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039 - Wolfsnacht

039 - Wolfsnacht

Titel: 039 - Wolfsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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Güte, rohes Fleisch kann man doch nicht essen, Mr. Stanwyck!«
    »Ich kann!«
    »Wissen Sie, daß Sie davon krank werden können?«
    »Ich nicht!«
    Es überlief die Krankenschwester kalt. Was war nur los mit diesem Patienten? Sein Wesen hatte sich verändert. Heute morgen war er ganz anders gewesen. Freundlich, nett, mit allem zufrieden… Jetzt war er leicht reizbar, ungeduldig, unzufrieden, und er verlangte nach rohem Fleisch! Hatte sich das Erlebnis der vergangenen Nacht, das für ihn bestimmt sehr schrecklich gewesen sein mußte, auf seinen Geist geschlagen?
    Irgendwie war dem Mädchen der Patient auf einmal unheimlich.
    Obwohl rundum einbandagiert, machte der Mann einen gefährlichen Eindruck. Eine spürbare Bedrohung ging von ihm aus, und Schwester Joan wurde das Gefühl nicht los, daß Leif Stanwyck am liebsten aufgesprungen und über sie hergefallen wäre.
    In diesem Mann steckt ein Tier! sagte sie sich, und sie wollte nicht länger mit ihm allein bleiben.
    Hinter ihr öffnete sich die Tür, und Joan Crane fiel ein Stein vom Herzen, als sie Dr. Rich sah.
    »Ah, mein Leibarzt sieht wieder mal nach mir«, preßte Leif Stanwyck heiser hervor.
    Robert Rich fragte: »Wie fühlen wir uns, Mr. Stanwyck?«
    »Großartig. Einfach großartig.«
    »Sie haben Ihren Nachtisch nicht gegessen, wie ich sehe.«
    »Ich hasse Kuchen.«
    »Wenn das so ist, wollen wir Sie natürlich nicht damit quälen.«
    Der junge Assistenzarzt kannte Dr. Bolans Sorge. Deshalb war er hier. Er wollte nicht, daß die Krankenschwester mit dem Patienten allein war, wenn es draußen dunkel wurde. Er hatte kein gutes Gefühl. »Ist sonst alles in Ordnung, Schwester Joan?« erkundigte er sich.
    Das Mädchen streifte den Patienten mit einem raschen Blick. Sie konnte jetzt nicht sagen, was sie dachte, deshalb antwortete sie: »Ja, Dr. Rich.«
    »Ich habe nachgesehen, wo Sie wohnen«, sagte Robert Rich zu Stanwyck. »Wissen Sie, daß wir beinahe Nachbarn sind?«
    »So?« erwiderte Leif Stanwyck desinteressiert.
    Rich nannte seine Adresse. »Das ist die nächste Querstraße. Eigentlich verwunderlich, daß wir einander noch nie begegnet sind. Sie mußten erst in dieses Krankenhaus eingeliefert werden, damit wir uns kennenlernen.«
    Stanwyck hörte kaum zu. Er blickte ständig zum Fenster. Der Himmel war endlich schwarz geworden, der Abend hatte begonnen, und Leif Stanwyck spürte, wie ungeahnte Kräfte aus der Finsternis auf ihn überströmten.
    Die Nacht… Sie würde von nun an seine Verbündete sein! Er würde losziehen, wenn es dunkel geworden war, und Jagd machen.
    Jagd auf Menschen! Sein Gesicht verzerrte sich zu einem grausamen Grinsen…
    Als er der Krankenschwester und dem jungen Assistenzarzt sein Antlitz wieder zuwandte, war es merklich verändert. Joan Crane wich mit einem leisen Schreckenslaut zurück. Beinahe wäre ihr das Tablett, das sie soeben aufgehoben hatte, aus den Händen gefallen.
    Sie zitterte so heftig, daß das Geschirr klapperte.
    An manchen Stellen wuchs grauer Flaum in Stanwycks Gesicht.
    Die Augen hatten eine andere Farbe bekommen, und die Nase hatte sich verändert. Zwar hatte der Mann noch menschliches Aussehen, aber er sah sich selbst nur noch entfernt ähnlich.
    »Mein Gott, Dr. Rich!« entfuhr es Schwester Crane. »Was ist mit dem Mann?«
    »Raus!« zischte Rich aufgeregt. »Schnell raus, Schwester!«
    Im selben Moment passierte es!
    Der Patient schien zu explodieren. Er schleuderte knurrend die Decke zur Seite und schnellte aus dem Bett. Mit messerscharfen Krallen schlitzte er die Bandagen auf und fetzte sie sich vom Leib.
    Joan Crane und Robert Rich sahen, daß alle Wunden – selbst die tiefsten – verheilt waren. Haarbüschel sprossen aus den Narben.
    Die Krankenschwester stieß einen gellenden Schrei aus.
    Robert Rich packte sie und riß sie hinter sich.
    Stanwyck – noch Mensch, aber unaufhaltsam auf dem Weg zum Werwolf – folgte dem Mädchen mit gierigen Augen. Er wollte sie haben. Nicht Dr. Rich. Etwas an dem stieß ihn ab. Nein, er wollte die Krankenschwester!
    »Fliehen Sie!« rief der Assistenzarzt.
    »Aber…«
    »Hinaus, Joan! Ich versuche ihn aufzuhalten! Alarmieren Sie Dr. Bolan!«
    Der Patient kam mit einem ohrenbetäubenden Gebrüll näher. Jetzt ließ die Krankenschwester das Tablett fallen. Es war ihr unmöglich, auch nur eine Sekunde länger in diesem Raum zu bleiben.
    Sie befürchtete das schlimmste für Dr. Rich. Wollte der junge Arzt sich für sie opfern? War er bereit, sein Leben zu geben, um

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