04 - komplett
worüber sie lieber Kenntnis erhalten hätte, doch wusste sie nicht, wie sie dies zugeben und dabei ihr Gesicht wahren konnte.
„Vielleicht wüsste ich dennoch gern ...“, begann sie zögernd. „Ich meine, nachdem wir uns inzwischen ein wenig kennengelernt haben, ist unter Umständen ein Punkt erreicht, an dem ich doch eine Frage hätte ... Jetzt, da wir Freunde sind ...“
„Sicherlich“, kam Kit ihr höflich entgegen und setzte sich. „Zuerst sollte ich klarstellen, dass ich mich all die Zeit in Irland aufhielt“, fuhr er fort. „Ich war nicht in Italien, und allen Gerüchten zum Trotz pflegte ich keinen Umgang mit Opernsängerinnen!“
„Oh, das weiß ich bereits!“ Eleanors Aufregung löste ihr die Zunge. „Halb London ist darüber auf dem Laufenden! Mamas Dienstboten plauderten darüber, dass Sie dort für die Regierung tätig waren.“
„Allen Ernstes?“, fragte Kit fassungslos. „Du lieber Himmel! Wie konnten sie das nur erfahren?“
Angesichts seiner Bestürzung unterdrückte Eleanor ein Lachen. „Das weiß doch ich nicht, Kit! Offenbar war Ihrer Absicht, die Reise geheim zu halten, kein Erfolg beschieden!“
„Das scheint mir auch so ...“ Beunruhigt fuhr er sich mit der Hand durchs Haar. „Nur gut, dass die Angelegenheit bereits abgeschlossen ist!“
„Waren Sie dort als Geheimagent tätig?“, fragte Eleanor besorgt. „Ich muss gestehen, dass der Gedanke mir nicht behagt, Kit.“
„Machen Sie sich keine Gedanken; ein Spion war ich nicht“, beruhigte er sie und lachte kurz auf. „Eher ein besserer Bote, würde ich sagen! Mein erster Einsatz ergab sich, da ich ohnehin viel reiste; und den letzten Auftrag nahm ich einzig in der Absicht an, Lord Castlereagh einen Gefallen zu tun, der als Minister für Irland keinen leichten Posten bekleidet. Doch hätte die Operation nicht schlechter geführt werden und insgesamt unsinniger ausfallen können.“
„Erzählen Sie mir davon!“, bat Eleanor, die jetzt alles darum gegeben hätte, die Wahrheit zu erfahren.
„Der Befehl zum Aufbruch kam an unserem Hochzeitstag“, begann er tief bekümmert. „Vielleicht erinnern Sie sich, dass ich Ihnen mitteilte, zu einem geschäftlichen Treffen fahren zu müssen? Ich traf also am fraglichen Ort, einer Taverne, ein, wo ich zu erklären gedachte, die Abreise wegen meiner Hochzeit zumindest verschieben zu müssen.“ Seufzend lehnte er sich zurück.
„Unglücklicherweise bestand der Plan, mir zum Schein in einer Kneipenschlägerei einen Schlag auf den Kopf zu verpassen und mich dann davonzuschaffen – um meine Spuren zu verwischen, verstehen Sie? So hatte ich die Schänke kaum betreten, als ich schon niedergestreckt wurde! Erst zehn Meilen von der Küste entfernt kam ich auf See wieder zu mir ...“ Er atmete hörbar aus. „Wäre ich nicht so verzweifelt gewesen, hätte ich wohl laut über meine Lage gelacht!“
„So gab es keine Gelegenheit, unsere Situation rechtzeitig zu erläutern?“, fragte sie, wobei sie die Augen aufriss.
„Genau so war es“, bekräftigte er mit bitterer Miene. „Als ich wieder zu Bewusstsein kam, war es bereits zu spät.“
„Ich verstehe“, sagte sie erschüttert. „Aber Sie schrieben mir, um alles zu erklären?“
„Mehr als einmal! Den ersten Brief schickte ich ab, sobald wir Irland erreichten. Ich begreife nicht, warum meine Post Sie verfehlte! All die Monate hindurch hoffte ich mit ganzem Herzen, Ihnen verständlich zu machen, was mir geschehen war ...“ Hier brach er bedrückt ab.
„So sind Ihre Briefe wohl verloren gegangen, Kit“, stellte sie bedauernd fest. „Wohin haben Sie diese denn geschickt?“
„Zum Bedford Square“, antwortete er, „weil ich nicht wusste, wo Sie sich aufhielten, und sichergehen wollte, dass man sie Ihnen zumindest aufhebt ... Und es gibt noch etwas, das ich Ihnen sagen muss, Eleanor.“
Still wartete sie, dass er fortfuhr.
„Was ich zu erledigen hatte, war schnell getan. Mit brennender Ungeduld strebte ich zurück zu Ihnen, nach England, doch hielt mich eine überraschende Verpflichtung viel länger in Irland fest als vorgesehen. Die Hintergründe dazu aber ...“ Kit stockte, nahm ihre Hände und hielt sie fest in den seinen. „Bitte denken Sie nicht, dass es mir an Vertrauen mangelt. Das Gegenteil ist der Fall! Aber ich gab mein Ehrenwort, nicht darüber zu sprechen, bis die betreffende Person mir ihre Erlaubnis erteilt. Ich glaube jedoch, dass die Angelegenheit bald geregelt sein wird; dann werden Sie
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