0384 - Rendezvous mit heißem Blei
dazugehörigen Artikels hatte Steward mit Rotstift unterstrichen. Sie lauteten:
Nach vorliegenden Hinweisen wird vermutet, dass in dem Wagen ein Verbrechen begangen worden ist, wahrscheinlich ein Mord. Bewohner des Seeufers hörten zur fraglichen Zeit Schüsse. Es ist noch nicht sicher, ob zwischen dem Verbrechen am Erie-Ufer und einer Tat, die am gleichen Tag im Zentrum von Chicago begangen wurde, ein Zusammenhang besteht. Jedenfalls wurde im Stadtbezirk 4 im Keller eines Neubaus die Leiche eines Mannes gefunden, der bisher nicht identifiziert werden konnte.
»Sehr schön«, freute ich mich. »Aufgrund dieser Berichte müssen die Bosse glauben, sie hätten es in mir mit einem der schießwütigsten Gangster des Jahrhunderts zu tun.«
»Blättern Sie um«, sagte Steward. »Das ist nur der Bericht, den wir in die Presse geschleust haben. Auf der nächsten Seite gibt der Journalist seinen Kommentar dazu.«
Die Überschrift des Artikels auf der anderen Seite lautete:
Der Gangsterkrieg geht weiter!
Ich überflog die Zeilen. Der Junge, der sie geschrieben hatte, war nicht dumm. Er hatte alle Verbrechen, die in Chicago, Milwaukee und Detroit geschehen waren, zusammengestellt, gegeneinander abgewogen und seine Schlüsse daraus gezogen. Am Ende seines Artikels zog er das Resultat:
Die großen Bosse zerstören sich gegenseitig.
Ich gab Steward die Zeitung zurück.
»Okay«, sagte ich. »In den nächsten achtundvierzig Stunden liefere ich dem Jungen Stoff für einen neuen Artikel.«
***
Ich stand im Schatten der Mauer, nur durch die Straße und ein paar Yards Vorhof von dem Lagerschuppen getrennt, in dem meine erste Begegnung mit den Raag-Jungs stattgefunden hatte.
Seit rund zwölf Stunden hielten Phil und ich uns in Milwaukee auf. Tagsüber hatte Phil die Halle beobachtet, während ich Stunden um Stunden in einem Drugstore saß, Löcher in eine Zeitung starrte und wartete.
Phil rief um sechs Uhr an, als es noch hell war.
»Ein Wagen ist in den Schuppen gefahren«, meldete er. »Es saßen zwei Leute darin. Ich konnte sie nicht genau sehen, aber ich glaube, es waren John Raag und Challay. Auf jeden Fall hatte einer von ihnen eine dunkle Haut.«
»Wie viel Leute sind außer ihnen noch in der Halle?«
»Mindestens einer. Er öffnete das Tor.«
Für mich war es noch zu früh, um hinzugehen. Ich durfte mein Gesicht nicht zeigen. Ungeduldig wartete ich die Dunkelheit ab. Erst um neun Uhr traf ich Phil. Er saß hinter dem Steuer des Rambler, zwanzig Schritte von der Halle entfernt und auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
Ich setzte mich zu ihm in den Wagen. Trotz der Dunkelheit waren die Umrisse der Halle zu erkennen. Äußerlich schien sie durch die Sprengladung nicht gelitten zu haben. Cathleen Corinne hatte anscheinend doch zu wenig Dynamit in den Kofferraum gepackt.
»Bisher hat keiner den Laden verlassen«, sagte Phil. »Wie soll es weitergehen?«
»Das hängt davon ab, was sie heute Abend noch unternehmen.«
Und so wartete ich jetzt seit rund zwei Stunden. Phil stand mit dem Rambler einige Dutzend Yards die Straße entfernt unmittelbar hinter der Kurve der nächsten Querstraße.
Es wurde Mitternacht, bis sich endlich etwas an dem Lagerschuppen ereignete. Ich hatte das Gefühl, dass die Mauer, an der ich lehnte, schon den Abdruck meines Körpers zeigte.
Ich atmete erleichtert auf, als sich das große Tor öffnete und ein Wagen ins Freie rollte. Unmittelbar hinter dem Tor stoppte der Schlitten, und ein Mann stieg aus. In der Halle brannte immer noch das Licht. Ich erkannte Duck Challay an der dunklen Haut, und ich sah auch, dass noch zwei Leute in dem Wagen saßen.
Challay betätigte einen Schalter. Das Rolltor senkte sich. Er ging wieder auf den Wagen zu und stieg ein. Der Schlitten setzte sich in Bewegung und bog nach rechts ab.
Ich spurtete die Straße hinunter, lief um die Ecke und riss die Tür des Ramblers auf.
»Sie sind zusammen weggefahren, in einem grünen Ford. Halte Anschluss.«
Phil brachte den Wagen in Gang, bevor ich richtig saß. Er trat mächtig auf das Gaspedal, aber eine Minute später stellte sich heraus, dass besondere Eile nicht geboten war, denn wir sahen den Ford vor uns.
Die Gangster schienen es durchaus nicht eilig zu haben. Ihr Wagen kroch mit knapp dreißig Meilen dahin. Phil nahm den Fuß zurück und ließ die Geschwindigkeit des Rambler etwas abfallen.
»Hat es überhaupt Zweck zu folgen? Du willst Challay doch allein fassen?«
»Mal sehen, wohin sie fahren.
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