0388 - Der Tote mit meinem Gesicht
deponierte den Daumen seiner nervigen Rechten auf dem Klingelknopf.
Der Polizist war schlank und breitschultrig. Sein kantiges Gesicht verriet Kraft und Energie. Zwischen den buschigen Brauen, die helle kluge Augen beschatteten, standen zwei senkrechte Falten — tief exakt und sauber wie glattgeschnitzte Kerben.
Die Tür wurde geöffnet. Roy Miller erschien auf der Schwelle.
»Guten Tag,' Sir.« Der Polizist berührte flüchtig das Schild seiner Mütze. »Sind Sie Roy Miller und der Besitzer des Wagens Cal. 4454 449?«
»Ja.« Der Verbrecher war blaß geworden, aber er riß sich gewaltsam zusammen.
»Ein schwarzer Buick?«
»Ja, Officer!«
»Wo ist der Wagen jetzt?«
»Er… äh… er ist… ich habe ihn verborgt. An Freunde.«
»Ich muß Ihnen leider mitteilen, Sir, daß Ihre Freunde unvorschriftsmäßig gefahren sind. Im südlichen Teil des Sherman Oaks Boulevards haben sie die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten und dabei einen Verkehrteilnehmer so behindert, daß der Mann am Steuer ausweichen mußte und auf einen anderen Wagen aufgefahren ist. — Tut mir leid, daß ich Sie stören muß, Sir. Aber ich muß Sie bitten, zum Revier mitzukommen. Wir müssen ein Protokoll aufnehmen. Der Unfall erfordert es. Der Mann, der auf den Wagen aufgefahren ist, macht den schwarzen Buick verantwortlich. — Wo sind Ihre Freunde jetzt?«
»In… ich weiß nicht.« Roy war völlig verstört. »Ich glaube, sie wollten in die Berge. Halt, nein, sie wollten zur Küste. Es ist wirklich…« Er schüttelte verzweifelt den Kopf. »Muß ich wirklich mit, Officer. Können wir nicht hier das Protokoll aufnehmen?«
»Bedaure, Sir. Ich habe meine Anweisungen. — Und da wir Ihre Freunde nicht erreichen können, müssen wir uns an Sie halten.«
Der Gangster seufzte, bat den Polizisten, einen Augenblick zu warten, ging ins Haus zurück, legte die Schürze ab, die er während des Kochens getragen hatte, zog ein Jackett an und ging wieder in Richtung Haustür. Im letzten Augenblick fiel ihm ein, daß er eine zierliche Damenpistole in der Hosentasche trug. Er überlegte kurz, dann entschied er, daß es besser sei, unbewaffnet auf dem Revier zu erscheinen. Denn er besaß keinen Waffenschein.
Der Cop wartete vor der Haustür. Sie gingen zur Straße. In einiger Entfernung stand ein Streifenwagen. Sie stiegen ein und fuhren ab.
Als der Streifenwagen hinter der nächsten Kurve verschwunden war, kam ein großer, unauffällig gekleideter Mann aus entgegengesetzter Richtung die Straße herauf. Dieser Mann war ein FBI-Agent, und in seiner Brieftasche steckte ein Durchsuchungsbefehl. Der G-man betrat das Grundstück, ging auf den Bungalow zu und öffnete die Haustür, die Roy Miller nicht verschlossen hatte. Der G-man verschwand im Haus. Er schien sich darin auszukennen. Denn den Weg in den Keller fand er sofort. Ohne etwas, außer einigen Türklinken, berührt zu haben, verließ der G-man eine knappe Minute später den Bungalow, ging ohne auffällige Hast durch den Vorgarten und entfernten sich in die Richtung, aus der er gekommen war.
Ich erwachte wieder einmal aus einem Schlaf, in den ich nicht freiwillig gesunken war. Ich brauchte ein paar Augenblicke, bis mein Kopf frei und klar wurde. Übelkeit saß bleischwer im Magen. Im Schädel bohrte immer noch der Schmerz, den ich Teppers Totschläger verdankte. Ich blickte mich um. Ich befand mich noch in der Blockhütte. Aber ich saß nicht mehr auf dem Sessel.
Man hatte mich auf die Couch gelegt. Leider waren meine Hände nach wie vor gefesselt. Ich lag auf der Seite. Auf dem Rücken hatte man brutal meine Unterarme und Hände mit Draht zusammengeschnürt, so fest, daß das Blut stockte.
Ich richtete mich auf.
Von Tepper und Vazac sah ich nichts.
Es war ziemlich dunkel in der Hütte.
Vor den Fenstern hing die Dämmerung wie ein Schleier. Die grüne Bergwand, die ich vorhin gesehen hatte, war von der einbrechenden Nacht in eine schwarze Fläche verwandelt worden, auf der sich nichts mehr abhob.
Meine Füße waren nicht gefesselt. Ich stellte mich neben die Couch, war mit zwei Schritten an der Tür und versuchte sie mit dem Ellenbogen aufzuklinken. Die Tür war verschlossen.
Ich lief zum Fenster und spähte hinaus.
Ringsum war hohes Gebüsch, und dahinter erkannte ich dichten Wald.
Ein Hohlweg wand sich in enger Kurve bis zur Tür des Blockhauses und endete dort. Auf dem Weg stand der schwarze Buick. Tepper und Vazac waren nicht zu sehen.
Gerade als ich versuchte, mit dem
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