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04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Deb?«
    »Ja.« Sie nahm das Stativ von der einen Hand in die andere. Mehr sagte sie nicht, überließ alles ihm.
    Lynley griff in die Tasche und holte Zigarettenetui und Feuerzeug heraus. Er zündete sich eine Zigarette an, ehe sie ihn mahnen konnte, nicht soviel zu rauchen.
    »Wir müssen darüber sprechen, Deb.«
    »Ich habe ihn in der Nacht gesehen, als ich zurückkam, Tommy. Er hat im Labor auf mich gewartet. Mit einem Geschenk. Ein Vergrößerungsgerät. Er wollte es mir zeigen. Und am folgenden Nachmittag kam er nach Paddington. Da haben wir miteinander gesprochen.«
    Sie sagte nicht: Das war alles.
    Lynley warf seine Zigarette weg. Er war wütend auf sich selbst. Was wollte er denn wirklich von Deborah hören? Wie konnte er von ihr eine Erklärung ihrer Beziehung zu einem Menschen erwarten, die ihr ganzes Leben begleitet hatte? Wie kam er überhaupt auf den Gedanken, daß sie ihm eine solche Erklärung je würde geben können? Er wollte nicht glauben, was er fürchtete und was sein Vertrauen zu untergraben drohte, daß nämlich mit Deborahs Rückkehr nach London jedes Wort und jede Geste der Liebe, die sie in den letzten Jahren getauscht hatten, nichtig werden würden. Vielleicht lag unter diesen nagenden Zweifeln der wahre Grund für seine Entschlossenheit, St. James nach Cornwall mitzuschleppen: dem anderen ein für allemal zu beweisen, daß Deborah nun zu ihm gehörte. Es war ein abscheulicher Gedanke.
    »Tommy.«
    Er riß sich aus seinen Gedanken und sah, daß Deborah ihn beobachtete. Er wollte sie berühren, sie in die Arme nehmen und festhalten. Er wollte ihr sagen, wie sehr er sie liebte, ihre grünen Augen mit den goldbraunen Sprenkeln, ihr Haar, das ihn an Herbst erinnerte. Doch das alles erschien in diesem Moment lächerlich.
    »Ich liebe dich, Tommy. Ich möchte dich heiraten.«

BLUTZOLL

4
    Nancy Cambrey schlurfte die gekieste Auffahrt hinauf, die sich vom Verwalterhaus von Howenstow zum Herrenhaus wand. Feine Staubwirbel stiegen hinter ihren Füßen auf. Der Sommer war bisher ungewöhnlich trocken gewesen. Eine fahle Patina von Staub bedeckte die Blätter der Rhododendronbüsche, die die Kiesstraße säumten, und die Bäume, die sich über sie neigten, spendeten zwar Schatten, vor allem aber schienen sie die schwere, trockene Luft unter ihren dichtbelaubten Ästen einzuschließen. Der Wind, der vom Atlantik kam, wurde von den Bäumen abgehalten. Dort, wo Nancy ging, war die Luft totenstill und roch nach trockenem Laub, das die Sonne zu Asche verbrannt hatte.
    Vielleicht, dachte sie, kam diese Schwere, die so drückend auf ihrer Lunge lag, gar nicht aus der Luft. Vielleicht kam sie von der Angst. Sie hatte sich vorgenommen, mit Lord Asherton zu sprechen, sobald er einmal wieder zu Besuch nach Howenstow kam. Nun kam er. Nun mußte sie mit ihm sprechen.
    Der Klang von Stimmen veranlaßte sie, stehenzubleiben und kurzsichtig durch die Bäume zu blinzeln. Gestalten bewegten sich um einen Tisch, der auf dem Rasen unter einer großen alten Eiche aufgestellt war. Zwei der Tageshilfen von Howenstow waren dort an der Arbeit.
    Nancy erkannte die Stimmen. Sie kannte diese Mädchen seit ihrer Kindheit - Bekannte, aber keine Freundinnen. Sie gehörten zu jenem Teil der Menschheit, der hinter Barrieren lebte; jener Barriere, die Vertraulichkeit mit den Lynley-Kindern ebenso wirksam verhindert hatte wie mit den Kindern der Pächter, der Bauern, der Arbeiter und der Hausangestellten.
    Nancy Nirgendwo, hatte sie sich genannt und war immer bemüht gewesen, einen Ort zu finden, an den sie gehörte. Sie hatte diesen Ort jetzt, dem Namen nach jedenfalls, ihren eigenen Ort, ihre eigene Welt, die sich um ihre fünf Monate alte Tochter, Gull Cottage und Mick drehte.
    Mick. Michael Cambrey. Journalist. Weltenbummler. Plänemacher. Und Nancys Ehemann.
    Sie hatte ihn vom ersten Moment an haben wollen. Sie hatte nichts anderes mehr gewollt, als sich in seinem Charme zu sonnen, an seinem männlich schönen Gesicht sattzusehen, seine Stimme zu hören und sein natürliches Lachen, seinen Blick auf sich zu fühlen und zu hoffen, sie sei der Grund für das lebhafte Blitzen seiner Augen. Sie war darum, als sie eines Tages in der Redaktion der kleinen Zeitung seines Vaters, dem sie seit zwei Jahren die Bücher führte, Mick anstelle seines Vaters angetroffen hatte, nur zu gern seiner Einladung gefolgt, noch ein wenig zu bleiben und mit ihm zu schwatzen.
    Er liebte es zu reden, und sie liebte es, ihm zuzuhören. Sie hatte, da sie

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