0390 - Der Fluch des Asmodis
Caermardhins bei weitem übertraf. Die Burg war innen beträchtlich größer als außen.
Nur wenige durften den Saal, Merlins Archiv, betreten. Es waren Auserwählte. Die Druiden gehörten zu ihnen. »Wesen, die keines natürlichen Todes sterben«, hatte Merlin einmal gesagt. Zamorra deutete es so, daß Merlin damit so etwas wie relative Unsterblichkeit meinte. Merlin selbst und auch Gryf waren dafür die besten Beispiele. Sie waren steinalt. Sie konnten wohl mit Gewalt umgebracht werden, aber von allein starben sie anscheinend nicht. Zamorra war sich nicht sicher, ob es sich um »echte« Unsterblichkeit handelte, ob es sie überhaupt gab, oder ob es nur eine besondere Langlebigkeit war. Er hatte sich selbst beobachtet, nachdem Merlin ihm eröffnet hatte, daß er zu den Auserwählten gehörte, die den Saal des Wissens betreten durften: zu seiner nicht geringen Verwunderung war er in den letzten Jahren äußerlich nicht gealtert. Es war keine einzige Falte hinzugekommen, kein graues Haar. Und das, obgleich er unter ständigem Streß stand.
Für Nicole galt dasselbe…
Sie alterten beide nicht…
Das mußte die Grundvoraussetzung sein. Wer nicht über diese seltsame Veranlagung verfügte, starb, wenn er den Saal des Wissens betrat. Es war eine erschreckende, kompromißlose Absicherung gegen den Mißbrauch der hier abgelegten Informationen.
Zamorra und Teri sahen sich an. Nicht weit von ihnen entfernt befand sich das glitzernde Gespinst aus Eis, in dem Merlin gefangen war. Für ihn stand die Zeit still. Von dem Moment an, in welchem die Zeitlose ihn hier eingesponnen hatte, bis zum heutigen Zeitpunkt war für Merlin noch nicht eine einzige Sekunde vergangen. Wenn es jemals gelänge, ihn zu befreien, würde er mit derselben Bewegung fortfahren, die durch das Eis, den Zeitfrost, gestoppt worden war.
Zamorra trat an den Eiskokon heran. Er sah Merlins Gestalt durch das Eis schimmern. So nah und doch so unsagbar fern.
»Wir schaffen es«, murmelte er. »Wir holen dich hier heraus. Irgendwann gelingt es uns. Laß uns noch ein wenig Zeit.«
Er fühlte, daß er der Lösung schon einige Male unglaublich nahe gewesen war. Es konnte sein, daß er den Trick kannte, mit dem die Magie der Zeitlosen zu brechen war. Aber er kam einfach nicht darauf.
Er war allerdings sicher, daß es ganz einfach sein mußte. Sie suchten nach komplizierten Lösungen. In Wirklichkeit würde es so primitiv und einfach sein, daß sie sich hinterher mit der Hand vor die Stirn klatschen und Narren schelten würden.
Aber auf die einfachsten Lösungen kommt man immer erst ganz zuletzt…
»Wir sollten versuchen, die Informationen über das Monster zu finden«, rief Teri ihn in die Wirklichkeit zurück. »Wenn es sie gibt.«
Zamorra nickte. Er wandte sich den Wissensspeichern zu.
Sie befanden sich in den Wänden. Es waren Millionen, eher sogar Milliarden funkelnder Kristalle, die einerseits das Licht erzeugten, das den Saal des Wissens erhellte, und andererseits Daten in sich bargen. Vermutlich hatte hier einst das gesamte Wissen des Universums existiert.
Aber es hatte in den letzten Jahren mehrmals dämonische Anschläge gegeben, die einen großen Teil der Speicherkristalle zerstört hatten. Ob es die EWIGEN gewesen waren oder der Fürst der Finsternis, die die magische Bombe hierher vorgetrieben hatten. Unersetzliches Wissen war durch die Zerstörungen verlorengegangen. Zamorra hoffte, daß nicht ausgerechnet die Daten über das Monster zu den verlorenen Kristallen gehörte.
»Wie ruft man dieses Wissen eigentlich ab?« fragte er die Druidin. Er selbst hatte es nie versucht. Immer war es Merlin selbst gewesen, der Informationen abforderte.
»Ich habe ihm einmal dabei zugesehen«, sagte Teri und sandte einen scheuen Blick in Richtung des Eisgefängnisses. »Ich werde versuchen, etwas zu erreichen.«
Sie schloß die Augen und versenkte sich in Trance. In diesem Zustand suchte sie geistigen Kontakt zu einer übergeordneten Steuereinheit dieses Archives. Es mußte eine solche Einheit geben, die in der Art eines Stichwortregisters funktionierte. Es war unmöglich, ohne weiteres gezielt Wissen abzurufen. Die Daten gingen in die Billiarden.
Immer noch.
Zamorra sah die Druidin an. Er konnte nichts tun außer abzuwarten. Er hoffte, daß sie Erfolg hatte. Zugleich fürchtete er, daß das Ungeheuer inzwischen die Zeit nutzen und Tendyke’s Home abermals angreifen würde. Was dann? Er zweifelte, daß Gryf und Tendyke allein mit dem Ungeheuer fertig
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