0393 - Der Vampir von London
sah ihn forschend an. »Zamorra… das klingt spanisch.«
»Ich habe einen französischen Paß«, sagte Zamorra.
»Und sind Professor für… Rechtswissenschaften?«
»Parapsychologie«, sagte Zamorra. »Möchten Sie sonst noch etwas wissen? Familienstand und Religionszugehörigkeit? Momentaner Gesundheitszustand? Polizeiliches Führungszeugnis?«
»Ah, warum so aggressiv, mein lieber Professor? Ich möchte eigentlich nur wissen, mit welcher Legitimation ein französischer Parapsychologe in einem Kriminalfall ermitteln sollte. Das ist doch ein wenig seltsam, finden Sie nicht?« Er sah Gryf an. »Was für ein Spiel spielen Sie eigentlich, Gryf?«
»Eines mit recht komplizierten Regeln«, sagte der Druide. »Eine dieser Regeln verlangt von Ihnen, daß Sie sich eine Bitte Ihrer Sekretärin anhören sollten.«
Galen zog die Brauen hoch. »Ein sehr interessantes Spiel. Hat es noch mehr dieser neckischen Regeln?«
»Es kommt darauf an«, sagte Gryf.
Galen sah Babs an. »Was ist das für eine Bitte? Ich glaube, Sie haben sich für diesen jungen Mann schon genug engagiert.«
Babs berichtete von der Festnahme Sheila Brodys. »Ich vermute, daß ihr und Gryfs Fall miteinander zu tun haben. Es wäre vielleicht ratsam, wenn Sie den Fall Brody übernehmen würden, Chef.«
»Und wie kommen Sie auf diese Verknüpfung?« wollte Galen wissen. Er sah Gryf an und schüttelte den Kopf. »Meinen Sie, diese Frau habe auch Dandridge ermordet? Das ist doch ein bißchen weit her geholt, nicht wahr? Haben Sie keine Fakten anzubieten?«
Babs seufzte.
Gryf legte ihr die Hand auf den Unterarm. »Schon gut. Du brauchst dich nicht weiter zu bemühen. Wir kümmern uns jetzt darum.«
»Was soll das heißen?« fragte Galen scharf.
»Ach, nichts«, sagte Gryf. »Komm, Zamorra. Wir gehen. Vielen Dank auch für deine Bemühungen, Babs.«
Zamorra lächelte. »Wir sehen uns heute abend, ja?«
»Einverstanden. Ihr kennt den Weg ja.«
Gryf war schon draußen auf dem Korridor. Zamorra folgte ihm. Galen kam ihnen zur Tür nach. »Was soll das heißen?« wiederholte er seine Frage. »Was haben Sie vor?«
Aber Gryf zog Zamorra bereits in einen offenen Lift und drückte auf eine Taste. Die Schiebetür schloß sich mit leisem Summen, ehe Galen auf einer Antwort bestehen konnte. Verärgert wandte der Inspektor sich wieder um. »Miß Crawford, was sollte dieser Zirkus? Sie holen doch solche Überlegungen und Vorschläge nicht aus dem Zylinderhut wie der Zauberer das Karnickel. Ein Parapsychologe! Himmel, was soll das? Und was ist mit dieser Frau? Wieso soll es da Verbindungen geben? Nun erzählen Sie.«
Babs schüttelte den Kopf: »Es sind Vermutungen. Sie führen möglicherweise zu einer Lösung, aber es gibt keine Beweise. Eben nur diese Vermutungen.«
»Ihre? Oder die dieser beiden recht zweifelhaften Herren?«
»Was Sie so zweifelhaft nennen, Chef… Himmel, ich kann es Ihnen nicht erklären. Sie würden es mir ja doch nicht glauben.«
»Lassen Sie es doch mal auf einen Versuch ankommen.«
»Diese Sheila Brody könnte eine Vampirin sein. Gryf war gestern schon hinter ihr her, und dabei…«
»Oh, gerechter Himmel«, seufzte Galen. »Eine Vampirin. Und die läßt sich am hellen Tag mitten in London festnehmen. Miß Crawford, Sie haben wohl eine blühende Fantasie. Erstens scheuen Vampire das Tageslicht und zweitens gibt es sie überhaupt nicht. Spinnerei…«
Er marschierte an ihr vorbei in sein Büro. Die Tür schloß er trotz seiner Verärgerung leise.
»Ich wußte doch, daß Sie mir nicht glauben würden, Chef«, sagte Babs leise. Immerhin - sie brauchte sich jetzt nicht mehr um diese mutmaßliche Vampirin zu kümmern. Gryf war schneller hier aufgetaucht als erwartet. Es bestand keine Veranlassung mehr, Galen zu überreden, daß er für ein Festhalten der Frau sorgte. Gryf würde sich schon um sie kümmern.
Und Zamorra.
Es tat gut, diesen Mann wiederzusehen…
***
Gryf hatte in einem Blitzimpuls aus Babs’ Gedanken entnommen, was sie Zamorra am Telefon noch nicht mitgeteilt hatte - das sie Galen hatte einspannen wollen für den Versuch, Sheila Brody bis zu Gryfs Eintreffen festzuhalten. Nun aber war Gryf hier, und die Situation verkrampfte sich. Gryf zog es daher vor, so schnell wie möglich aus Galens Blickfeld zu verschwinden.
Wo sich diese Sheila Brody aufhalten mußte, hatte er ebenfalls aus Babs’ Gedanken erfahren. Er würde sich für diese kurze Gedankenspionage später bei ihr entschuldigen.
Zamorra grübelte derweil,
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