04 Im Bann der Nacht
sollen.
»Komm zu mir, meine Hübsche! Folge dem Klang meiner Stimme, und entdecke das Schicksal, das dich erwartet!«
»Du verlierst zu viel Blut«, zischte Modron.
Morgana ignorierte die Warnung ebenso wie die Schwäche, die ihren Körper zu überwältigen drohte. »Komm zu mir.« Sie wisperte den mächtigen Befehl über die weite Distanz hinweg zu ihrem Opfer. »Komm!«
Cezars Laune war übel, als er zum »Viper Nest« zurückkehrte.
Nach der ermüdenden Reise zu den Höhlen der Kommission hatte er ein strenges Verhör über sich ergehen lassen müssen. Sie hatten ihn gefragt, was er hinsichtlich Anna herausgefunden hatte, und ihn über Sybils Tod und seine Vermutung, dass es sich bei der Bedrohung, die sie gespürt hatten, um Morgana handelte, ausgequetscht.
Das einzig Positive ist, dass sie mich nicht erschlagen haben, obgleich ich es gewagt habe, Annas Blut zu trinken, dachte er, während er das Gebäude betrat und in die oberen Stockwerke hinauffuhr. Sie hatten nicht einmal die
Tatsache erwähnt, dass ihr noch frischer Geruch an ihm haftete.
Natürlich hatten sie sich ebenso geweigert, ihm irgendeine Art von Hilfe dafür anzubieten, sie in Sicherheit zu wissen. Er hatte sich lediglich die finstere Warnung anhören müssen, dass man ihn persönlich dafür verantwortlich machen würde, wenn ihr etwas zustieße. Diese Esel.
Erschöpft von der Reise und der einbrechenden Morgendämmerung, bemühte sich Cezar, eine gelassene Miene aufzusetzen und sich etwas zu entspannen. Er wollte nicht, dass Anna sich Sorgen machte, wenn er zu ihr stieß. Zumindest nicht noch mehr Sorgen, als sie ohnehin schon hatte.
Die Fahrstuhltüren glitten auf, und Cezar blinzelte überrascht, als er Viper erblickte, der direkt vor ihm stand. Augenblicklich beunruhigt, streckte er die Hände aus, um den silberhaarigen Vampir zu sich heranzuziehen. Sein Gesicht zeigte Furcht. »Was gibt es?«, verlangte er zu wissen. »Ist etwas mit …«
Viper lachte leise auf und schaffte es, sein samtenes Hemd vor Cezars eisernem Griff in Sicherheit zu bringen. »Alles ist in Ordnung«, versicherte er ihm. »Als ich das letzte Mal nach ihr sah, schlief sie bereits tief und fest. Hattest du eine Zusammenkunft mit den Orakeln?«
Müde rieb sich Cezar die Muskeln an seinem Hals. »Ja.«
Vipers elegante Züge versteinerten sich voller Abscheu. Wie auch Styx hasste der Vampir die Kontrolle zutiefst, die die Orakel über seinen Mitbruder ausübten. Es gab auf dieser Erde keinen Vampir, der keine Schwierigkeiten mit Autoritäten hatte.
»Ich vermute, es wäre Zeitverschwendung zu fragen, welche Pläne sie im Sinn haben?«
Cezar setzte eine ausdruckslose Miene auf. »Sie sind hier, um über den Werwolfkönig zu richten, so wie Styx es wünschte.«
Viper kniff seine Mitternachtsaugen zusammen. »Ach ja? Diese Angelegenheit zu Ende zu bringen, hätte weniger als ein paar Stunden in Anspruch genommen.«
»Die Kommission hat ihr eigenes Tempo.«
»Und darf nicht angezweifelt werden?«
Cezar wölbte eine Braue. »Nicht, wenn man Wert auf seine Gesundheit legt.«
Mit gerümpfter Nase nahm Viper Cezar am Arm und zog ihn in eine Ecke, als sich der Aufzug öffnete, um ein Dutzend betrunkene Elfen auszuspucken. »Hast du zumindest um Unterstützung für deine Anna gebeten?«, erkundigte er sich so leise, dass es nur ein anderer Vampir hätte verstehen können.
Die Lichter flackerten bei Cezars Wutausbruch. Obgleich er nicht so alt wie Styx oder Viper war, wuchsen seine Kräfte besonders schnell über die aller anderen hinaus. »Sie weigern sich zu intervenieren!« Er schüttelte voller Widerwillen den Kopf. »Sie behaupten, Annas Schicksal müsse sich ohne ihre direkte Einwirkung erfüllen!«
»Was nur bedeutet, dass sie sich nicht selbst die Hände schmutzig machen wollen.«
»Etwas in der Art.«
Viper lehnte sich gegen die Wand, und sein auf komplizierte Weise geflochtenes Haar glänzte silbrig im schwachen Licht. »Weißt du, irgendwie habe ich das eigenartige Gefühl, dass es mehr als nur Zufall ist, dass Annas Ankunft in Chicago mit der Zeit des Kommissionsbesuches zusammenfällt«, sagte er.
Cezar betrachtete seinen Freund warnend. Er hatte genügend Zeit mit den Orakeln verbracht, um zu wissen, dass sie es ernst meinten, wenn es darum ging, sich von unerwünschter Neugierde zu befreien. »Spekulationen wie diese können zum Tode führen, amigo ! So dickköpfig, wie du hinsichtlich deiner Philosophie bezüglich des Ursprungs der Dämonen
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