0395 - Die Hyperseuche
aus weiter Ferne, aber nichts, absolut nichts aus der unmittelbaren Umgebung.
Der Gang begann sich plötzlich zu weiten. Er öffnete sich wie der Hals einer Flasche, wobei der eigentliche Flaschenkörper einen Raum ähnlich demjenigen bildete, in dem die Sendeanlage untergebracht war. Es gab jedoch einen wesentlichen Unterschied: Dieser Raum war völlig leer. Er war so groß, daß die Helmlampen nicht bis zum gegenüberliegenden Ausgang reichten. Ihr Schein verlor sich in der Finsternis.
Atlan zögerte, offenbar ungewiß, ob ihm das Absuchen einer gänzlich leeren Halle einen Vorteil erbringen würde.
Da geschah das Unerwartete.
Plötzlich begann der Boden zu zittern. Aus der Dunkelheit, die die Strahlen der Lampen absorbierte, wuchsen die Umrisse einer mächtigen Gestalt. Die Gestalt bewegte sich rasch. Auf unglaublich dicken Säulenbeinen kam sie mit der Geschwindigkeit eines Gleitfahrzeugs auf Atlan und seine Gruppe zugerast.
Der Arkonide reagierte sofort.
„Uleb!" gellte seine Warnung. „Tolot, Dephin - den V-Stoff her!"
Der Haluter brauchte keine Ermahnung. Noch schneller als Atlan hatte er die Lage erkannt. Er postierte sich in der Mitte des Flaschenhalses, wog den rotleuchtenden Zylinder behutsam in der Hand und wartete, bis der rasende Uleb bis auf fünfzig Meter herangekommen war.
Dann warf er. Der kleine Behälter torkelte in steilem Bogen durch die Luft. Der Uleb erblickte ihn und stockte mitten im Lauf. In Bruchteilen einer Sekunde warf er sich herum und setzte zur Flucht an.
Tolots Wurf fiel kurz. Der Zylinder barst mit einem matten Knall, der leuchtende Inhalt verdampfte blitzschnell und vermischte sich mit der umgebenden Luft.
Im selben Augenblick wurde Icho Tolot wie von einer unsichtbaren Riesenfaust getroffen und zurückgeschleudert. Er prallte gegen Atlan und riß diesen mit sich zu Boden. Ken versuchte auszuweichen und stieß dabei mit John Marshall zusammen. Ein paar Augenblicke lang herrschte höchste Verwirrung. Erst dann bemerkten sie, was geschehen war.
Unter der Öffnung des Flaschenhalses hatte sich ein rotleuchtendes Paratronfeld gebildet. Das Feld war an der Stelle entstanden, von der Icho Tolot den V-Stoffzylinder geschleudert hatte. Durch die Wucht des Feldschirms war der Haluter zur Seite geschleudert worden.
Der Uleb war verschwunden. Das jedoch war im Augenblick Atlans geringste Sorge. Er befahl Ras Tschubai, ihn in einigen kurzen Sprüngen an verschiedene Gangkreuzungen zu bringen, an denen sie auf dem Herweg vorbeigekommen waren. Es vergingen kaum zwei Minuten, da kehrte er mit dem Teleporter zurück.
Sein Gesicht war ernst.
„Ganz so, wie ich dachte", sagte er bitter. „Dieses kleine Stück Schirm hier sieht nicht besonders eindrucksvoll aus, aber es gehört zu einem großen Schirm, der die ganze Gegend hermetisch abriegelt.
So, wie ich die Lage betrachte, sind wir eingeschlossen."
*
Sie suchten Dutzende von Kanälen ab, aber jedes Mal, wenn sie glaubten, einen Ausgang gefunden zu haben, tauchte an irgendeiner Stelle einer jener irisierenden, roten Vorhänge auf, die die Anwesenheit eines Paratronfeldes signalisierten. Es gab also nun zwei Schirmfelder - ein kleines, das nur die Sendestation umschloß, und ein großes, das sich um die weitere Umgebung der Sendehalle legte. Der Uleb, den man vor wenigen Minuten gesehen hatte, mußte ein Späher sein, der ausgeschickt worden war, um nach den Eindringlingen zu spüren, und den Sektor des Stützpunkts, in dem sie sich befanden, durch ein zweites Paratronfeld abgeriegelt hatte.
Die Lage war äußerst bedenklich. Paratronfelder mit ihrer eigenartigen energetischen Struktur waren auch für Teleporter undurchdringlich. Die Wechselwirkung zwischen dem paraphysischen Transportfeld und dem Paratron-Feldschirm erzeugte ein Phänomen, das die Fachleute einen strukturellen Konflikt nannten und das den Teleporter nicht nur wieder an seinen Ausgangsort zurückschleuderte, sondern ihn obendrein je nach Energiegehalt des Paratronfeldes mehr oder weniger ernsthaft verletzte.
Eine Rückkehr zu der Plasmakammer, in der Melbar Kasom und einige Millionen Solar an hochentwickelten Instrumenten warteten, schien für den Augenblick ausgeschlossen. Eine Kontaktaufnahme mit den im Senderaum Eingeschlossenen war ebenfalls unmöglich. Es sah so aus, als sei es dem Gegner gelungen, den Stroßtrupp in drei Teile zu spalten und ihn obendrein seiner Bewegungsfreiheit zu berauben. Eine einzige, winzige Hoffnung war noch vorhanden:
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