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04 - Die Tote im Klosterbrunnen

04 - Die Tote im Klosterbrunnen

Titel: 04 - Die Tote im Klosterbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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    In diesem Gedicht spielt er darauf an, daß der Niedergang unserer Gattung Evas Schuld war«, fügte Febal süffisant hinzu.
     
    »Ich sehe, daß Ihr die letzte Zeile dieses Verses unterschlagen habt«, erwiderte Fidelma ruhig. »Die Zeile lautet:
     
    Doch die Frau spendete die dauerhaften Freuden des Lebens.
     
    In dieser Zeile bezieht er sich auf Maria, die Mutter unseres Erlösers.«
    Bruder Febal wurde zornesrot, weil sie ihn verbessert hatte.
    »Maria wußte wenigstens, wo ihr Platz war«, fauchte er. »Draigen weiß das nicht. Sie ist eine gottlose Frau, die ihre Macht mißbraucht, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen.«
    »Ah ja. Laut Adnár begann Draigen die Gesellschaft junger Frauen vorzuziehen.«
    »Sie hat zahlreiche junge Gespielinnen«, versicherte ihr Febal ohne Zögern. »Wahrscheinlich hatte sie auch Affären mit älteren Nonnen, die sich dafür erkenntlich zeigten und ihr zu einem raschen Aufstieg in der Abtei verhalfen.«
    Fidelma beugte sich zu Bruder Febal vor und schaute ihm eiskalt in die Augen.
    »Als dálaigh der Gerichtsbarkeit bin ich verpflichtet, Euch zu warnen, Bruder. Falls ich diese Aussage in meinem Bericht erwähnen soll, müßt Ihr darauf vorbereitet sein, öffentlich zu Eurer Anschuldigung zu stehen. Sollte die Anschuldigung falsch sein, haftet Ihr nach dem Gesetz …«
    »Ich kenne das Gesetz. Ich stehe zu dem, was ich gesagt habe. Es ist bekannt, daß Äbtissin Draigen sich junge Novizinnen ins Bett holt.«
    Nach dem Gesetz galt Homosexualität nicht als strafbar, solange Draigen ihre Machtposition nicht ausnutzte, um junge Mädchen, die nicht aus freien Stücken mit ihr ins Bett gehen wollten, dazu zu zwingen. Normalerweise wurde Homosexualität vor dem Cain Lanamna als Scheidungsgrund für beide Ehepartner anerkannt. In Fidelmas Abtei in Kildare war es ein offenes Geheimnis, daß die heilige Brigida, die Gründerin der Gemeinschaft, eine Geliebte namens Darlughdaca hatte, eine Novizin, mit der sie zusammenlebte. Einmal, als Darlughdaca einem jugendlichen Krieger, der in Kildare zu Gast war, schöne Augen machte, tobte Brigida vor Eifersucht und ließ Darlughdaca – wenn man den Überlieferungen Glauben schenkte – zur Strafe über glühende Kohlen laufen. Doch als Brigida starb, wurde Darlughdaca ihre Nachfolgerin.
    »Wem ist es bekannt?« hakte Fidelma nach.
    »Es ist allgemein bekannt.«
    »Normalerweise bedeutet das, daß es sich lediglich um Gerüchte handelt. Ich brauchte schon eine präzisere Zeugenaussage, bevor ich das ernst nehme. Doch jetzt erzählt mir, wie wurde Draigen eigentlich Äbtissin?«
    Bruder Febal kratzte sich nachdenklich mit dem Finger an der Nasenspitze.
    »Das muß wohl mit dem Teufel zugegangen sein. Wie gesagt, Marga war alt. Sie litt unter Schmerzen in der Brust. Am Ende bestand Draigen darauf, daß sie, und nur sie allein, die alte Äbtissin pflegen durfte. Sie bereitete ihr die Medizin vor und bediente sie in ihrem Gemach. Ich war nicht überrascht, als eines Tages verkündet wurde, daß Marga gestorben war.«
    »Wann war das …?«
    »Im Sommer vor fünf Jahren.«
    »Und so wurde Draigen Äbtissin?«
    »Oh, es fand natürlich eine Versammlung statt, denn wie in allen irischen Klöstern trat die Gemeinschaft zusammen und sprach über die Verdienste der Anwärterinnen auf das Amt.«
    »Aber Draigen war die einzige Anwärterin?«
    »Ich legte Protest ein und verlangte, bei der Frage der Nachfolge berücksichtigt zu werden.«
    »Und?«
    »Zu diesem Zeitpunkt lebten nur noch ich und zwei ältere Brüder in der Abtei. Man lachte über uns. Und natürlich wurde Draigen Äbtissin. Noch auf der nämlichen Versammlung verkündete sie, daß sie die Abtei nicht länger als conhospitae führen wolle. Ich wurde aus meinem Amt als doirseór entlassen und zusammen mit meinen Brüdern aufgefordert zu gehen.«
    »Ihr habt also das Kloster verlassen und seid bei Adnár geblieben?«
    »Ja. Meine beiden Gefährten beschlossen, in den Norden zu gehen und der Gemeinschaft von Emly beizutreten. Ich blieb hier, denn Adnár suchte einen Mönch, der sein Seelen-Freund sein und die Messe für ihn lesen sollte.«
    »Wann habt Ihr erfahren, daß Adnár Draigens Bruder war?«
    »Vor langer Zeit.«
    »Etwas genauer vielleicht?«
    »Einige Jahre, bevor Draigen zur rechtaire der Abtei ernannt wurde, kehrte Adnár, der in Gulbans Heer gedient hatte, zurück. Es gab damals sehr viel Gerede. Er verklagte Draigen sogar vor Gericht – wegen seines Anteils an dem Land

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