04_Es ist was Faul
trotteten und sich unters Tribünendach setzten.
»Das ist bei Neandertalern so üblich«, erklärte ich, während
sich der Regen zum Wolkenbruch auswuchs und uns völlig
durchnässte. »Neandertaler arbeiten oder spielen nicht, wenn es
regnet. Mach dir keine Sorgen, sobald es aufhört, sind sie wieder da.«
Aber es hörte nicht auf zu regnen.
»Penalty von der Fünfzig-Yard-Linie«, erklärte der Schiedsrichter. »O'Fathens für die Whackers und Mr Warg für die
Mallets.«
Ich sah zu Warg hinüber, der auf der Bank saß und voller
Respekt und Staunen in den strömenden Regen hinaussah.
»Wegen dem verlieren wir noch das Spiel!«, flüsterte mir
Aubrey ins Ohr. »Kannst du nicht etwas tun?«
Ich rannte über den nassen Rasen zur Bank, aber Warg starrte mich bloß verständnislos an, als ich ihn bat, zurück aufs
Spielfeld zu kommen und den Penalty für uns zu schießen.
»Es regnet doch«, sagte Warg. »Außerdem ist es ja bloß ein
Spiel. Ist es nicht völlig egal, wer gewinnt? Es kommt doch
darauf an, dass es Spaß macht.«
»Stig?«, bettelte ich.
Er schüttelte den Kopf. »Wir würden ja für Sie arbeiten,
Thursday, aber wir sind schon bis an die Grenze gegangen. Im
Regen zu spielen ist nicht gut. Der Regen ist kostbar, er spendet
Leben – ihr solltet ihn auch mehr respektieren.«
Ich kehrte so langsam wie möglich zur Fünfzig-Yard-Linie
zurück, um dem Wetter eine Chance zu geben. Aber der Regen
weigerte sich aufzuhören.
»Und?«, fragte Aubrey.
Ich schüttelte traurig den Kopf. »Ich fürchte, die Antwort ist
nein. Neandertaler interessieren sich einfach nicht fürs Gewinnen. Sie haben ohnehin bloß gespielt, weil sie mir etwas schuldig waren.«
Aubrey seufzte.
»Wir würden den nächsten Penalty gern verschieben, bis es
aufhört zu regnen«, erklärte Twizzit dem Schiedsrichter. Er hielt
sich eine Zeitung über den Kopf, und er wusste, dass er sich
juristisch auf unsicherem Boden befand.
Der Schiedsrichter ging zu den Whackers und fragte, ob sie
mit einer Verschiebung einverstanden wären, aber O'Fathens
starrte mich bloß abschätzig an und erklärte, er wolle jetzt
weiterspielen. Also musste unser nächster Spieler gegen ihn
antreten – und das war ich.
Ich wischte mir das Wasser aus den Augen und versuchte,
den Mittel-Stab auch nur zu sehen. Es regnete jetzt so stark, dass
sich die Sicht auf wenige Meter beschränkte. Immerhin war ich
erst als Zweite dran – vielleicht verfehlte O'Fathens das Ziel ja.
Der Captain der Whackers konzentrierte sich, holte aus und
traf die Kugel genau in der Mitte. Der Ball flog hoch hinauf und
segelte schnurstracks auf den Stab zu. Eine Sekunde lang sah es
aus, als würde er genau treffen, aber dann fiel er mit einem
dumpfen Platsch! in den Matsch. Man hörte ein gespanntes
Murmeln von der Tribüne.
Dann kam die Nachricht von den Linienrichtern: O'Fathens'
Ball lag vier Fuß entfernt vom Mittel-Stab. Wenn ich näher
herankam, war der SuperHoop gewonnen. Für uns.
»Viel Glück«, sagte Aubrey und quetschte ermutigend meinen Arm.
Ich trat an die Fünfzig-Yard-Linie, während der Regen mir in
die Stiefel lief. Ich nahm die nassen Schulterpolster ab und warf
sie beiseite. Ich machte ein paar Übungsschläge, wischte mir die
Augen und suchte den Stab mit den bunten Ringen, der sich
ständig weiter von mir zu entfernen schien. Ich baute mich vor
dem Ball auf und verlagerte mein Gewicht von einem Bein auf
das andere, damit ich das richtige Gleichgewicht fand. Die
Menge verstummte. Die Zuschauer wussten nicht, wie viel von
diesem Schlag abhing, aber ich. Danebenschießen durfte ich
einfach nicht.
Ich starrte das Ziel an und dann den Ball, dann starrte ich
wieder das Ziel an. Ich umklammerte den Griff meines Schlägers und hob ihn hoch in die Luft. Dann schlug ich, und als das
Holz auf den Ball traf, stieß ich einen tierischen Schrei aus.
Im sanften Bogen flog die schwarze Kugel davon. Ich dachte
an Kaine und Goliath, an Landen und Friday und an die
schrecklichen Folgen, wenn ich danebengeschossen hatte. Das
Schicksal des Lebens auf unserem blauen Planeten hing von
einem einzigen Krocketschlag ab.
Ich sah, wie der Ball auf den matschigen Boden fiel und die
Linienrichter herbeistürzten, um die Entfernung zu messen.
Ich wandte mich ab und wanderte durch den Regen zu meiner Familie zurück. Ich hatte mein Bestes gegeben, und das
Spiel war vorbei. Die Verkündung des Urteils verstand ich
nicht, sondern hörte
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