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039 - Der schwarze Abt

039 - Der schwarze Abt

Titel: 039 - Der schwarze Abt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Stelle. Woher der Name ›Wunschquelle‹ kam, wußte niemand - kein Wassersprudel war je aus dem Spalt, der sich in ungemessenen Tiefen verlor, emporgestiegen.

46
    »Wie spät ist es?« fragte Harry.
    Zwei Stunden hatte er, finster grübelnd, ohne eine Silbe zu sprechen, auf dem Boden gekauert.
    »Geben Sie mir die Lampe«, bat Leslie. Nach einem Blick auf die Armbanduhr antwortete sie: »Ein Viertel vor sieben. Ach, Harry, ich bin so hungrig!«
    »Wirklich? Ich gar nicht, nur so leer im Kopf. Wie sind wir eigentlich in diese greuliche Höhle geraten? Ach ja, ich erinnere mich -.« Wieder versank er in Grübeln. »Ich hatte entsetzliche Träume - ich schlafe überhaupt so schlecht . « Zum zehntenmal leuchtete er mit der Taschenlampe zur Decke. »Gewölbt!« Ein Schauer lief durch seinen Körper. »Hoffentlich passiert uns nichts!«
    »Die Decke hält«, beruhigte ihn Leslie. »Und wenn wir hier heraus sind, veranstalten wir ein großes Fest.«
    »Wir werden nie herauskommen. Es ist das Ende der Chelfords.« Er dachte eine Weile nach. »Aber nein! Dick ist ja noch da - auf ihn wird Titel und Besitz fallen. Ist es nicht merkwürdig, daß er mich nie heiraten lassen wollte? Auch unsere Verlobung paßte ihm nicht. Natürlich ist mit mir kein Staat zu machen, immerhin ...«
    »Hallo!«
    Eine dröhnende Stimme schallte von irgendwoher in das Gewölbe. Leslie sah, wie Harry zusammenfuhr und krampfartig zu zittern begann.
    »Hallo!«
    Sie sprang auf, rannte zu der Stelle, wo das Tageslicht einbrach.
    »Hallo!«
    »Sind Sie es, Dick?« »Gott sei Dank!« rief er zurück. »Ist Harry bei Ihnen, Leslie?«
    »Ja.«
    Aus dem Stalaktitenraum hallte gräßliches Gelächter. Das war die ärgste Gefahr - Leslie Gine allein mit einem Wahnsinnigen!
    »Sind Sie hungrig?«
    »Sehr sogar. Tut aber nichts - ich kann noch zwölf Stunden aushalten. Wir sitzen in einer Höhle und können nicht mehr zurück, weil der Stollen hinter uns eingestürzt ist. Und nach vorne hört der Gang auf. Eine Mauer ...«
    »Leslie!«
    »Ja?«
    »Wie lang ist der ganze Stollen?«
    Sie überlegte.
    »Etwa vierhundert Meter.«
    »Und wie weit ist es vom Ende bis zur Einbruchstelle?«
    »Höchstens neun Meter.«
    »Warten Sie! Ich lasse einen Kompaß hinunter. Sagen Sie mir, in welcher Richtung von Ihnen aus die Höhle liegt.«
    Der Kompaß traf ein. Eine Minute später kam die Antwort:
    »Genau im Westen.«
    »Und wieviel Schritte sind es von dieser Spalte bis zur Höhle?«
    »Acht.«
    »Demnach liegt die Höhle direkt unter dem Flußbett«, erklärte der Ingenieur, den Arthur Gine in der Umgebung aufgetrieben hatte.
    »Können wir den Spalt erweitern?« »Unmöglich, Mr. Alford. Die Sprengarbeiten würden Wochen beanspruchen.«
    Jetzt mischte sich Mr. Puttler ein.
    »Warum nicht den Ravensrill in sein natürliches Bett zurückleiten?«
    Zehn Minuten später saß Mary Wenner am Telefon und brachte alle Unternehmer in einem Umkreis von zwanzig Meilen auf die Beine. Bald bewegten sich Schlangen von Karren, Wagen, Autos, Omnibussen auf Fossaway zu. Aus den Häusern und Kneipen, den Arbeiterklubs und Kinos holte man die Leute heraus, jede Stunde wurden es mehr, bis über tausend Mann sich beim Licht großer Acetylenlampen fieberhaft um das Abtragen des Dammes bemühten.
    Immer niedriger wurde der mächtige Erdwall, und kurz nach Mitternacht rauschte der Ravensrill in sein altes Bett, das er vor Jahrhunderten verlassen mußte. Zurück blieb ein dunkles Gewirr von Schlingpflanzen, aus dem silbrige Streifen emporschnellten - Forellen und Hechte.
    »Wenn wir jetzt auf Fels stoßen, sind wir aufgeschmissen«, meinte der Ingenieur. »Aber ich möchte wetten, daß der Boden aus Sand besteht.«
    »Und aus Kies«, ergänzte Puttler.
    »Nein, Sir. Im Ravensrill ist noch nie Kies gefunden worden, was für uns nur günstig ist, denn im Sand kommen wir schneller vorwärts.«
    Der in Angriff genommene Schacht wurde mit Holz abgestützt. Schon hatte man eine Tiefe von zwei Metern erreicht, als der Vorarbeiter rief:
    »Kies!«
    »Wahrscheinlich nur eine dünne Schicht«, tat es der Ingenieur ab und kletterte in den Schacht hinunter.
    »Immerhin, sehr wertvolles Material ...«
    Nun wurde die Arbeit schwieriger. Ein Gerüst und eine Winde mußten aufgestellt werden. Dick benützte die Verzögerung, um der ›Wunschquelle‹ einen Besuch abzustatten.
    Diesmal gab Harry auf seinen Ruf Antwort.
    »Bist du es, Dick? Kann ich nicht irgendein Werkzeug haben, damit ich nicht untätig

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