter Schleuse handele - eine Ansicht, die von Gus Barnard vorerst weder bestätigt, noch abgelehnt wurde.
Überhaupt wurde aus den Rundsprüchen des Adjutanten immer deutlicher, daß Gus Barnard ein nicht sonderlich mitteilungsfreudiges Wesen war. Es gab eine Reihe von Hypothesen, mit denen sich ein solches Verhalten erklären ließ - und die am wenigsten zum Optimismus verleitende war die, daß Barnard selbst nicht wußte, was innerhalb seines Machtbereichs vor sich ging. Kolmar Wynn gewann immer deutlicher den Eindruck, daß das Unternehmen, das zu Beginn den Schwierigkeitsgrad eines Spaziergangs bei stürmischem Wetter zu haben schien, in Wirklichkeit voller Gefahren war, und daß sein Ausgang zugunsten von Perry Rhodans Einsatzkommando alles andere als feststand. Er konnte sich nicht zu Opal Flaggs Optimismus durchringen, der fest daran glaubte, daß der Vorstoß ungefährlich sein müsse, weil Perry Rhodan daran teilnahm - im Gegenteil, je länger er darüber nachdachte, desto mehr Beispiele fielen ihm ein, bei denen Perry Rhodan gerade an den schwierigsten Unternehmen teilgenommen und seine Rettung lediglich einer mehr oder weniger wunderbaren Laune des Schicksals zu verdanken hatte.
Gus Barnard ließ sich jedoch herbei, die nächste Phase des Vormarsches zur Rettungszentrale in Einzelheiten zu beschreiben. Der Boden der Halle, teilte Rhodans Adjutant den gespannt lauschenden Männern mit, war der obere Abschluß eines großen Antigravschachtes, der einige tausend Meter in die Tiefe führte.
*
Der Hallenboden spaltete sich in der Mitte und öffnete sich zu einem Kreis von einhundert Metern Durchmesser. Der Maahk-Mutant, dem die Freiheit geschenkt worden war, lag an der Kuppelwand in der Nähe der Stelle, an der die Fahrzeuge von draußen hereingekommen waren. Er hatte sich bislang noch nicht gerührt. Ein neutralisierendes Feld nahm Shifts, Roboter und Panzer auf und hielt sie in der Schwebe, b, ssich der Schacht vollständig geöffnet hatte. Dann begann der Abstieg. In Lagen von je zehn Fahrzeugen mit den dazugehörigen Robotern sanken Shifts und Panzer in die Finsternis. Der Abstand zwischen jeweils zwei Lagen betrug einhundert Meter. Kolmar Wynns Shift gehörte zu den letzten zehn, die in den Schacht einfuhren. Wynn sah, wie sich über ihm die Schachtdecke schloß. Er fühlte sich wie in einer Falle, die soeben zugeklappt war.
Die Sinkgeschwindigkeit innerhalb des Schachtes betrug rund acht Meter pro Sekunde. Barnard hatte die Schachttiefe mit dreitausend Metern angegeben. Der Abstieg würde also knapp sechs Minuten dauern Opal Flagg saß über seine Instrumente gebeugt.
„Wir kriegen deutliche Echos aus der Tiefe, Sir", sagte er mit sachlichem Tonfall. „Typische Fusionsimpulse."
„Versetzen Sie das in Laiensprache", meckerte Eys Mendell. „Was heißt das?"
„Das heißt", meldete Sy Laffitte sich bereitwillig, „daß irgendwo tief unter uns nukleare Explosionen stattfinden - vom Wasserstoffbombentyp."
Eys schnappte nach Luft.
„Auf wessen Veranlassung?"
Flagg lachte.
„Auf Befehl des Obersten Supermaahk", antwortete er.
„Sie meinen", mischte Jem Fuquah sich ein, „der Feind ist weiterhin dabei, gegen die Rettungszentrale vorzudringen?"
„Es sieht so aus, nicht wahr?" meinte Wynn spöttisch. „Ich wüßte nicht, wer ihn davon abhalten sollte."
„Ich wußte von Anfang an, daß die Sache reiner Selbstmord ist", knurrte Eys. „Niemand nahm sich Zeit zum Nachdenken. Wir kommen hier nicht lebend raus." Als ihm niemand antwortete, fuhr er nach kurzer Pause fort: „Möchte wissen, wozu man bei so einer Sache einen kommerziellen Mathematiker braucht."
Pie
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