0395 - Die Hyperseuche
die Männer nach wie vor volle Kampfmontur trugen. In den Helmempfängern verloren die Stimmen an Identität, und so entstand eine Verwirrung, die Ken erheiternd empfand.
„Er hat was gegen mich", beschwerte sich Tako Kakuta. „Hat was mit Vorsicht zu tun."
„Worum dreht es sich, Doktor?" wollte Atlan wissen.
„Eben um Vorsicht", brummte Bysiphere. „Der Mensch spricht von Vorsicht, dabei hat er uns mitten in einen Plasmaspeicher gelotst."
„Mitten in einen was ...?!"
Bysiphere machte eine allumfassende Geste.
„Jedes Kind kann das sehen. Die Form der Kammer, die elektrisch leitende Oberfläche, alles deutet darauf hin. Ein Kanal für die Zuführung von aktivem Plasma, ein zweiter für die Ableitung der Inertreste - alles ist da."
Eine Zeitlang herrschte tiefes Schweigen. Dann sagte Atlan: „Sie haben die Sprache darauf gebracht, Bysiphere. Sie erklären den Leuten, was das bedeutet."
Der Hyperphysiker deutete auf den Schacht, der senkrecht von oben in die Kugel hereinführte.
„Von dort kommt das Plasma - hauptsächlich Wasserstoffkerne und Elektronen, zehn- bis fünfzehntausend Grad heiß. Die Kammer wird gefüllt, der Zufuhrschacht verschlossen. Die Wand dieser Kugel besteht nicht in Wirklichkeit aus einer homogenen Schicht. Der metallische Belag ist in winzige Strähnen unterteilt, die so angeordnet sind, daß sie, wenn ein Strom sie durchfließt, ein Magnetfeld erzeugen, welches so geformt ist, daß es das Plasma in der Nähe des Kugelmittelpunktes hält.
In diesem Zustand beginnt das Plasma, aktiv zu werden. Wasserstoffkerne zerschmelzen zu Heliumkernen. Energie wird freigesetzt - eine gewaltige Menge von Energie. Der Plasmaball im Mittelpunkt der Kugel erhitzt sich zur Weißglut und strahlt gigantische Mengen an die Wände ab.
Unmittelbar hinter den Wänden befindet sich ohne Zweifel ein hochwirksames Wärmeaustauschsystem.
Ein Kühlstoff absorbiert die abgestrahlte Hitze und leitet sie einem Umformer zu, der elektrische Energie aus ihr gewinnt. Nachdem die Mehrzahl der Wasserstoffkerne des Plasma sich zu Heliumkernen vereinigt haben und der energieerzeugende Prozeß zum Stillstand gekommen ist, wird das nun inerte Gas durch den Seitenkanal abgepumpt. Der Vertikalschacht öffnet sich wieder, und der Prozeß beginnt von neuem."
Bysiphere schwieg. Jedermanns Blick richtete sich in die Höhe in Erwartung eines zehn- bis fünfzehntausend Grad heißen Plasmastroms, in dem die Teilnehmer des ehrgeizigen Unternehmens ein rasches, unrühmliches Ende finden würden.
„Ja, zum Donnerwetter, dann nichts wie fort von hier!" grollte Melbar Kasom und erhob sich.
„Langsam, langsam", meldete sich da Jean Beriot, zum erstenmal in die Unterhaltung eingreifend, „mein verehrter Freund und Kollege vergißt da, einen wichtigen Punkt zu erwähnen."
„Oh, Jean", jammerte Bysiphere, „Sie sind der reinste Spaßverderber."
„Welchen Punkt?" fragte Atlan.
„Die Metallschicht auf der Wand ist völlig frisch.
Beide Schächte sind offen, soweit wir sehen können.
Dieser Kessel ist noch niemals für den Zweck verwendet worden, für den er gebaut wurde. Wir befinden uns also nicht in einem Behälter, der ständig oder auch nur regelmäßig zur Energieerzeugung benutzt wird."
„Ah ...", seufzte jemand, und die Erleichterung war ihm anzumerken.
„Das bedeutet aber nicht", ereiferte sich Bysiphere, „daß mit der Plasmazufuhr nicht in jeder Sekunde begonnen werden könnte."
Beriot mußte das zugestehen.
„Das heißt es allerdings nicht."
Der Arkonide faßte einen raschen Entschluß.
„Wie dem auch immer sei", ließ er sich hören, „wir sehen uns am besten sofort nach einer anderen Unterkunft um. Ras, Tako - ich muß Sie leider von neuem bemühen."
Die beiden Teleporter verschwanden. Sie kehrten in Abständen von etwa zwei Minuten zurück, um kurzen Bericht zu erstatten, und entmaterialisierten dann von neuem. Auf diese Weise verstrich nahezu eine halbe Stunde, die Atlan und die übrigen Zurückgebliebenen dazu nutzten, eine sorgfältige Analyse der in der kugelförmigen Kammer enthaltenen Atmosphäre anzufertigen und zu dem Schluß zu gelangen, daß sie absolut ungiftig und vorzüglich atembar sei. Der Arkonide erteilte seinen Leuten daher die Erlaubnis, die Schutzhelme zu lösen und über die Schultern zurückzuklappen.
In diesem Augenblick kehrte Tako Kakuta von einem seiner Kurzausflüge zurück.
„Ich habe kein Versteck", meldete er ohne Zögern, „aber etwas anderes, das recht
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