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04 - Herzenspoker

04 - Herzenspoker

Titel: 04 - Herzenspoker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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Moment machte die Kutsche einen Ruck, und Esther wurde nach vorne geschleudert.
Die Klappe im Dach hob sich, und der Kutscher rief entschuldigend herunter:
»Ich bin an den Bordstein gerumpelt, Madam. Ich kann in dem Nebel überhaupt
nichts erkennen.«
    »Lassen
Sie sich Zeit«, rief Esther.
    Die
Kutsche schwankte weiter. Nach einer Welle fiel Esther ein, dass Miß Fipps ihre
Frage nicht beantwortet hatte. »Miß Fipps«, sagte sie.
    Der
Nebel war jetzt auch in die Kutsche gekrochen, und Miß Fipps' Gesicht war im
trüben Licht der Kutschenlampe nur als undeutlicher weißer Fleck zu erkennen.
    »Miß
Fipps!« rief Esther noch einmal.
    Dieses
Mal war ein sanftes Schnarchen die einzige Antwort.
    Esther
beschloss, Miß Fipps später zu fragen, wie sie zu dieser vertraulichen Anrede
für Lord Guy - nämlich Carlton - kam, und dann wandten sich ihre
Gedanken ihren kleinen Geschwistern zu. Sie hatte ihnen nicht erklärt, dass die
Verlobung nur für, eine Woche galt, und sie war überrascht gewesen, wie sehr
die Kinder sich über die Neuigkeit gefreut hatten. Von dem Augenblick an, an
dem er auf der Bühne des Astley erschienen war, war er für sie ein Held. Er
verstand Spaß, denn schließlich hatte er Esther bei ihrer Theateraufführung
wirkungsvoll unterstützt. Er war überlegen, denn schließlich hatte er ein
ganzes Zimmer voll tobender Kinder zur Ruhe gebracht.
    Dass es
Esther gewesen war, die die kleine weiße Stute, die die Kinder jetzt Schneeball
nannten, vor weiterer Tierquälerei bewahrt hatte, schienen sie vergessen zu
haben. Es war Lord Guy, der Schneeball nach Hause gebracht hatte und dann
gleich in den Stall gegangen war, um das Tier eigenhändig zu versorgen. Es war
Lord Guy, der gemeint hatte, dass Schneeball ein ausgezeichnetes Reitpferd für
die Kinder abgäbe. Esther brachte es nicht übers Herz, ihnen zu erzählen, dass
Sitten und Moral ihres Helden denkbar schlecht waren. Sie war sich darüber
klar, dass sie den Kindern an dem Tag, an dem sie das Ende ihrer Verlobung
ankündigte, etwas Besonderes bieten musste.
    Rainbird
würde wissen, was zu tun war, dachte sie. Rainbird ragte aus der anonymen Masse
der Londoner Diener hervor und war in Esthers Augen eine ganz besondere
Persönlichkeit. Sie hätte ihn gern als Butler bei sich eingestellt, aber Graves
war ein guter Mensch, und Esther konnte es nicht über sich bringen, ihren
Butler zu ersetzen. Man wußte schließlich, wie schwer es für Diener war, eine
Stellung zu bekommen. Vielleicht konnte, sie einen anderen Titel für Rainbird
erfinden, Haushofmeister oder etwas dergleichen, der ihm einen Platz am
Berkeley Square sichern und ihn ständig zu ihrer Verfügung halten würde.
    Andere
Frauen träumten vielleicht davon, einem Ehemann die Belange des Haushalts und
der Erziehung von zwei Kindern zu übertragen, aber Esther hatte nicht vor, zu
heiraten.
    Und
dennoch hatten die Liebesromane, die sie gelesen hatte, sie mit einem seltsamen
Sehnen erfüllt, auch wenn sie über die lächerlichen Geschichten lachte.
    Nach
einem weiteren Stoß kam die Kutsche zum Stehen.
    »Wir
sind da, Madam«, rief der Kutscher.
    Der
Lakai öffnete die Kutschentür und ließ die Tritte hinab. Miß Fipps wurde wach
und schaute in den Nebel hinaus.
    »Es ist
ganz still, Miß Jones«, sagte sie. »Vielleicht wurde die Vorstellung abgesagt.«
    Aber
Esther wollte nicht glauben, dass so etwas passieren  konnte, nicht an
ihrem ersten Abend, nicht, wenn sie dieses wunderbare Kleid trug, das ...
jemand ... sehen musste.
    »Warten
Sie hier einen Moment, Miß Fipps«, sagte sie.
    »Es ist
besser, wenn Sie den Lakai schicken, um es festzustellen«, sagte Miß Fipps. An
diesem furchtbaren Nebel können Sie sich schon nach ein paar Schritten
verlaufen.«
    Aber
Esther hatte jetzt endgültig genug von der Warterei. Sie lief in den Nebel
hinein.
    »Mama!«
klagte ein Stimmchen in der Nähe. »Mama!«
    »Steigen
Sie lieber wieder in die Kutsche, Madam«, ertönte die Stimme ihres Lakaien. »Es
sieht so aus, als sei das Theater geschlossen.«
    »Sie
sehen doch nicht einmal, ob das Theater überhaupt da ist, wie wollen Sie dann
sagen, dass es geschlossen ist?« fragte Esther gereizt. »Ach, warten Sie hier,
John, bis ich herausgefunden habe, was das Kind für einen Kummer hat.«
    John,
der Lakai, wollte protestieren, aber er hatte viel zuviel Respekt vor seiner
eigenwilligen Herrin, als dass er etwas gesagt hätte.
    »Mama!«
ertönte die Stimme des Kindes wieder.
    Esther
schlang ihren Umhang

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