0381 - Blutzoll für den Dollar-Boß
von der Tür ab und griff danach. Befriedigt ließ er es in seiner Tasche verschwinden.
»Damit wir klar sehen, Harvey: Du kriegst ihn wieder, sobald das Geld geteilt ist. Sobald das Geld geteilt ist, und nicht eher. Und wenn du versuchst, mich anzuschmieren, dann wird es dir leidtun. Du wirst dich damit abfinden müssen, das Geld durch zwei zu teilen. Aber das ist immer noch besser, als wenn du es durch vierzehn teilen müsstest. Klar?«
»Das wirst du noch bereuen«, murmelte der Boss. »Ich geh jetzt hinaus und sag den Boys, wie deine Pläne aussehen, sie werden bestimmt nicht begeistert einstimmen, ich glaube es jedenfalls nicht.«
Mike Burnett ließ den schweren 45er in der Innentasche seines Jacketts verschwinden und trat grinsend zur Seite.
»Niemand hält dich auf. Los, sag’s ihnen gleich!«
Doch der Boss machte keine Anstalten, den Raum zu verlassen.
»Du bist ‘n Idiot, Mike«, sagte er nachdenklich. »Ich will dir was sagen. Dein Vorschlag ist gut, und ich hätte ihn dir selber gemacht, wenn du nicht damit herausgeplatzt wärst. Aber wenn du glaubst, ich hätte dich mit den anderen sitzen lassen, dann bist du schief gewickelt.«
Burnett verzog spöttisch den Mund. Er glaubte Harvey kein Wort. Vielleicht hätte der Boss selbst, vom Flughafen aus, zwei Minuten vor dem Start, die Polizei angerufen. Aber jetzt war es wohl nicht sehr klug, Harvey merken zu lassen, wie tief er ihm misstraute. Mike lenkte ein.
»‘tschuldige, Boss«, brummte er. »Aber es sah ganz so aus.«
In diesem Augenblick riss Norman Kelly die Tür auf.
»Die G-men kommen!«, brüllte er.
***
Wieder einmal zerrte ich an meinen Fesseln, aber die Nässe im Kanal und jetzt in den trüben Wassern des East River hatten sie nur straffer und enger gezogen. Ich musste schleunigst jemanden finden, der mich herauszog.
Dicht an meinem Kopf vorbei surrte etwas wie eine zornige Hummel und platschte in die Wellen. Ich warf mich herum und brachte mich mit einem kräftigen Stoß der Beine auf Kurs. In der ovalen Öffnung, durch die der Kanal ins Freie trat, stand Sidney Jones, der auf mich Zielübungen veranstaltete.
Ich ließ mich einfach absinken. Schon bald danach musste ich meine Tauchversuche aufgeben. Ich strampelte wild mit den Beinen, um meinen Kopf wieder über Wasser zu bringen. Als ich zur Kaimauer hinüberblickte, war der hinterhältige Schütze verschwunden. Offenbar hatte er keine Munition mehr. Die unmittelbare Gefahr war für mich vorbei, aber ich trieb immer noch im Wasser, ohne die Aussicht, bald dem nassen Element entsteigen zu können.
Es war jetzt früher Morgen, aber wie spät es genau war, wusste ich nicht. Auf dem Fluss herrschte reger Verkehr, aber die Leute auf den Schiffen hatten anderes zu tun, als dauernd ins Wasser zu starren, ob nicht zufällig ein G-man ein frühes unfreiwilliges Bad nahm.
Langsam aber stetig arbeitete ich mich an die Kaimauer heran. Hier war die Gefahr geringer, in den Strudel eines Schiffes zu geraten. Ich ruhte mich ein bisschen aus. Steif wie ein Stück Holz ließ ich mich treiben.
Von einem der Piers legte ein Schlepper ab und tuckerte stromauf. Hope III stand in großen gelben Buchstaben an seinem Bug. Das war ein guter Name für mich. Aber nichts geschah, außer dass mich die von dem plumpen Bug zerteilten Wellen ein paarmal umdrehten. Ich brüllte, was meine strapazierten Lungen hergaben, aber auf dem Schlepper machte die Maschine wahrscheinlich mehr Lärm als ich.
Wenn ich wenigstens mit den Händen hätte winken können!
Plötzlich klatschte etwas neben mir ins Wasser. Es war ein Rettungsring. Oben auf der Kaimauer stand ein Mann und brüllte etwas, was ich nicht verstand. In meiner Lage nutzte mir der Rettungsring gar nichts. Ich drehte mich herum und versuchte, meine Hände aus dem Wasser zu halten. Vielleicht begriff dann der Mann auf der Kaimauer, dass es nicht damit getan war, mir einen Rettungsring zuzuwerfen. Sie mussten mich schon wie ein kleines Kind aus dem Wasser fischen, anders kam ich nicht heraus.
Der Mann auf der Mauer fuchtelte erregt mit den Armen. Er brüllte immer noch, aber ich verstand genauso wenig wie vorher. Offenbar verstand er nicht, warum ich mich nicht an den Rettungsring klammerte. Aber einen Erfolg zeigte seine Brüllerei doch. Weitere Köpfe erschienen auf der Mauer und schauten auf mich herab. Jetzt mussten sie doch endlich begreifen. Aber die Hilfe kam vom Fluss her.
Ich sah, wie die Männer oben wankten und auf mich hinabdeuteten. Ich
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