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04_Es ist was Faul

04_Es ist was Faul

Titel: 04_Es ist was Faul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Stimme. »Kennen Sie Mock Turtle? Sie ist jetzt meine Stellvertreterin in der Abteilung.«
    Ich nickte seiner Begleiterin zu, einer Schildkröte mit einem
    Kalbskopf, die traurig ins Nichts starrte. Sie stammte, genau wie
    der Greif, direkt aus den Seiten von Alice in Wonderland.
    »How do you do?«
    »Ich schätze, es geht mir gut«, sagte die Schildkröte und tupfte sich die Augen mit einem Taschentuch.
    »Was gibt's denn?«, fragte ich.
    »Oh, die Sache ist ziemlich ernst – viel zu heikel fürs Fußnotofon. Außerdem brauchte ich einen Vorwand für eine Studienreise ins Außenland. Ich arbeite an einer Untersuchung über
    Verkehrsinseln. Sehr faszinierend.«
    Jetzt überlief es mich heiß und kalt. Nicht wegen der Verkehrsinseln, aber ich musste plötzlich wieder an meinen Prozess
    denken! Ich war ja immer noch angeklagt wegen des widerrechtlichen Eingriffs in ein literarisches Kunstwerk! Ich hatte
    das Ende von Jane Eyre geändert, und der Gerichtshof der
    Herzen hatte mich schuldig befunden. Alles was noch fehlte,
    war die Urteilsverkündung.
    »Wie viel hab ich gekriegt?«
    »Na, so schlimm ist es nun auch wieder nicht!«, rief der
    Gryphon und schnippte mit den Fingern. Die Schildkröte
    reichte ihm ein Blatt Papier, das von ihren Tränen durchweicht
    war.
    Ich nahm es und las die halbverwischten Zeilen.
    »Es ist ein bisschen ungewöhnlich«, sagte der Gryphon. »Ich
    glaube, das mit den blauen Karos ist ungewöhnlich grausam.
    Schon deswegen könnten wir wahrscheinlich Berufung einlegen.«
    Ich starrte auf das Blatt mit dem Urteil: »Zwanzig Lebensjahre in blauen Karos!«, murmelte ich.
    »Außerdem können Sie nicht sterben, ehe Sie nicht die zehn
    langweiligsten Bücher gelesen haben«, fügte der Gryphon
    hinzu.
    »Das muss meine Großmutter auch machen«, sagte ich leicht
    verblüfft.
    »Das ist nicht möglich«, sagte die Schildkröte und trocknete
    ihre Augen. »Dieses Urteil ist einzigartig. Es wurde eigens für
    Ihr Vergehen entworfen. Die zwanzig Jahre in blauen Karos
    können Sie übrigens jederzeit nehmen, nicht unbedingt jetzt.«
    »Aber meine Großmutter –«
    »Sie irren sich«, sagte der Greif entschieden. Er nahm das
    Blatt mit dem Urteil zurück, faltete es sorgfältig und steckte es
    in die Tasche. »Und wir müssen jetzt gehen. Kommen Sie zu
    Bradshaws Goldener Hochzeit?«
    »J-a«, sagte ich leicht verwirrt.
    »Gut. Seite 221, Bradshaw und der Diamant von M'shala.
    Bringen Sie was zu trinken und eine Banane mit. Und sagen Sie
    Ihrem Mann, dass er auch mitkommen soll. Ich weiß, dass er
    nicht fiktiv ist, aber jeder hat seine kleinen Fehler, nicht wahr?
    Wir würden ihn alle gern kennen lernen.«
    »Vielen Dank. Was ist denn mit –«
    »Du meine Güte! Ist es wirklich schon so spät?«, sagte der
    Greif und zog eine gewaltige Taschenuhr aus dem Mantel. Wir
    müssen in zehn Seiten an einer Hummer-Quadrille teilnehmen!«
    Die Schildkröte schien etwas fröhlicher zu werden, als sie das
    hörte, und im nächsten Augenblick waren sie weg.

    Langsam ging ich dahin zurück, wo Landen und Friday im Auto
    saßen und auf mich warteten.
    »Dah!«, sagte Friday mit lauter Stimme.
    »Na also!«, sagte Landen. »Jetzt hat er ganz deutlich Dad gesagt!« Als er meine gefurchte Stirn sah, fragte er: »Was ist denn
    los?«
    »Landen, meine Oma mütterlicherseits ist 1968 gestorben,
    nicht wahr?«
    »Ja, und?«
    »Und die Mutter von meinem Vater ist 1979 gestorben …«
    »Ja?«
    »Wer ist dann die reizende alte Dame in den Goliath Twilight
    Homes, die ich immer besuche?«
    »Ich hab sie nie kennen gelernt«, sagte Landen. »Ich dachte
    immer, Gran sei ein Kosename.«
    Ich gab keine Antwort. Ich hatte geglaubt, dass sie meine
    Großmutter wäre. Aber de facto kannte ich sie erst seit drei
    Jahren. Davor hatte ich sie nie gesehen. Nein, das stimmt eigentlich auch nicht. Ich hatte sie schon gesehen: jedes Mal,
    wenn ich in den Spiegel geschaut hatte. Gran war nicht meine
    Großmutter. Gran war ich selbst.
    Landen fuhr mich zu den Twilight Homes. Ich ließ ihn mit
    Friday im Auto zurück und betrat das Heim mit klopfendem
    Herzen. Ich fand die alte Frau wie immer in ihrem Zimmer, wo
    sich die Stationsschwester gerade freundlich über Grans Bett
    beugte.
    »Muss sie viel leiden?«, fragte ich.
    »Die Schmerzmittel halten es unter Kontrolle«, sagte die
    Schwester. »Gehören Sie zur Familie?«
    »Ja«, sagte ich. »Wir stehen uns ziemlich nahe.«
    »Sie ist eine bemerkenswerte Frau«, murmelte die

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