0386 - Götzentanz im Märchenpark
Bild.«
»Und?«
Sie hob die Schultern. »Das ist ein zweischneidiges Schwert. Diesen Killer konnte man gut erkennen, das Messer auch, aber der Hintergrund war zu verschwommen. Jedenfalls zeigte er eine dunkle Farbe.«
Ich nickte. »Es könnte in einem Raum gewesen sein.«
»Ja, auch in einer Höhle.«
Ich verstand. »Sie meinen Sokk-Ull?«
»Rechnen wir mit allem, John.«
Sie leerte ihr Glas, ich schaute wieder in die Landschaft hinaus.
Sie hatte gewechselt. Wir durchfuhren grünes Hügelland, und ich kam mir in meine Heimat versetzt vor, denn rechts von uns tauchte ein düsteres Schloß auf.
Es stand auf einem Berg und sah aus wie eine normannische Burg.
»Wir sind in Schottland, nicht?«
Marsha nickte, wollte noch etwas sagen und verstummte ebenso wie ich, denn wir beide hatten den Schrei vernommen.
Er war aus dem Schloß gedrungen und hatte sich verdammt echt angehört. Ich stand auf, hielt mich an einer Stange fest und drückte meinen Oberkörper vor, so daß ich besser sehen konnte.
Auf einer Brüstung oder Galerie stand ein schwarzgekleideter Henker und köpfte eine Frau. Das Beil fuhr wieder einmal von oben nach unten, abermals erklang der Schrei. Diesmal war ich darauf gefaßt. Wir verließen die Umgebung des Schlosses und gelangten in ein anderes »Land«.
Hawaii!
Palmen, herrlicher Strand. Hula-Musik, tanzende Mädchen, glückliche Menschen.
Inmitten dieser Landschaft befand sich ein Südsee-Restaurant unter freiem Himmel. Die Sonnenschirme waren aus Palmenblättern geflochten, und auch die große Kochstelle befand sich im Freien.
Der Zug hielt.
Zahlreiche Gäste stiegen aus. Der Duft des Restaurants und die Musik animierten zahlreiche Besucher dazu, an dieser Haltestelle den Zug zu verlassen.
Ich zündete mir eine Zigarette an. Marsha rauchte auch. »Wohin führt uns der Weg jetzt?«
»In die Grotten.«
»Zum Götzen?«
Sie lachte. »Nein, noch nicht. Die unterirdische Höhle liegt am Ende des Parks.« Sie legte beide Hände dicht nebeneinander auf den runden Tisch. »Sie müssen sich vorstellen, daß Adventure World in zwei Hälften geteilt ist. Die eine Hälfte beinhaltet den normalen Jahrmarkttrubel, wenn ich das mal so bezeichnen soll. Das sind die Buden, die Karussells, die Space-Range-Bahn und so weiter. Im anderen Teil, durch den wir fahren, hat man die normale Welt mit der Märchenwelt vermischt. Das werden Sie auch in den Grotten erleben, da fahren wir sogar durch Wasser. Und glauben Sie nicht, daß dies der einzige Zug ist. Sie müssen normalerweise drei Routen fahren, um alles gesehen zu haben. Wir nehmen eigentlich die kürzeste. Es gibt noch eine, die führt in die Theater- und Filmwelt. Dort sind viele Dinge aufgebaut, die auch in Hollywood stehen könnten.«
»Ich habe verstanden. In den USA ist eben alles größer als bei uns in Europa.«
Sie lachte. »Wir haben auch mehr Platz.«
Wäre der Druck des Falls nicht gewesen, so hätte ich die Fahrt genießen können. So aber mußte ich immer wieder an das Skelett denken, das, ferngesteuert oder magisch gelenkt, mich hatte ermorden wollen. Deshalb rechnete ich mit weiteren Überraschungen dieser Art und war dementsprechend auf der Hut.
Wir verließen Hawaii, und die schmalzigen Klänge blieben hinter uns zurück.
Ein großer Teich erschien: Die Schienen führten um ihn herum.
Auf dem Wasser lagen die Menschen auf Luftmatratzen, ließen sich von der künstlichen Strömung treiben und warteten darauf, daß vor ihnen irgendwann ein Fisch aus dem Wasser sprang.
Vom Guppi bis zum Hai war alles vorhanden.
Ein in meinen Augen blödes Vergnügen.
Das sagte auch Marsha. »Sie glauben aber nicht, John, wie begeistert die Kinder darüber sind.«
»Kann ich mir vorstellen.«
Der Teich verschwand, und ich sah vor mir eine dichte grüne Wand, die aus dieser Entfernung undurchdringlich erschien. »Ist das ein Dschungel?«
»Genau.«
»Welcher soll es sein?«
»Die Everglades.«
»Die habe ich schon mal in natura erlebt.«
Sie grinste. »War es schön?«
»Ich habe wochenlang nur davon geträumt. Allerdings als Alptraum, wenn Sie verstehen.«
»Klar doch.«
Es wurde dunkler. Urplötzlich war der Zug in den Dschungel gefahren. Uns umgab eine andere Umgebung. Tierische Laute drangen aus dem Unterholz. Vogelgezwitscher begleitete unseren Weg. Manchmal lichtete sich die grüne Wand, so daß wir die Tümpel erkennen konnten, in denen Krokodile schwammen, die man von echten nicht unterscheiden konnte. Wenn sie Menschen sahen,
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