0384 - Skylla, die Menschenschlange
wäre.
Glenda hatte sich entschlossen, das Spiel mitzumachen. Sie zog sich aus, stellte sich unter die Dusche und war in wenigen Minuten fertig. Dann zog sie sich um.
Dabei entschied sie sich für einen grünen Pullover und weiße Jeans. Inzwischen war eine halbe Stunde seit ihrer Ankunft vergangen. Sie hoffte, daß diese Zeitspanne akzeptiert wurde.
Bevor sie den Raum verließ, fuhr sie sich noch einmal mit ihren Fingern durch das Haar. Diesmal erschrak Glenda, als sie die Tür öffnete, denn nicht weit entfernt stand Bonzo. Auch jetzt hatte er seine Brille nicht abgenommen. Er nickte Glenda zu und deutete auf die Treppe. Es sollte wohl eine Einladung sein.
Zum Glück war das Licht zu schwach, um die Röte im Gesicht der jungen Frau sehen zu können. Der Schreck war Glenda in die Glieder gefahren, als sie Bonzo so plötzlich gesehen hatte, und sie fragte sich, ob er etwas von dem Gespräch mitbekommen hatte. Wenigstens hatte er nicht in diese Richtung hin reagiert, das war schließlich auch etwas wert.
Sie schritt über die Treppe und hatte die Hälfte kaum hinter sich gelassen, als sie die Marquesa entdeckte. Am Ende der Stufenreihe hielt sie sich auf und schaute Glenda lächelnd entgegen. »Wie freue ich mich, wieder einen Gast begrüßen zu dürfen.«
»Aber es sind doch Umstände, die ich Innen…«
»Nein, mein Kind, auf keinen Fall.« Die Adelige breitete die Arme aus, um Glenda in Empfang zu nehmen. Mit ihren dünnen Armen umfaßte sie den wohlproportionierten Körper und drückte ihn an sich. »Wie schön und gut gewachsen du doch bist. Ein frisches, junges Mädchen, wie ich es einmal gewesen war.«
Glenda schaute über die rechte Schulter der Frau hinweg und verdrehte die Augen. Dieses Gerede ging ihr auf den Nerv, aber sie konnte auch nicht groß dagegensprechen, da sie ihre Gastgeberin nichtbeleidigen wollte.
Endlich ließ die Frascetti sie los. »So, meine schöne junge Frau. Nun gehen wir zu Tisch. Im Kaminzimmer hat das Mädchen gedeckt.«
Sie schritten unter einem bogenartigen Türsturz her und erreichten das Zimmer, in dessen Kamin ein Feuer flackerte. Zwei Mädchen in schwarzen Kleidern und gestärkten, weißen Schürzen verbeugten sich, als beide eintraten.
An einem ziemlich langen Tisch nahmen sie jeweils an den Enden Platz, und die Mädchen begannen damit, das Essen aufzutragen.
Zwischen Glenda und der Adeligen stand ein dreiarmiger Leuchter mit brennenden Kerzen. Auch ein Blumengesteck diente als Dekoration, und die Marquesa entschuldigte sich dafür, daß das Mahl nicht so opulent ausgefallen war wegen der Kürze der Zeit.
»Aber ich bitte Sie«, sagte Glenda. »Was ich hier esse, bin ich nicht gewohnt. Wenn man trampt und studiert, ist man mit einem Hamburger oft mehr als zufrieden.«
»Dann wird es Ihnen hoffentlich munden.«
Das tat es tatsächlich.
Das Menü begann mit einer leichten Gemüsesuppe, in der dünne Möhrenfäden schwammen. Die Suppe schmeckte ausgezeichnet.
Anschließend servierten die Mädchen in Parmaschinken eingepackte, bereits entschalte Melonenschiffchen. Zusammen mit dem weichen Schinken zergingen sie auf der Zunge.
Als Hauptgericht gab es flache Kalbsfilets mit einer dünnen, kaum angebratenen Haut aus Eigelb. Dazu einen leichten, dennoch herzhaften Sommersalat.
Natürlich durfte auch das Dessert nicht fehlen. Die Erdbeeren schmeckten ebenso gut wie das Eis.
Über Belanglosigkeiten unterhielt man sich. Das Wetter war ebenso Gesprächsthema wie die schlechte Wirtschaftslage mancher Länder. Glenda konnte feststellen, daß die alte Marquesa zu den gebildeten Frauen zählte.
Das Thema Jutta Liebig wurde mit keinem Wort gestreift. Einmal überraschte die Adelige Glenda doch mit einer Frage: »An was glauben Sie eigentlich?«
»Ich? Wieso?«
»Ich meine, glauben Sie an einen Gott?«
»Natürlich. Sie nicht?« Glenda lächelte naiv.
»Nein!«
»Das bleibt wohl jedem selbst überlassen, an was man glaubt. Meine ich wenigstens.«
»Stimmt, nur muß man an etwas glauben. Und wenn es der Teufel ist.« Jetzt kam die Frau allmählich zum Thema.
Glenda lächelte ein wenig überheblich. »Den gibt es doch nicht – oder?«
Die Marquesa nahm ein blütenweißes Tuch und tupfte ihre schmalen Lippen ab. Zwei rote, dünne Streifen blieben zurück. Sie zerknüllte die Stoffserviette und behielt sie in der Hand. »Es ist vielleicht das Recht der Jugend, daran nicht zu glauben. Wird man jedoch älter, sieht die Sache anders aus.«
»Vielleicht«, räumte Glenda
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