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04 - Herzenspoker

04 - Herzenspoker

Titel: 04 - Herzenspoker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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Erbarmungslosigkeit
des Krieges und dass sie daran schuld war, dass er sich wie ein gemeiner
Fußsoldat auf Urlaub benommen hatte. Sie seufzten voller Mitgefühl und sagten,
es sei absolut verständlich.
    »Ich
fürchte, Mylord ist ein Wüstling«, sagte Esther, der bei all dieser
Heldenverehrung der Kragen platzte.
    »Ach du
meine Güte«, kicherte die Countess of Resway und verfiel schon wieder in ihren
belehrenden Tonfall, »wenn Sie sich erst einmal an die Gepflogenheiten der
tonangebenden Leute gewöhnt haben, dann werden Sie feststellen, dass Wüstlinge
äußerst beliebt sind!«
    »Es ist
zu schade, dass man mich nicht mehr lieben kann«, sagte Lord Guy, »da mich Miß
Jones bekehrt hat.«
    »Ich
frage Sie noch einmal«, sagte Esther errötend, »was der Grund für Ihren Besuch
ist, Mylord.«
    »Ich
hatte vergessen, wann wir spazierenfahren wollten«, sagte Lord Guy, »und bin
gekommen, um meinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen. Es war doch um fünf
Uhr, oder?«
    Alle
lauschten gespannt. Esther war drauf und dran zu sagen, dass er log und dass sie
niemals eine derartige Verabredung getroffen hatten, als sie sah, wie die Augen
der Countess vor unverstellter, giftiger Eifersucht aufblitzten.
    Ein
sehr weiblicher Impuls, den sie gleich wieder bereute, veranlasste sie zu sagen-
»Ja, es war um fünf.« Beschämt vermied sie Lord Guys belustigten Blick.
    Vor der
Haustür zappelte Mr. Roger ungeduldig herum.
    »Ihre
Zigarren, Sir«, ertönte eine Stimme vom Gehsteig.
    Er
blickte von der Eingangstreppe hinunter und sah Manuel. »Woher, zum Teufel,
weißt du, wo ich bin?« fragte er.
    »Ich
habe Mylords Kutsche gerade wegfahren sehen, als ich zurückkam, und da bin ich
hinterhergelaufen.«
    Mr.
Roger schaute ihn misstrauisch an. »Brauchst du immer mehrere Stunden, um
Zigarren zu kaufen, Manuel?«
    »Nein,
Sir. Aber das sind die besten von London. Ich kaufe sie in der City.«
    Er sah
Mr. Roger mit ausdruckslosen Augen an, aber dieser hatte das unbehagliche
Gefühl, dass ihn der Spanier insgeheim auslachte.
    »Scher
dich nach Hause«, sagte Mr. Roger barsch. »Ich komme mit. Lord Guy ist
wahrscheinlich einige Zeit beschäftigt.«
    Drinnen
musterte Esther heimlich Lord Guys Gesicht, während er sich, ganz in seinem
Element, mit den Damen unterhielt. Sie stellte ihr Limonadenglas ab und goss
sich statt dessen ein Glas Champagner ein. Sie hatte das Gefühl, sich für die
Zeit nach der Gesellschaft stärken zu müssen, um Lord Guy klarmachen zu können,
dass sie nicht die Absicht hatte, mit ihm spazierenzufahren.
    Obwohl
sie ihn gleich als gewissenlosen Herzensbrecher ein-, geschätzt hatte,
konnte sie nicht leugnen, dass sie ihn anziehend fand, und sie hatte ihre
Schwäche für einen Mann von zweifelhafter Moral mit dem sündhaften Erbe ihres
Vaters erklärt und ihn sich schnell aus dem Sinn geschlagen. Umso schockierter
war sie jetzt, dass ihn diese Matronen aus den allerersten Kreisen ebenfalls
attraktiv fanden. Sie stachen einander mit erlesener Boshaftigkeit im Kampf um
seine Aufmerksamkeit aus, und Esther seufzte erleichtert auf, als Joseph
erschien, um den Beginn von Rainbirds Vorführung anzukündigen.
    Man sah
den Kindern, die in Reihen auf dem Fußboden saßen an, dass sie sich zu Unrecht
bestraft fühlten. Lord Guy hatte schlau erkannt, dass sich hinter Bartholomew
ein Schikaneur verbarg, und wußte, dass es der unangenehme junge genießen
würde, die Kinder arbeiten zu lassen, während er selbst keinen Finger rührte.
    Die
Vorhänge waren zugezogen, und Rainbird stand, nur von einer Öllampe beleuchtet,
hinter einem Tisch am Ende des Zimmers. Für die Damen und Lord Guy waren hinter
den Kindern Stühle aufgestellt.
    Peter
und Amy rutschten nach hinten, bis sie sich mit dein` Rücken an Esthers Knie
lehnen konnten. »Warum musstest du, so furchtbare Kinder aussuchen?« flüsterte
Peter wütend, dem es gar nicht gefallen hatte, in seinem eigenen Haus von
Bartholomew herumkommandiert zu werden.
    Esther
brachte ihn mit einem Stirnrunzeln zum Schweigen und schaute verstohlen auf die
kleine goldene Uhr, die sie sich an den Busen gesteckt hatte. Es dauerte nicht
mehr lange, und sie war alle wieder los.
    Rainbird
begann mit der Vorstellung. Das gelangweilte Publikum verwandelte sich
allmählich in ein halbwegs dankbares und schließlich in ein absolut
hingerissenes, als Rainbird aus den Ohren bunte Bälle, aus einem Dreispitz ein
Kaninchen, aus seinen Rockschößen Tauben und aus seinem Mantel ein Band

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