0395 - Ich liebte eine Voodoo-Queen
bereit.
Shao nahm ein Stück, Suko lehnte ab. Dabei hatte er die Gelegenheit, sich endlich unauffällig umzuschauen. Er wußte sofort, wen seine Partnerin gemeint hatte, denn dieser Kerl war einfach nicht zu übersehen, obwohl er sich Mühe gab, möglichst im Hintergrund zu bleiben und nicht entdeckt zu werden.
Das war schon eine Wand. Aber eine Wand aus Muskeln und Sehnen, geschmeidig und dennoch voller Kraft steckend. Ein Schädel ohne Haare, ein Gesicht, das scheußlich wirkte und mit rötlichem Licht übergossen wurde, da er nahe einer Lampe stand, die als künstlicher Palmenfächer gebaut war und auch Wärme abgab, denn der Mann hatte es nicht für nötig gehalten, sich etwas über seinen nackten Oberkörper zu streifen. Dafür glänzte seine Haut matt, als hätte er sie mit einer Creme eingerieben.
Die Hände hielt der Typ auf dem Rücken verschränkt. Er bewegte sich kaum, aber Suko glaubte fest daran, daß er alles sah, was sich in seiner unmittelbaren Umgebung abspielte. Davon zeugte allein das hektische Hin und Her der Augen.
»Was sagst du?« flüsterte Shao.
»Ich kenne den Kerl nicht.«
»Du bist gut. Denkst du ich? Aber ich habe auch kein Interesse daran, ihn kennenzulernen.«
»Er wird als Aufpasser eingestellt worden sein«, vermutete Suko.
»Wobei ich mich frage, weshalb man das getan hat?«
»Wenn jemand etwas zu verbergen hat…«
»Stimmt.«
»Willst du dich näher mit ihm beschäftigen?«
Suko verzog die Lippen. »Nur wenn es sein muß.«
»So meine ich das nicht.« Ihr Blick flog abschätzend über den Körper des Chinesen. »Mit dem hättest auch du deine Mühe.«
»Falls ich überhaupt gegen ihn ankomme.«
»Und er ist bewaffnet.«
Suko nickte. »Das habe ich auch festgestellt. Was da über seine linke Schulter hinwegschaut, ist bestimmt keine dritte Hand.« Er leerte sein Glas und blickte wieder zur Bühne.
Dort ging die Show weiter. Allerdings verhalten. Die Tänzer bewegten sich jetzt langsamer. Auch die Beleuchtung hatte sich verändert. Es war dunkel geworden. Die Schatten überwogen.
Durch ihre Tiefe wirkte die Bühne so; als würde sie in einen schwarzen Hintergrund auslaufen. Man hatte einen künstlichen Himmel geschaffen, auf dem die Sonne noch als leicht rötlich schimmernder Ball stand, ansonsten aber vom Licht der kleinen, ebenfalls künstlichen Sterne umgeben war.
Allmählich wurde auch die Musik leiser. Aus dem rechten Schatten der Bühne löste sich eine Gestalt. Es war der Ansager, er trug eine enge dunkle Hose und ein locker fallendes weißes Hemd mit aufgepumpt wirkenden Ärmeln.
An der Bühnendecke explodierte ein Scheinwerfer. Sein heller Balken fiel schräg in die Tiefe und erfaßte nur das Gesicht des Ansagers, das mit weißer Farbe oder Kreide bemalt war, wobei um die Augen herum graue Schminke dem Gesicht ein irgendwie schauriges Aussehen gab.
Aus der rechten Faust des Mannes schaute der ovale Kopf eines Mikrofons, und alles wies darauf hin, daß anschließend ein neuer Programmpunkt gestartet werden sollte.
Es dauerte seine Zeit, bis Ruhe eingekehrt war. Shao und Suko schauten zu diesem hochgewachsenen Mann mit den negroiden Zügen hin, der sich noch immer nicht gerührt hatte, aber plötzlich lautlos verschwand. Wie ein Phantom hatte er gewirkt, so daß man sich fragen konnte, ob man seine Anwesenheit nur geträumt hatte.
Der Ansager erzählte in malerischen Worten und Sätzen von den Schönheiten der Karibik, und er begann schließlich damit, auch von den blauen und lauen Nächten dieser Region zu sprechen, die auf Menschen eine so eigenartige Wirkung ausübten.
Was er da erzählte, empfanden Suko und Shao als reines Blabla, bis zu dem Zeitpunkt, als der Mann auf der Bühne zum eigentlichen Thema kam. »Keine Nacht ohne Voodoo!«
Plötzlich wurde es ruhig. Suko und seine Partnerin schauten sich gegenseitig an. Jeder wußte, was Voodoo bedeutete, und auch John Sinclairs Verschwinden mußte mit diesem schwarzmagischen Phänomen zusammenhängen.
»Hier, liebe Gäste, werden Sie die Nacht der Nächte erleben. Alle Mitwirkenden haben sich zu einem fantastischen Finale zusammengefunden, das bis weit nach Mitternacht reicht. Wir werden Ihnen die Magie des Voodoo nahebringen, diesen geheimnisvollen Zauber, der es tatsächlich schafft, die Leichen aus den Gräbern zu holen und sie dorthin zurückkehren zu lassen, wo sie als Lebende gewohnt haben.« Seine Stimme wurde leiser, einschmeichelnder, aber auch drohender, denn der Unterton darin war nicht zu
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