0396 - Leonardos Zauberbuch
aber es hat sich nie etwas getan.«
»Vielen Dank«, sagte Teri.
Eine leerstehende Fabrik, um die sich niemand kümmerte! Konnte es ein besseres Versteck für lichtscheues Gesindel geben? Hier konnte ein Schwarzmagier seine Basis errichten, ohne daß es jemandem auffiel.
Und genau das schien auch geschehen zu sein…
Teri beschloß, sich dort einmal umzusehen. Sie gab die Karte zurück, suchte wieder ihr Zimmer auf und verschwand per zeitlosen Sprung…
***
Sie sah nicht mehr, wie der Mann an der Rezeption zum Telefonhörer griff und hörte auch nicht mehr, was er seinem Gesprächspartner mitteilte: »… dieses Mädchen mit dem extrem langen hellen Haar! Es bewohnt ein Zimmer in unserem Haus und war gerade bei mir an der Rezeption, um sich nach einer leerstehenden Fabrik am Stadtrand zu erkundigen… ja, die Blonde ist noch im Haus. Ist gerade mit dem Lift nach oben gefahren, um ihr Zimmer aufzusuchen! Warum wird sie eigentlich gesucht?«
Auf seine Frage bekam er keine Antwort, aber die Anweisung, die Blonde unter einem Vorwand festzuhalten, falls sie in den nächsten Minuten doch das Haus verlassen wollte.
Dreizehn Minuten später stoppte ein unauffälliger Alfa Romeo vor dem Hotel, und ein hochgewachsener Mann mit blassem, arrogantem Gesicht und kalten Augen stieg aus. Er wurde von zwei Carabinieri begleitet und wies sich selbst als Polizeioffizier aus. »In welchem Zimmer wohnt diese langhaarige junge Frau?«
»Achtzehn im fünften Stock… das ist auf der Ostseite. Wenn Sie aus dem Lift kommen, gleich gegenüber. Aber darf ich erfahren, weshalb…?«
»Sie dürfen nicht«, sagte Serpio Malone kühl.
Seine beiden uniformierten Begleiter hatten die Treppe zu nehmen, falls sich die Gesuchte auf diesem Weg nach unten absetzen wollte. Er selbst jagte mit dem Lift nach oben, wartete aber im fünften Stock, bis die Carabinieri ebenfalls auftauchten. Sie waren etwas außer Atem. Schnelles Treppensteigen war schon immer eine anstrengende Sache gewesen.
Sie brauchten für Zimmer 518 keinen Schlüssel. Malone hatte ein Sesam, öffne dich, das sich auf das Schloß einstellen ließ. Damit öffnete er die Zimmertür.
Und dann wunderte er sich, daß das gesuchte Vögelchen ausgeflogen war.
Weder der Lift noch die Treppe war benutzt worden. Auch das Fenster war von innen verschlossen, eine Flucht über die Feuerleiter schied also auch aus. Hinzu kam, daß es nicht das geringste Gepäckstück im Zimmer gab. Nur das Bett bewies durch sein zerwühltes Aussehen, daß es benutzt worden war.
Malone rief über das Zimmertelefon bei der Rezeption an. »Haben Sie über Telefon die Bewohnerin dieses Zimmers von unserem Eintreffen unterrichtet?«
»Wie käme ich dazu, signore?«
Malone schmetterte den Hörer auf die Gabel. Wenn die Gesuchte in ein höher gelegenes Stockwerk ausgewichen war, während die Polizisten das Hotel betraten, konnte sie inzwischen schon längst über alle Berge sein. Auch von den Korridoren jeder Etage aus ließ sich die Feuerleiter betreten. Dann brauchte unten nicht einmal jemand etwas davon mitbekommen zu haben, daß die langhaarige signorina das Haus verlassen hatte.
»Das Zimmer auf Fingerabdrücke untersuchen. Vielleicht finden wir die junge Dame in der Kartei!« schnarrte Malone.
»Wäre das nicht Sache der Kripo?« wagte einer der Carabinieri einzuwenden. Unter Malones eisigem Blick verstummte er aber schnell und machte sich an die Arbeit.
Wenig später erstattete Malone, der in der letzten Nacht nur sehr wenig geschlafen hatte, dem ebenfalls übernächtigt wirkenden Ettore Terzotti Bericht. Der war von dem Fehlschlag nicht gerade erfreut.
Er fragte nach Einzelheiten.
Da erfuhr er, worauf selbst Malone in der Eile nicht geachtet hatte. Das Mädchen hatte sich nach einem Fabrikgelände erkundigt,…
»Da finden wir sie«, stellte Terzotti fest. »Und diesmal wird sie uns nicht entwischen, Serpio. Laß deine Leute nicht eingreifen. Das regele ich auf meine Art.«
»Einverstanden«, erwiderte Malone glatt, dabei hätte er der Befehlenden Stimme ohnehin nichts entgegenzusetzen gehabt.
Kurz darauf jagte ein metallic-schwarzer Mercedes durch das Verkehrsgewühl des morgendlichen Milano nach Norden…
***
Etwa um diese Zeit erwachte Professor Zamorra. Er sah die Sonnenstrahlen durch die Ritzen der Klappläden an den Fenstern dringen und warf einen Blick auf die Uhr.
Gerade erst acht Uhr durch - das war für ihn eine ungewöhnliche Zeit, wenn er nicht gerade durch noch ungewöhnlichere
Weitere Kostenlose Bücher