0381 - Die schwebenden Leichen von Prag
gesucht haben konnte. »Wissen Sie, ob sich in der Nähe ein Haus oder eine Ortschaft befindet?«
»Da ist nichts, nur Wald.«
»Auch kein Forsthaus?«
Jo überlegte. Ich hatte ziemlich laut gesprochen und war von Dvorak gehört worden. »Natürlich gibt es hier ein Haus«, rief er.
»Die alte Jägerhütte.«
»Die ist zerfallen.«
»Na und? Wenn sich jemand dort verstecken will, schafft er es auch. Darauf können Sie sich verlassen.«
»Sehen wir uns die Hütte mal an«, schlug ich vor.
Dinek rieb über sein Kinn. »Das würde einen Umweg bedeuten«, hielt er mir entgegen. »Außerdem müssen wir Dvorak mitnehmen.«
»Mich könnt ihr solange hier sitzenlassen. Wichtig ist, daß dieser Fall aufgeklärt wird, dem ich schließlich einige verstauchte Knochen verdanke. Los, geht schon!«
Im Prinzip hatte der Mann recht. Auch Dinek sah dies ein und bedeutete dem Ballonfahrer noch, wachsam zu sein.
Der regte sich auf. »Du willst doch einem alten Profi nicht weißmachen, wie er sich zu verhalten hat.«
»Schon gut, sei nicht beleidigt.«
Ich mußte auf Dinek warten, da ich mich in dieser Gegend überhaupt nicht auskannte. Hinzu kam noch die Dunkelheit, die eine Orientierung so gut wie unmöglich machte.
»Kommen Sie, Sinclair«, sagte Dinek, »und halten Sie sich immer dicht bei mir. Ich muß Ihnen ehrlich sagen, daß ich mich hier auch nicht besonders auskenne.«
»Aber Sie wissen die Richtung?«
»Die ungefähre, da wir glücklicherweise auf die Straße gestoßen sind. Sonst hätte es übel ausgesehen.«
Wir gingen los. Es war ein halsbrecherisches Unternehmen, das uns quer durch den dichten Wald führte. Manchmal liefen wir fast blind weiter, erschreckten schlafende Tiere und kämpften uns durch zähes, oft sperriges Unterholz.
Auf einer Lichtung blieb der Tscheche stehen. Er wischte seine Stirn trocken und sagte: »Eigentlich müßten bereits die Suchtrupps unterwegs sein. Es war abgemacht, daß ich mich melde. Das ist nicht geschehen, also werden meine Leute nach uns forschen.«
»Wir leben ja zum Glück.«
Dinek nickte heftig. »Das war auch alles knapp genug. Ich verstehe nicht, daß drei allem Anschein nach Tote so ohne weiteres durch die Luft fliegen können.«
»Diese Leichen werden durch Magie geleitet.«
»Hätten Sie mir das vor zwei Stunden gesagt«, erwiderte der Tscheche, »ich hätte Sie ausgelacht. So aber wird mir allmählich unwohl. Ich bekomme zwar keine Angst, aber ein komisches Gefühl bleibt trotzdem zurück.«
»Auch bei mir.«
»Hören Sie mal, Sinclair, haben Sie tatsächlich in der UdSSR Zombies gejagt, wie ich aus zuverlässigen Quellen hörte?«
»Das stimmt.«
Er schüttelte den Kopf, winkte ab und sagte nur: »Kommen Sie weiter, sonst verliere ich noch meinen Glauben an die Realität.«
»Schwarze Magie ist Realität«, erwiderte ich.
Der Tscheche zog die Stirn kraus und machte sich wieder auf den Weg. Ich blieb ihm auf den Fersen, hörte hin und wieder seinen Fluch, wenn das Unterholz allzu dick war und sah den Strahl der Lampe wie ein altes Gespenst durch die Dunkelheit huschen.
Schließlich erreichten wir einen Pfad. Sehr sorgfältig suchte Jo Dinek ihn ab. Er fand eine schwache Spur. »Hier ist jemand hergegangen«, erklärte er.
Auch ich schaute nach und konnte Josef in seiner Meinung nur bestätigen.
Von jetzt an war es leicht. Der Pfad blieb auch nicht so schmal. Er wurde breiter, so daß wir nebeneinander herlaufen konnten und uns an seinem Ende einer Hecke gegenübersahen.
Sie wuchs dort wie ein Wall.
»Ist das natürlich?« fragte ich.
»Nein, aber ich habe darauf gewartet. Diese Hecke begrenzt den rückwärtigen Teil des Grundstücks. Wir sind also am Ziel. Wenn wir uns durchgewühlt oder sie überklettert haben…«
»Ich suche lieber nach einem Tor.«
Zuerst ging ich nach rechts an der Hecke entlang. Da sie künstlich angelegt worden war, mußte es meiner Ansicht nach einfach einen Ausgang geben.
Das Tor sah ich erst beim zweiten Hinsehen. Ich wäre fast daran vorbeigelaufen, weil es durch das Blattwerk und die Zweige der Hecke fast zugewuchert war.
»Kommen Sie, Jo.«
»Wieso? Haben Sie…?«
»Ja, hier ist ein Tor.«
Er lachte, als er bei mir stand. »Ich habe das Gefühl, daß Sie sich hier besser auskennen als ich. Wie kommt das?«
Schon auf dem Weg in die Knie gab ich die Antwort. »Reiner Instinkt.«
»Also keine Magie?«
»Nein.«
»Dann bin ich beruhigt.«
Ein Schloß hatte ich finden wollen, entdeckte einen Riegel, der
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