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04 - Die Tote im Klosterbrunnen

04 - Die Tote im Klosterbrunnen

Titel: 04 - Die Tote im Klosterbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Tötung handelte.«
    »Gibt es denn eine Tötung, die rechtens wäre?« höhnte Febal.
    »Das ist wahr, aber manche Tötungen können als schlimmer beurteilt werden als andere. Kaltblütiger, vorsätzlicher Mord zum Beispiel. Sind Euch Tatsachen über diesen Fall bekannt?«
    Der stattliche Glaubensbruder zuckte die Achseln.
    »Mir wäre es lieber, Ihr erfährt Eure Tatsachen von Schwester Brónach. Dann könnt Ihr wenigstens nicht behaupten, ich hätte Euch etwas Falsches erzählt.«
    »Wie Ihr wollt. Dennoch ist es ein langer Weg von einer Tötung vor zwanzig Jahren bis zu Euerm Verdacht, daß Draigen die Person ermordet hat, deren Leichnam im Brunnen dieses Klosters gefunden wurde. Und falls sie tatsächlich für deren Tod verantwortlich wäre, müßte man daraus den logischen Schluß ziehen, daß sie auch für den Tod von Schwester Síomha die Verantwortung trägt.«
    Bruder Febal machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Das liegt durchaus im Bereich des Möglichen, Schwester Fidelma.«
    »Zugegeben. Falls Eure Behauptungen zutreffen.«
    Augenblicklich brauste Bruder Febal empört auf.
    »Wollt Ihr mich der Lüge bezichtigen?«
    Fidelma schüttelte den Kopf.
    »Laßt uns genauer betrachten, was Ihr mir erzählt habt. Ihr sagt, Ihr habt gehört, daß Draigen jemanden getötet hat, bevor sie hierher in die Abtei kam. Ihr sagt, es gebe Gerüchte, daß Draigen junge Novizinnen in ihr Bett einlädt. Selbst wenn Ihr das beweisen könntet, ist letzteres nicht strafbar.«
    »Es ist strafbar vor Gott!« brummte Febal böse.
    »So, Ihr sprecht also auch im Namen Gottes?« bemerkte Fidelma leise. Dann sagte sie in schärferem Ton: »Ihr habt mir nichts erzählt, was vor einem Gericht gegen Draigen verwendet werden könnte, um nachzuweisen, daß sie für die beiden Todesfälle in der Abtei verantwortlich ist. Aber Ihr habt Behauptungen aufgestellt, durch die Ihr Euch sehr wohl schuldig gemacht haben könntet, böswillige Verleumdungen zu verbreiten und Draigens Ruf in den Schmutz zu ziehen. Ein guter Anwalt könnte Eure Behauptungen zerpflücken, allein schon aufgrund der Tatsache, daß Ihr mit Draigen verheiratet wart und in der Abtei Eures Amtes enthoben wurdet, bevor sie Euch schließlich ganz von dort vertrieb. Wenn es um Beweise und Gesetze geht, ist Eure Position äußerst angreifbar, Febal.«
    Bruder Febal erhob sich.
    »Ich habe von Euch nichts anderes erwartet.«
    Ruhig erwiderte Fidelma seinen wütenden Blick.
    »Das solltet Ihr mir erklären«, forderte sie ihn mit eiskalter Stimme auf.
    »Ihr seid eine Frau! ›Laßt jeden pflichtbewußten Menschen die stolze Zunge einer Frau meiden!‹ Ihr haltet doch alle zusammen und deckt Euch gegenseitig.«
    »Ihr habt das Gedicht falsch zitiert«, wies ihn Fidelma zurecht.
    »Das spielt keine Rolle. Der Sinn ist derselbe. Ich habe gehört, daß Ihr eine Vorliebe für die griechischen und lateinischen Weisen habt. Ich habe hier ein Zitat für Euch, Fidelma von Kildare. Es stammt von Euripides: ›Die Frau ist die natürliche Verbündete der Frau‹. Ich hätte damit rechnen müssen, daß Ihr alles daransetzen werdet, Draigen zu decken – schließlich ist sie eine Frau, genau wie Ihr.«
    Fidelma verschränkte bedächtig die Arme vor der Brust und zwang sich zu einem freundlichen Lächeln.
    »Ich nehme Euch das nicht übel, Febal. Es ist Euer Haß auf Draigen, der Euch zu solchen Reden verleitet. Geht zurück nach Dún Boí und beruhigt Euch. Es steckt sehr viel Wut in Euch.«
    Bruder Febal schwankte, als habe er das Gleichgewicht verloren, und schien zu überlegen, ob er noch etwas sagen sollte. Dann drehte er sich um und ging mit großen Schritten davon. Sein Gang und seine hochgezogenen Schultern verrieten seinen Zorn.
    Fidelma sah ihm nach, bis er hinter der nächsten Biegung der Küste verschwunden war.
    Plötzlich spürte sie eine schreckliche Traurigkeit. Und fühlte sich sehr einsam.
    Wenn sie Menschen begegnete, die so verbittert waren, wurde sie immer traurig. Und ihr war sofort bewußt, warum sie sich so einsam fühlte: sie dachte an Bruder Eadulf. Er war ein Mann, der das Leben und die Menschen liebte. In ihm war keine Bosheit. Bosheit. Warum hatte sie gerade dieses Wort gewählt? Bosheit war genau das, was sie in Febal spürte. Seine Feindseligkeit war mit Böswilligkeit durchtränkt.
    Es ist wahr: nach einem einschneidenden Erlebnis sucht der Mensch oft nach Rechtfertigungen für seine Gefühle. Er sieht die Dinge dann häufig ganz anders als zuvor. Sicherlich

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