04_Es ist was Faul
Endspiel gegen die ReadingWhackers.«
»Das gibt's ja nicht! Du machst Witze!«
»Keineswegs. Dass Swindon im Jahre 1988 den SuperHoop
gewinnt, ist Gegenstand der Siebten Offenbarung des hl. Zvlkx.
Sie lautet: Es wird sein ein gewonnenes Heimspiel auf den Feldern von Swindonne im Jahre des Herrn eintausendneunhun-dertachtundachtzig, und daher … An dieser Stelle bricht die
Überlieferung leider ab, aber es ist ja ganz eindeutig.«
St Zvlkx war der örtliche Schutzheilige, und jedes Kind, das
in Swindon zur Schule gegangen war, wusste alles über ihn,
natürlich auch ich. Seine Prophezeiungen waren im Lauf der
Jahre Gegenstand zahlreicher Spekulationen gewesen, denn sie
waren unglaublich zutreffend. Dennoch war ich höchst skeptisch. Die Swindon Mallets, die städtische Krocket-Mannschaft,
war trotz der unbestreitbaren Verdienste von Captain Roger
Kapok das schlechteste Team weit und breit.
»Ist das nicht eine etwas gewagte Vorhersage? Der hl. Zvlkx
ist doch schon im Jahre 1292 verschwunden, oder nicht?«
Weder Joffy noch meine Mutter fanden das komisch.
»Das stimmt«, sagte Joffy, »aber wir können ihn darum bitten, sie zu bestätigen.«
»Das kannst du? Wie willst du das machen?«
»Seine Sechste Offenbarung besagt, dass er übermorgen um
neun spontan aufersteht.«
»Das ist ja erstaunlich!«
»Erstaunlich, aber nicht ohne Beispiel«, erwiderte Joffy.
»Propheten und Wahrsager des dreizehnten Jahrhunderts
tauchen jetzt überall wieder auf. Achtzehn Stück in den letzten
sechs Monaten. Zvlkx ist für uns in der Bruderschaft und die
anderen Gläubigen von Interesse, aber das Fernsehen wird über
seine Prophezeiungen wohl nicht berichten. Die Quote der
Auferstehung von Bruder Velobius letzte Woche blieb weit
hinter der Wiederholung von Bonzo the Wonder Hound auf
dem anderen Kanal zurück.«
Darüber musste ich erst einmal nachdenken.
»Jetzt haben wir genug über Swindon geredet«, erklärte meine Mutter, die eine gute Nase für Klatsch hat. »Was hast du
denn so alles erlebt?«
»Wie lange habt ihr denn Zeit? Was ich erlebt habe, füllt
mehrere Bücher!«
»Dann fangen wir doch mal damit an, warum du wieder da
bist.«
Also erklärte ich ihnen, wie lästig es manchmal sein konnte,
in Büchern zu leben, dass ich Sehnsucht nach Landen hatte,
dass ich Friday die wirkliche Welt zeigen wollte und dass ich
auch den Auftrag hätte, mich um Yorrick Kaine zu kümmern,
der aus der BuchWelt entlaufen war.
Joffy zuckte zusammen, als er das hörte. »Kaine ist aus der
BuchWelt entlaufen?«
Ich nickte. »Kaine ist total fiktional. Was ist daran so wichtig? Als ich das letzte Mal hier war, war er ein gescheitertes ExMitglied der Whig-Partei.«
»Das ist er jetzt nicht mehr. Aus welchem Buch stammt er
denn?«
Ich zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Warum? Was ist
los?«
Joffy und Mum tauschten ängstliche Blicke. Wenn sich meine Mutter für Politik interessiert, müssen die Dinge echt
schlecht stehen.
»Es ist was faul im Staate England«, murmelte meine Mutter.
»Und dieses Etwas ist der englische Staatskanzler Yorrick
Kaine«, fügte Joffy hinzu. »Aber du kannst dich ja selbst überzeugen. Er tritt heute Abend um acht in der Stell-mir-keineheiklen-Fragen-Stunde von TNN auf. Wir hatten ohnehin vor,
da hinzugehen.«
Joffy war gerade dabei, mir zu erzählen, dass die Besucherzahlen der Gottesdienste erheblich gestiegen waren, seit die Kirche
der GSG von der Nationalen Toast Kommission gesponsert
wurde, während meine Mutter versuchte, mir von den Verdauungsproblemen ihrer Nachbarinnen zu berichten, als eine
eindrucksvolle Gestalt ins Wohnzimmer kam.
Es war ein hochgewachsener Mann in einem Morgenrock im
Stil des neunzehnten Jahrhunderts, dessen Schnauzbart den von
Commander Bradshaw noch übertraf. Sein Auftreten war
mindestens so imperial wie das von Emperor Zhark.
»Thursday«, erklärte meine Mutter mit atemloser Bewunderung, »das ist der preußische Kanzler Otto von Bismarck. Dein
Vater und ich versuchen gerade, die Schleswig-Holstein-Frage
von 1863/64 zu lösen. Otto – ich meine, Herr Bismarck –, das
ist meine Tochter Thursday.«
Bismarck schlug die Hacken zusammen und küsste mir mit
kühler Höflichkeit die Hand.
»Es ist mir ein Vergnügen, Fräulein Next«, sagte er mit
schwerem Akzent.
Die eigenartigen und meist schon längst verstorbenen Hausgäste meiner Mutter überraschten mich schon lange nicht
mehr. Schon als ich neun Jahre alt war, hatte
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