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04 - komplett

04 - komplett

Titel: 04 - komplett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 2 Romane
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Konzert gehört hatte. Schließlich wagte sie sich an die ihr unvergessliche Pathétique von Beethoven, die sie wie die meisten Debütantinnen wegen ihrer romantischen Obertöne liebte, und legte alle ihre Gefühle hinein.
    Während sie spielte, hielt sie die Augen geschlossen, und als die letzten Töne erstarben, zwinkerte sie in das schwache Licht der Kerzen, wobei ihr Blick auf ihren Gemahl fiel, dessen hohe Gestalt neben dem kalten Kamin einen langen Schatten warf. Er sagte kein Wort.
    Vor Kälte ganz steif kam Eleanor unbeholfen auf die Füße und schloss den Deckel des Pianofortes mit einem Knall, wobei sie sich in ihrer Hast fast die Finger klemmte.
    „Ich habe gar nicht gemerkt, dass Sie zurück sind“, sprach sie ihn an.
    Kit trat ins Licht. „Das war wunderschön, Eleanor“, sagte er mit leiser Stimme. „Ich hatte ja keine Ahnung, wie gut Sie spielen!“
    „Vielen Dank“, antwortete sie kühl, während sie von Kummer übermannt wurde. „Es ist nicht weiter verwunderlich, dass Sie überrascht sind, war doch bisher keine Gelegenheit, Ihnen etwas vorzuspielen.“
    „Das stimmt“, gab er zu, „und sicher gibt es noch vielerlei, was wir nicht voneinander wissen.“
    Darauf blickten sich beide unverwandt an. „Eigentlich kennen wir uns kaum“, pflichtete Eleanor ihm bei. „Verzeihen Sie, ich muss jetzt hinaus, denn es ist sehr kalt hier.“
    Ihr Gatte fasste sie bei der Hand. „Sie sind ja halb erfroren!“, rief er aus. „Kommen Sie in mein Studierzimmer, und trinken Sie ein Glas Wein, damit Sie wieder warm werden.“
    Den Kerzenleuchter hochnehmend bot er Eleanor seinen Arm, den sie zögernd akzeptierte, und geleitete sie hinüber. Dort spendete ein Feuer im Kamin wohlige Wärme, und auf einem Tischchen neben Kits Sessel, auf dem ein aufgeschlagenes Buch lag, stand ein Glas Portwein. Offenbar war er schon vor einer Weile nach Hause gekommen.
    Eleanor setzte sich in den zweiten Sessel vor die wärmenden Flammen.
    „Möchten Sie ein Glas Sherry, oder lieber Fruchtlikör?“, fragte er liebenswürdig.

    „Danke, ich werde Portwein trinken wie Sie“, antwortete sie mit einem Lächeln, das er erwiderte, während er ihr einschenkte und sich selbst nachfüllte. Dann räumte er das Buch beiseite und setzte sich ebenfalls.
    Genießerisch nahm Eleanor ein Schlückchen aus ihrem Glas. Sie wusste, dass eine wohlerzogene Dame eigentlich keinen Portwein trank, doch schmeckte er ihr.
    „Wie kommt es, dass Sie ohne Noten spielen können?“, erkundigte Kit sich.
    „Ich habe wohl Talent dazu“, bekannte sie freimütig, „das sich nach ein paar Jahren Klavierunterricht bemerkbar machte. Selbstredend übte ich jeden Tag, denn alle Debütantinnen sollten ja singen, malen oder ein Instrument spielen können.“
    Kit nickte. „Ja, ich weiß; Sie aber sind ungewöhnlich begabt.“
    Eleanor wurde es etwas unbehaglich bei diesem Lob, weshalb sie ihr Glas auf einen Zug leerte.
    „Danke, jetzt ist mir wieder warm“, versicherte sie ihrem Gatten und machte Anstalten, aufstehen. „Ich werde Sie nun Ihrer Lektüre überlassen.“
    „Einen Augenblick, bitte“, wandte er ein und berührte ganz leicht ihr Handgelenk, worauf sie unmerklich zusammenzuckte. „Es entspricht der Wahrheit, dass wir uns kaum kennen“, sagte er sanft zu ihr, „sodass es wohl nicht schaden könnte, wenn wir uns ab und zu ein bisschen unterhalten, nicht wahr? Oder erheben Sie Einwände?“
    Ratlos sah Eleanor ihn an, klang dieser Vorschlag doch harmlos, ja verlockend.
    Vielleicht zeigte sich hier eine Möglichkeit, der drohenden Einsamkeit zu entgehen, ohne die Oberflächlichkeit einer modernen Ehe zu gefährden, die sie um ihres Seelenfriedens willen anstrebte.
    „Nun ja, ...“, erwiderte sie zögernd und nickte zaghaft, „das klingt recht schön ...“
    „Das denke ich auch“, sagte Kit freundlich, worauf sie sich, nun entschieden nach Ruhe verlangend, erhob. Doch fiel ihr ein, dass sie das Thema des aufgebrauchten Budgets nicht angesprochen hatte.
    „Es ... gibt noch etwas, Kit ...“, stammelte sie verlegen. „Ich brauche ein paar Sachen, nichts Großes ...“
    Ihr Gemahl nickte. „Dann werden wir morgen zusammen zum Einkaufen ausfahren.“
    „Oh, Sie müssen sich wirklich nicht bemühen!“, erwiderte Eleanor hastig. „Es handelt sich nur um Kleinigkeiten wie Unterwäsche ...“ Kit musterte sie amüsiert, was sie vollends verunsicherte. „Wenn Sie gern mitkommen, freue ich mich überaus“, beeilte sie sich zu behaupten.

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