04_Es ist was Faul
kommen.«
»Kannst du nicht Kaine einfach umbringen?«
»Nicht so ohne weiteres. Zeit ist der Klebstoff des Kosmos,
meine Kichererbse, und muss sehr behutsam aufgelöst werden.
Du würdest dich wundern, wie energisch die Historischen
Ereignisse ihre Despoten beschützen. Was glaubst du, warum
Massenmörder wie Pol Pot, Bokassa und Idi Amin so lange
leben und Leute wie Mozart, Jim Henson und Mutter Theresa
so früh von uns gehen, wenn sie noch ziemlich jung sind?«
»Ich glaube, Mutter Theresa kann man nicht gerade als jung
bezeichnen.«
»Oh, doch! Eigentlich war vorgesehen, dass sie hundertzwei-undachtzig Jahre alt werden sollte.«
Es entstand eine Pause.
»Also gut, Papa – was ist unser Plan?«
»Tja, der Plan ist kompliziert und zugleich auch sehr einfach.
Um Kaines Machtergreifung zu verhindern, müssen wir seinen
Hauptsponsor, die Goliath Corporation, verunsichern. Ohne
deren Unterstützung hat er keine Macht mehr. Und um Goliath
aus der Bahn zu werfen, müssen wir dafür sorgen, dass Swindon
den SuperHoop gewinnt.«
»Wie soll denn das gehen?«
»Weißt du, das ist eine Kausalitätskette. Kleine Ursache, große Wirkung. Du wirst schon sehen.«
»Darum geht es nicht. Ich frage mich nur, wie soll Swindon
gewinnen? Abgesehen von Kapok, Aubrey Jambe und vielleicht
Mandible sind die Spieler doch ziemliche Nieten, um es deutlich zu sagen. Besonders, wenn man sie mit ihren Gegnern, den
Reading Whackers, vergleicht.«
»Es wird dir schon etwas einfallen, meine kleine Kichererbse.
Achte vor allem auf Kapok, den werden sie zuerst auszuschalten
versuchen. Aber das musst du allein regeln. Ich habe noch
andere Probleme. Wie es scheint, ist Nelsons Tod gleich zu
Beginn der Schlacht von Trafalgar doch nicht das Werk der
Französischen Revisionisten. Ich habe mit einem Kollegen von
der ChronoGendarmerie gesprochen, und der fand es ziemlich
abwegig, dass die Revisionisten dergleichen versucht haben
könnten. Detaillierte Historische-Ereignis-Studien mit Napoleon als Kaiser Europas haben ergeben, dass Frankreich dabei
ziemlich schlecht gefahren wäre. Langfristig ist der NormalVerlauf der Geschichte günstiger für die Franzosen.«
»Und wer hat Nelson dann umgebracht?«
»Wie es scheint, war Nelson es selbst. Frag mich bitte nicht,
warum. Tja, und warum wolltest du mit mir sprechen?«
Ich musste einen Augenblick nachdenken. »Ja, weißt du …
wir haben uns vor drei Stunden getroffen, und da hast du
gesagt, wir hätten miteinander geredet. Ich glaube, ich sollte
dich jetzt vielleicht fragen, wer mich heute Morgen umzubringen versucht hat, was du wohl nicht wissen könntest, wenn wir
uns heute Morgen nicht getroffen hätten. Also ich nehme an,
dass wir uns heute Morgen getroffen haben, weil ich dir gerade
gesagt habe, dass man mich umzubringen versucht …«
Mein Vater lachte. »Es ist so ähnlich, als hätte man einen
Wäschetrockner im Kopf«, sagte er. »Ich weiß auch nicht immer, ob ich damalse oder jetzte. Aber die Geschichte mit dem
Attentat sollte ich mir vielleicht tatsächlich genauer ansehen.«
9.
Die Anonymen Angehörigen der NichtungsOpfer
Die Goliath Corporation bekräftigte gestern ihre Unterstützung für Staatskanzler Kaine. Bei einem glanzvollen Abendessen mit über fünfhundert Gästen erklärte ein Sprecher des
Konzerns, man werde den Staatskanzler weiter uneingeschränkt unterstützen. In seiner Dankrede erklärte Kaine, er
wisse die Unterstützung von Goliath sehr zu schätzen und
werde seinerseits die Anerkennung des Konzerns als Glaubensgemeinschaft und die staatliche Finanzierung zahlreicher geheimer Waffensysteme energisch befördern. Einzelheiten der Förderung könnten wegen der nötigen Geheimhaltung allerdings öffentlich nicht genannt werden.
THE TOAD,
13. Juli 1988
Als Hamlet und ich wieder nach Hause kamen, fanden wir ein
Fernsehteam von Swindon-5 vor der Gartentür.
»Miss Next«, sagte die Reporterin. »Können Sie uns sagen,
wo Sie die letzten zwei Jahre waren?«
»Kein Kommentar.«
»Sie können mich interviewen«, rief Hamlet, dem klar geworden war, dass er hier in der Außenwelt einen gewissen
Bekanntheitsgrad hatte.
»Und wer sind Sie?«, fragte die Reporterin verblüfft.
Ich warf ihm einen warnenden Blick zu, und sein Gesicht fiel
in sich zusammen. »Ich bin … ich bin ihr Vetter Eddie.«
»Na schön, Vetter Eddie, können Sie uns sagen, wo Miss
Next in den letzten zwei Jahren war?«
»Äh … kein
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