0389 - Der Ghoul und seine Geishas
Fahrer schielte ihn an. »Was geschieht danach?«
»Das wirst du schon sehen…« Suko war optimistisch. Er glaubte fest daran, sich auf der richtigen Spur zu befinden …
***
Hito Tawashi!
Genau das war der Name, an den ich mich halten mußte. Eine Geisha-Schule mitten in London. Es war tatsächlich schon sagenhaft, was es in dieser Stadt alles gab. Aber London ist eben außergewöhnlich. Hier können sich Menschen entfalten, die noch Ideen haben, ähnlich wie in New York, nur war London eben nicht so bekannt, obwohl ich persönlich diese Stadt auf die gleiche Stufe stellte wie die Metropole an der amerikanischen Ostküste.
Wo viele Ideen zusammenkommen, gibt es auch Reibereien.
Schwarze Schafe gibt es leider überall, und so schätzte ich auch diesen Hito Tawashi ein, obwohl er seine Schule in einem vornehmeren Londoner Vorort, nämlich Chelsea, betrieb.
Ich bog vor einer U-Bahn-Haltestelle in die Thurloe Street ein, um an einer Reihe von Häusern entlangzufahren, die sehr gediegen aussahen. Ältere Bauten, aber sehr gepflegt wirkend. Hier machte das Wohnen noch Spaß. Wenn man aus dem Fenster schaute, sah man die alten Bäume, die ihre mächtigen Kronen in den Himmel reckten.
Für August war es ziemlich kühl. Einen richtigen Sommer hatten wir bisher nicht gehabt. Vielleicht kam er noch.
Um das Haus, in dem sich die Geisha-Schule befand, zu erreichen, mußte ich einen kleinen gepflegten Vorgarten durchqueren.
Der Eingang befand sich an der Seite. Durch ihn also sollte ich in ein Paradies gelangen.
Ich schellte. Es wurde sehr schnell geöffnet.
Ein Mann mit schmalem Gesicht und dicker Hornbrille starrte mich fragend an. Der sah aus wie ein Sekretär und war auch so korrekt gekleidet. Selbst an seinem Schlipsknoten konnte ich nichts aussetzen.
»Sie wünschen?«
Mit der üblichen Floskel wurde ich begrüßt, nur war meine stumme Erwiderung nicht so üblich, denn ich hielt ihm meinen Ausweis direkt vor die Brillengläser, so daß er vor Schreck einen Schritt zurücktrat, weil meine Bewegung eben zu hastig gewesen war.
»Können Sie lesen?« fragte ich ihn.
»Ja, ja, natürlich.« Die Bewegung seiner Hand entbehrte nicht einer gewissen Fahrigkeit. »Polizei, nicht?«
»Scotland Yard sogar. Mein Name ist John Sinclair.« Ich war mittlerweile schon im Haus und stand in einer großen Diele, die mit dunklem Holz getäfelt war. Ein fremdartiger Geruch aus Räucherstäbchen schwang mir entgegen. Ich sah kleine Sitzkissen und sehr niedrige Tische. Der Boden zeigte als Belag ein hellblaues und gelb gehaltenes Mosaik mit Fächermotiven.
Den Ausweis ließ ich verschwinden und stach dafür meinen linken Finger vor. »Mr. Tawashi möchte ich sprechen.«
»Sind Sie angemeldet?«
Ich schüttelte den Kopf. »Das brauche ich auch nicht. Sagen Sie Ihrem Herrn und Meister nur, Oberinspektor Sinclair möchte ihn sprechen. Wenn er mich empfängt, entgeht er einer Einladung zum Yard. Klar?«
»Verstanden!«
Der Sekretär verschwand in der linken Hälfte des Raumes. Erst jetzt sah ich den Schreibtisch dort, der wohl sein Arbeitsplatz war.
Eine Sprechanlage verband den Mann mit seinem Chef. Ich verstand kein Wort, als sie sich auf japanisch unterhielten.
Dieser Kerl wollte seinen Boß wohl schon richtig vorbereiten, und das gefiel mir nicht. Andererseits konnte ich ihnen die Sprache, in der sie sich unterhielten, nicht vorschreiben.
Nach einer Weile legte er auf. Während des Gesprächs hatte er mich keines Blickes gewürdigt. Erst jetzt schaute er mich wieder an und rückte seine Brille zurecht.
»Was ist?« fragte ich ihn.
»Mr. Tawashi hat Zeit für Sie.«
»Danke.«
Der Knabe erhob sich. »Ich bringe Sie zu ihm. Wenn Sie mir bitte folgen würden…«
»Sehr gern.«
Neben ihm ging ich her. Er schritt hochaufgerichtet, wirkte irgendwie verwirrt. Vielleicht wunderte er sich darüber, daß Tawashi mich so mir nichts dir nichts zu sich ließ, obwohl er sicherlich noch andere Termine hatte.
Mein Begleiter öffnete eine Schiebetür, hinter der ein schmaler Gang begann, deren Wände mit Bildern behangen waren, die allesamt Kirschblütenmotive zeigten. Es waren hervorragende Bilder darunter, ich konnte mir ein anerkennendes Nicken nicht verkneifen. Im Haus selbst war es ruhig. Die Schulungen fanden sicherlich in einem anderen Trakt statt.
Am Ende des Ganges befand sich eine normale Holztür. Sie glänzte dunkel und sah sehr vornehm aus. Ebenso vornehm klopfte der Knabe an und bückte sich schon, bevor er die Tür
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