0394 - Die Unheimliche vom Schandturm
gefällt Ihnen Köln.«
»Was ich bisher gesehen habe, war schon imposant.«
»Na, phantastisch.« Er lächelte und sagte plötzlich. »Darf ich Ihnen eine junge Dame vorstellen. Sie ist bei uns angestellt und in diesem Fall so etwas wie meine Assistentin.«
Erst jetzt nahmen wir das blonde Mädchen wahr, das noch am runden Tisch saß.
Sie stand auf.
Ein herzliches Lächeln huschte über ihr Gesicht. Das blonde Wuschelhaar stand im Kontrast zu ihrer gebräunten Haut. Braune Augen schauten uns an. Sie trug eine weiße Hose, die sich um ein hübsch gerundetes Hinterteil spannte. Darüber einen ebenfalls hellen Pullover. Eines fiel mir besonders auf. Ihre Größe. Wenn ich gut maß, reichte sie mir bis zur Schulter.
»Das ist Petra Schwamborn«, stellte sie der Oberkommissar vor.
»Waren Sie in Urlaub?« fragte ich, als sie mir die Hand gab.
»Wieso fragen Sie?«
Ich lachte. »Weil Sie so braun sind.«
»Alles Balkonien. Und ich habe mich sogar dabei erholt. Ich passe eben immer das schöne Wetter ab.«
»Dann sitzen Sie ja hier falsch.«
»Das will ich nicht sagen. Mir gefällt es.«
Wir nahmen Platz. Petra Schwamborn löffelte an ihrem Eis weiter, Herkner trank Kaffee, Will bestellte ebenfalls ein Kännchen, nur ich fiel aus der Rolle.
»Bringen Sie mir ein Kölsch.«
Der Kellner lächelte. »Sehr wohl, der Herr.«
»Alkohol im Dienst?« fragte Will grinsend.
»Immer, wenn ich weit vom Schuß bin.« Ich beugte mich vor.
»Außerdem weiß ich nicht, was ihr mit mir vorhabt und ob ich überhaupt noch dazu komme, ein paar Gläser Kölsch zu leeren.«
»Da hat er recht«, sagte Herkner, und Petra Schwamborn lächelte mich an.
Ich bekam mein Bier, setzte es an und trank es genußvoll. Erst als das größere Glas halbleer war, stellte ich es ab. Herkner, als echter Kölner, fragte: »Na, wie ist es?«
»Sehr gut.«
»Das will ich meinen.« Er schielte sehnsüchtig auf das Glas.
»Soll ich Ihnen auch ein Bier bestellen?«
»Nein, lassen Sie. Ich bin eben zu sehr Beamter.«
»Ja, Armin, so ist das mit uns«, stöhnte Will und nahm einen Schluck Kaffee.
Wenig später waren das Private, das Kölsch und der Dom vergessen. Wir kamen zur Sache, und Oberkommissar Armin Herkner übernahm das Wort. »Will, ich habe mir natürlich deinen Bericht durch den Kopf gehen lassen, und mir ist dabei etwas aufgefallen. Diese Frau auf dem Pferd muß irgend etwas mit dieser Stadt zu tun haben.« Als er unsere gespannten Blicke sah, winkte er ab. »Keine voreiligen Schlüsse, meine Herren, das war nur ein Verdacht, aber ich erinnerte mich an die junge Dame neben mir, die seit einigen Monaten durch unsere Abteilung geistert, zuvor unter anderem Kunstgeschichte studiert hat und sich besonders gut in Köln auskennt. Aber nicht nur die einzelnen historisch wertvollen Gebäude sind ihr bekannt, sie hat sich auch mit der Historie der Stadt befaßt. Darin ist sie ebenfalls firm. Auf geht’s, Petra.«
Fräulein Schwamborn lachte und setzte eine dunkle Brille auf.
Den Eisbecher hatte sie geleert. »Nicht soviel Lob, Chef, ich weiß ja auch nicht, ob es stimmt.«
»Es ist jedenfalls die einzige Spur, die wir haben«, behauptete der Oberkommissar. »Auch du weißt noch von ihr, Will.«
»Ich lasse mich gern überraschen.«
Petra Schwamborn berichtete. Sie redete nicht nur mit dem Mund, auch mit den Händen, und sie stieß sofort tief in die Vergangenheit der Stadt vor. Von einer Sage berichtete sie, die sich um einen Turm drehte, der den Namen seines Erbauers trug. Es war der Ricardis Turm. »Ihn gibt es heute noch, er wird nur nicht großartig von innen besichtigt, aber damals, der genaue Zeitpunkt ist nicht angegeben, wurde er von dem Kaufmanns-Ehepaar Rudolph und Gertrude Ricardis bewohnt.«
Nun erfuhren wir die Geschichte, wie sie sich der Sage nach zugetragen hatte. Die Kölner hatten nach einer schweren Gewitternacht Rudolphs Leiche und die seiner jungen Geliebten Gretchen gefunden. Das Mädchen war erdrosselt, der Mann erschlagen worden.
Den Mörder hatte man nie gestellt, aber es waren schreckliche Vermutungen aufgekommen, denn jemand hatte das offene Grab der eine Woche vor dem Unglück verstorbenen Gertrude Ricardis entdeckt. Sie blieb ebenso verschwunden wie ihre beiden Lieblingspferde, zwei Schimmel. Nun vermuteten die Menschen, daß die von den Toten Auferstandene an ihrem Mann und seiner Geliebten, Rache genommen hatte.
»Was natürlich nicht zu beweisen war«, fügte Petra Schwamborn noch hinzu.
»Ein
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