0395 - Ich liebte eine Voodoo-Queen
weil die Droge weiterhin die Kontrolle über mich behielt.
Und so hatten wir unser Ziel betreten.
Es war die Bühne!
Obwohl mein Wahrnehmungsvermögen ebenfalls beeinträchtigt worden war, konnte ich davon ausgehen. Ich sah eine weite Fläche vor mir, erkannte die drei viereckigen Gegenstände, sah auch die Trommler wie erstarrte Figuren auf ihren Plätzen hocken, und mein Blick fiel zum Schluß auf den Pfahl, der wie ein erhobener Finger aus der Leere des Bühnenbodens ragte und da stand, als wäre er für die Ewigkeit gebaut worden.
Licht fiel auf ihn.
Es war ein grauer, kalter Schein, und er sorgte dafür, daß der Pfahl auch einen langen Schatten auf den Bretterboden warf, der dort auslief, wo einer der Trommler saß.
Ich hörte meine eigenen Schritte und hatte das Gefühl, stets überlaut aufzutreten. Mit dem Handrücken wischte ich über meine Augen. Vielleicht besserte sich mein Blickfeld, und dann würde auch der verdammte Druck endlich verschwinden, doch es war eine vergebene Liebesmüh.
Nichts wurde besser, gar nichts.
Ich folgte der Voodoo-Königin weiterhin gehorsam und sah auch einen Mann in weißer Bluse oder weißem Hemd, der sich vom Rand der Bühne löste und zwei Schritte vorging, ehe er stehenblieb, sein Mikro vor den Mund hielt und Worte hineinsprach, die in meinem Schädel Widerhall fanden.
»Das ist das Opfer!«
Dieser eine Satz machte mich mißtrauisch, und ich wußte jetzt, daß sich die Rache der Frau erfüllen sollte.
Und zwar dort, wo der Pfahl aus dem Boden ragte.
Nur wenige Schritte brauchten wir noch zurückzulegen, um ihn zu erreichen. Moira Cargal ließ mich dabei nicht los. Sie war wohl doch zu mißtrauisch, aber ich hätte in meinem Zustand keinen Fluchtversuch unternehmen können. Zu sehr stand ich unter dem Einfluß der Drogen und des letzten Tranks. Mit dem Rücken würde ich gegen den Pfahl gepreßt. Durch den dünnen Seidenstoff spürte ich das harte Holz, und die Hand der Frau umklammerte auch mein noch freies Gelenk, um diesen Arm ebenso um den Pfahl herumzudrücken wie den rechten.
Der Mann im weißen Hemd kam herbei. Mir fiel sein Grinsen auf, und das sagte mir, daß hier wohl alle unter einer Decke steckten.
»Die Fesseln!«
Flüsternd hatte Moira den Befehl gegeben, der Mann gehorchte sofort. Er griff in die Tasche und holte eine dünne Schnur hervor, die hell und seidig glänzte.
Da würde ich keine Chance haben, sie zu zerreißen. Sie war zu fest.
»Soll ich ihn binden?«
»Nein, Paul, das mache ich.«
»Sehr wohl.«
Im nächsten Augenblick zeigte Moira mir, was sie konnte. Sie preßte noch meine Handflächen zusammen und verschnürte die Gelenke, so daß ich die Hände nicht bewegen konnte. Moira war noch nicht fertig. Um die Fesselung unauflösbar zu machen, drehte sie einen Teil des Seidenstricks noch um den Pfosten und knotete ihn fest.
»Das war es«, sagte sie, kam um den Pfahl herum, blieb im Dunkeln stehen und starrte mich an.
Wir redeten nicht miteinander. Kommunizierten nur mit Blicken, aus denen ich bei ihr eine Menge las, was sie mir auch durch ihre folgenden Worte bestätigte. »Lange habe ich gewartet. Jetzt ist es soweit, Sinclair. Ich kann Rache nehmen. Ich werde zuschauen, wie sich aus den Särgen drei Zombies erheben und dich vor den Augen zahlreicher Zuschauer so vernichten, wie du meinen Bruder getötet hast. Er hatte Großes geleistet, aber leider haben nur drei seiner Wesen den Untergang von Voodooland überstanden. Ihrer nahm ich mich an. Mir gehorchen sie jetzt, und sie werden dich vom Leben in den Tod befördern.«
Ich wollte eine scharfe Erwiderung geben. Nicht einmal das schaffte ich. Meine Kehle war rauh, sie wirkte wie zugeschnürt.
Noch einmal schaute mich Moria Cargal an. Dann hob sie die Schultern, als würde sie frieren, und trat zur Seite, um den Platz freizugeben.
Paul war an der Reihe.
Er sprach, ich hörte nicht hin, seine Worte rauschten an mir vorbei. Ich sah auch Moira nicht mehr. Sie hielt sich im Hintergrund der Bühne auf und wartete dort ab, während sich in meinem Körper das verdammte Drogengift austobte und gegen die Abwehrkräfte, die ich selbst mitbrachte, anging. Es war ein harter Kampf, der mich überschwemmte und fertigmachte. Ich kam kaum dagegen an.
Andere hatten die Kontrolle über mich bekommen, drückten mich nach vorn, und wäre ich nicht angebunden gewesen, wäre ich voll mit dem Gesicht auf den harten Bühnenboden gefallen.
Verzweifelt versuchte ich, einen klaren Gedanken zu
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