0391 - Susans Knochenmann
sein?« beschwerte sich Gryf.
Zamorra nickte nur. Er tastete die Wand ab und versuchte in der nun fast schattenlosen, schmerzenden Helligkeit feinste Risse oder Vertiefungen in der Wand zu finden. So exakt konnte niemand mit Stein bauen, daß nicht wenigstens Haarrisse zu erkennen gewesen wären.
Nichts…
Er tastete Unregelmäßigkeiten ab, die ihm zu normal erschienen, um wirklich normal zu sein, konnte aber keinen Mechanismus finden, der die vermutete Geheimtür öffnete. Er klopfte das Mauerwerk ab. Aber der Klang veränderte sich nicht. Nichts deutete darauf hin, daß irgendwo eine verborgene Tür war.
Ratlos zuckte Zamorra mit den Schultern. »Kannst du sie wirklich nicht mehr aufspüren, Gryf?« fragte er.
Der Druide schüttelte den Kopf. »Nichts zu machen, Alter. Sie könnte ebensogut seit Wochen tot sein. Vielleicht befindet sie sich gar nicht mehr in unserer Welt.«
»Ein Weltentor?« Das war möglich. Wenn es ein solches gab, mußte Zamorra allerdings andere Mittel einsetzen, danach zu suchen. Er konnte das Amulett entsprechend justieren, aber das kostete auch wieder Zeit…
Und dem eigentlichen Ziel der Suche und der Aktion, dem Polterspuk, kam er damit wahrscheinlich auch nicht viel näher. Davon, diesen in eine Falle zu locken und ihm die eigenen Bedingungen für eine Auseinandersetzung aufzuzwingen, war Zamorra in diesem Moment weiter entfernt denn je-Er schloß die Augen. Was sollte er tun, oder besser, was konnte er tun?
Gryf stieß ihn an. »Du…«
Zamorra zuckte heftig zusammen. Normalerweise war er nicht schreckhaft, aber in diesem Moment war er mit seinen Gedanken so intensiv in das Problem vertieft, daß er nicht gemerkt hatte, daß der Druide neben ihn getreten war.
Das Amulett entglitt Zamorras Hand. Es fiel zwischen ihm und der Wand auf den Boden.
Und es glühte grell auf!
Im gleichen Augenblick hörte Zamorra Susan Boyd schreien!
***
Astardis stemmte sich gegen den Sturm, der sofort verebbte. Es war in Wirklichkeit bei weitem nicht so wild gewesen, wie es im ersten Moment erschien. Aber da hatte er wirklich den Eindruck gehabt, von einem entfesselten Orkan angegriffen und von den Beinen gefegt zu werden.
Als er erkannte, daß er nicht in Gefahr war, war es schon vorbei. Der Windstoß hatte ihn ein paar Meter zurückgetrieben. Aber auch wenn der Orkan immer noch toben würde, bedeutete er für Astardis keine Gefahr. Notfalls konnte er seinen Zweitkörper immer noch wieder auflösen. Manchmal vergaß er, daß er nicht er selbst war, wenn er »draußen« agierte. Er verschmolz innerlich zu sehr mit dem Scheinkörper, um ihn glaubwürdiger darstellen zu können.
Asmodis lachte nicht mehr. Aus seiner düsteren kleinen Zelle heraus starrte er Astardis mit glühenden Augen an. Wahrscheinlich ahnte er immer noch nicht, daß er es mit Astardis zu tun hatte. Der Dämon gab dem Zweitkörper wieder das Erscheinungsbild jenes Menschen von vorhin, und eine magische Aura, die ihn hätte verraten können, gab es nicht. Der Zweitkörper war magisch neutral.
Astardis begriff jetzt auch, woher der Sturm kam. Durch die Schrumpfung der Zelle auf ein Minimum war die Luft erheblich verdichtet worden. Als Astardis die Tür öffnete, war der Überdruck zischend und fauchend entwichen und hatte ihn zurückgeschleudert.
Astardis trat in die Zelle. Direkt vor dem Ex-Teufel blieb er stehen. »Es freut mich, daß es dir gut geht«, spöttelte er. »So gut, daß du lachen kannst. Aber das Lachen wird dir vergehen.«
Asmodis schwieg.
Da öffnete Astardis das Futteral, in dem sich der Ju-Ju-Stab befand. Er zog den Stab hervor und hielt ihn in Augenhöhe. Er sah, wie Asmodis erschrak.
»Du kennst dieses Gerät«, stellte er zufrieden fest. »Diese Waffe.«
»Woher hast du den Stab?« fauchte der Gefangene.
»Gewissermaßen - geerbt«, sagte Astardis trocken. Er fühlte, wie es in dem Stab arbeitete und wütete. Er brannte darauf, den Ex-Teufel zu berühren und auszulöschen. Genüßlich langsam näherte Astardis den Stab Asmodis’ Gesicht.
Stärker wurden die Anstrengungen des Ju-Ju-Stabes. Er wollte sich losreißen, von sich aus zuschlagen. Aber noch hielt Astardis ihn kraftvoll zurück. Er weidete sich an der Furcht des Gegners, der seine Gefühle jetzt kaum noch beherrschen konnte.
»Du hast einen Fehler begangen, Asmodis«, sagte Astardis. Abermals zuckte der Ex-Teufel zusammen. Er war es nicht mehr gewohnt, bei seinem früheren Namen genannt zu werden. »Du hast den Fehler begangen, Verrat an
Weitere Kostenlose Bücher