0384 - Skylla, die Menschenschlange
abgeschlossen.
Nichts zu machen!
Sie fuhr herum.
Auf der Treppe stand die Alte. Ihr geiferndes Lachen schallte in denunteren Raum hinein und die folgenden Worte wirkten wie die Ladung aus einer Giftspritze.
»Denk an den Zucker, Kleine! Ich habe ihn für dich verwahrt. Bonzo wird dich jetzt holen.«
Der Stumme stand bereits auf der Treppenhälfte. Die beiden Mädchen vom Personal lagen stöhnend am Boden. Um sie kümmerte sich niemand. Auch Bonzo nicht, der sich normal und dabei breitbeinig in Bewegung setzte, um auch die anderen Stufen hinter sich zu lassen.
Die Marquesa schaute nur zu. Sie stand da und rieb ihre trockenen Hände. Sie wollte, daß Glenda Qualen erlitt, sie wollte das Mädchen vernichten!
Glenda suchte nach einem Ausweg. Die Halle war groß, nicht voll erleuchtet. Durch Fenster fiel schwaches Licht, und sie dachte auch daran, durch die Scheibe zu springen.
Das hätte auch tödlich für sie enden können, so sah sie dies nur als letzte Möglichkeit an.
Aber es gab Türen, auch Gegenstände, die ihr wie gerufen kamen.
Zum Beispiel die flache Metallschale auf der Kommode neben ihr. Glenda packte sie, und diesmal war sie es, die auf Bonzo einen Gegenstand schleuderte. Er traf nicht einmal zur Seite. Zwischen Schulter und Hüfte wurde er getroffen. Seinen Vorwärtsdrang beeinträchtigte das nicht. Wie eine aufgedrehte Puppe ging er weiter.
»Hol sie, Bonzo!« keifte die Marquesa.
Glenda wechselte ihren Standort. Wenn sie an der Tür stehenblieb, würde der Kerl sie sehr schnell zu fassen kriegen, deshalb lief sie in eine andere Richtung und sah aus der Düsternis des Raumes die Umrisse einer Tür erscheinen.
Von ihrer Flucht hatte auch die Marquesa etwas bemerkt.
»Schneller, Bonzo, sie darf nicht in das Labor!«
Auch Glenda hatte die Worte verstanden und wußte plötzlich, wovor die Adelige Angst hatte.
Was war mit dem Labor?
Sie riß die Tür auf. Glenda hatte damit gerechnet, in eine weitere Halle zu gelangen oder zumindest in einen normalen Raum. Ein Irrtum. Ein weiterer Gang tat sich vor ihr auf. Drei Treppenstufen führten zu ihm, die Glenda mit einem Sprung nahm.
Dabei hatte sie das Gefühl, in Katakomben gelangt zu sein, denn eine andere Welt hielt sie umfangen. Die Halle war zwar vorhanden, aber kahle Wände mit nur sehr kleinen Fenstern rahmten sie ein. Ein modriger Gestank breitete sich aus. Feuchtigkeit legte sich beim Luftholen schwer auf die Lunge. Es roch so merkwürdig, unter anderem nach Salzwasser.
Blut war nicht der andere Stoff, Parfüm ebenfalls nicht. Die Mischung lag in etwa dazwischen.
Jedenfalls widerlich…
Glenda stolperte weiter. Sie sah Ketten an der Wand glänzen und auch einen großen Labortisch, auf dem zahlreiche Glasgefäße standen, die gefüllt mit Flüssigkeiten und Mixturen waren und diesen fremden, widerlichen Geruch abgaben.
Glenda blieb nichts anderes übrig, als in die Tiefe des breiten Raumes hineinzuschreiten und dabei den Labortisch zu passieren.
An dem Tisch blieb sie abrupt stehen.
Vor ihr war der Boden nicht mehr da!
Wie abgeschnitten wirkte er. Und sie konnte in die Tiefe eines Felsschachts schauen, der mit einer tintigen Schwärze erfüllt war, wobei sie trotzdem hören konnte, wohin er führte.
Zum Wasser, denn Glenda vernahm das gurgelnde Rauschen der Fluten, deren Echos an den kahlen Felswänden hochstiegen…
***
Sechs Arme – sechs Frauengesichter, und der übrige Körper des Monstrums blieb unter Wasser verschwunden.
Will und ich konnten kaum fassen, was sich da am hellichten Tage vor unseren Augen abspielte.
Es war der Schrecken schlechthin.
Die Haare der Mädchen bewegten sich im Wind wie kleine Schlangen.
Aber wo befanden sich die Körper der bedauernswerten Geschöpfe? Waren sie vielleicht mit den Tentakeln eine Verbindung eingegangen. Ich mußte alles in Betracht ziehen. Wo Schwarze Magie am Werke war, gab es den Begriff unmöglich nicht.
Auch Will staunte. Er hatte den Kopf angehoben, um die Gesichter sehen zu können und flüsterte: »Verdammt, John, ob wir das schaffen, ist mehr als fraglich.«
Der Ansicht war ich auch. Wenn die schrecklichen Tentakel auf unser Schiff niederfielen, würden sie es radikal zerstören. Da gab es nichts, was diesem gewaltigen Druck noch standgehalten hätte.
Die Tentakel selbst verdickten sich an ihren unteren Enden. Da besaßen sie den Umfang von Baumstämmen, während sie zum Ende hin wesentlich schmaler wurden, damit auch die Köpfe der Mädchen auf ihre Spitzen paßten. Von
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