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04 - Die Tote im Klosterbrunnen

04 - Die Tote im Klosterbrunnen

Titel: 04 - Die Tote im Klosterbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Einwände unterbinden. »Versteht mich nicht falsch, Schwester. Ich trage diese Last seit zwanzig Jahren und werde sie auch in Zukunft tragen. Es gibt auf dieser Welt keinen anderen Platz für mich. Dort oben in den Bergen sehe ich wenigstens das Grab meiner Mutter, und manchmal kann ich hingehen und ein Weilchen bei ihr sitzen.«
    »Hattet Ihr nie das Bedürfnis, an Draigen Vergeltung zu üben?«
    Als Antwort beugte Schwester Brónach das Knie.
    »Ihr meint, ihr körperlichen Schaden zuzufügen? Quad avertat Deus! Gott behüte!«
    »So was soll vorkommen.«
    »Ich darf niemandem das Leben nehmen, Schwester. Ich darf keinem anderen Menschen ein Leid zufügen, egal, was er mir angetan hat. Das habe ich von meiner Mutter gelernt, nicht von Jesus Christus. Ich habe Euch bereits erklärt, daß es mir lieber ist, wenn Draigen am Leben ist und ihr Leben lang leiden muß.«
    In Schwester Brónachs Gesicht lag ein Ausdruck würdevoller Aufrichtigkeit. Fidelma konnte Brónach durchaus verstehen – bis auf die Tatsache, daß sie all die Jahre in der Abtei geblieben war, in Draigens unmittelbarer Nähe, selbst dann noch, als Draigen zur Äbtissin gewählt wurde.
    »Es hat nicht den Anschein, als würde Draigen sonderlich leiden«, bemerkte sie.
    »Vielleicht habt Ihr recht. Vielleicht hat sie alles vergessen und glaubt, auch ich hätte vergessen. Doch eines Nachts wird die Stunde kommen, in der sie voller Angst erwacht und sich erinnert.«
    »Bruder Febal hat nichts vergessen.«
    Brónach errötete.
    »Febal? Was hat er gesagt?«
    »Nicht viel. Kennt sonst noch jemand die Geschichte?«
    »Nur ich … und Febal. Wenngleich er von Fall zu Fall entscheidet, woran er sich zu erinnern beliebt.«
    »Sicher weiß auch Draigens Bruder Adnár von der Sache?«
    »Er erfuhr davon, als er seine Klage wegen des Landes einreichte und feststellen mußte, daß er alles verloren hatte.«
    »Wollt Ihr damit sagen, daß sonst niemand hier von Draigens Vergangenheit weiß?«
    »Niemand.«
    Erst in diesem Augenblick wurde Fidelma klar, was sie die ganze Zeit übersehen hatte. Wenn Lerben Draigens Tochter war, dann war doch sicher Febal ihr Vater? Dennoch hatte er seine frühere Frau und seine eigene Tochter bezichtigt, eine sexuelle Beziehung zu unterhalten! Was für ein Mann war Febal eigentlich?
    »Weiß Febal, daß Lerben seine Tochter ist?« lautete Fidelmas nächste Frage.
    Schwester Brónach wirkte überrascht.
    »Selbstverständlich. Das nehme ich zumindest an.«
    Fidelma schwieg eine Weile.
    »Ihr habt gesagt, daß Eure Mutter dem alten, heidnischen Glauben ihrer Heimat anhing. Wißt Ihr gut über die alte Religion Bescheid?«
    Schwester Brónach schien einen Augenblick verblüfft über Fidelmas plötzlichen Themenwechsel.
    »Ich bin die Tochter meiner Mutter. Sie hat mich all die alten Traditionen gelehrt.«
    »Ihr kennt also die heidnischen Götter und Göttinnen und die symbolische Bedeutung der Bäume, und Ihr versteht die Oghamschrift?«
    »Ein bißchen. Ich weiß genug, um sie zu erkennen, aber ich kann die alten Schriftzeichen nicht lesen.«
    Geschrieben wurde Ogham nicht mit den gebräuchlichen lateinischen Buchstaben, sondern unter Verwendung eines altertümlichen Zeichensystems, das man Bérla Féini nannte, die Sprache der Ackerbauern. Heutzutage studierten nur noch angehende Rechtsgelehrte die Oghamschrift.
    »Schwester, erklärt mir die Bedeutung eines Espenholzstabes, der an der linken Hand befestigt ist.«
    Schwester Brónach lächelte wissend.
    »Das ist einfach. Die Espe ist ein heiliger Baum, von dem der fé , der Stab zum Abmessen eines Grabes, geschnitten wird. Darauf wird immer eine Zeile in Ogham eingeritzt. Diese Sitte ist noch heute in ganz Irland verbreitet.«
    »Ja, das ist allgemein bekannt. Aber das Befestigen des fé am linken Arm - warum nicht am rechten? Was hat das zu bedeuten? Ihr habt erwähnt, daß Ihr Draigen darauf aufmerksam gemacht habt, als der erste Leichnam gefunden wurde.«
    »Man bindet den fé an den linken Arm, wenn ein Mörder oder Selbstmörder beerdigt wird …« Sie unterbrach sich und schlug bestürzt eine Hand vor den Mund. »Die Zeile in Ogham ist normalerweise eine Anrufung der Todesgöttin.«
    »Wie zum Beispiel Morrigan? Der Göttin des Todes und der Kriege?«
    »Ja.« Die Antwort klang schneidend.
    »Erzählt weiter«, sagte Fidelma ruhig.
    »Ich kenne die Glaubensformel nicht wörtlich, aber sie beinhaltet die Anerkennung einer solchen Göttin. Bei der Leiche ohne Kopf … der im

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