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04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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zu. Cotter hatte die ganze Zeit etwas abseits gestanden. Sein Gesicht war schweißnaß vor Hitze. Irgendwie schaffte er es, in seinem Anzug auszusehen, als wäre der für einen beträchtlich größeren und dickeren Mann gemacht.
    »Mr. Cotter«, sagte Lady Asherton. »Darf ich Sie Joseph nennen? Ich freue mich sehr, daß Sie und Deborah bald zu unserer Familie gehören werden.«
    Da war er also, der gebührende Willkommensgruß. Lynleys Mutter hatte ihn, klug wie sie war, für denjenigen aufgespart, von dem sie intuitiv geahnt hatte, daß er ihn am dringendsten nötig hatte.
    »Ich danke Ihnen, Mylady.« Cotter hielt die Arme so fest auf dem Rücken, als hätte er Angst, einer von ihnen könne aus eigenem Antrieb frech hervorschießen, um Lady Asherton kräftig die Hand zu schütteln.
    Lady Asherton lächelte. Es war Tommys etwas schiefes Lächeln. »Ich heiße Dorothy. Aber aus mir völlig unerfindlichem Grund nennen mich die ganze Familie und meine Freunde immer nur Daze. Na ja, das ist wahrscheinlich immer noch besser als Diz.«
    Cotter schien ziemlich verblüfft über diese eindeutige Aufforderung, die Witwe eines Grafen beim Vornamen zu nennen. Aber er faßte sich schnell, nickte kurz und sagte mutig:
    »Gut, also Daze.«
    »Fein«, sagte Lady Asherton herzlich. »Ihr habt euch ja prächtiges Wetter für diesen Besuch ausgesucht. Es war in letzter Zeit ein bißchen schwül - es ist ziemlich warm, nicht wahr? -, aber ich denke, heute nachmittag wird etwas Wind aufkommen. Sidney ist übrigens schon da. Und sie hat einen äußerst interessanten jungen Mann mitgebracht. Etwas düster und schwermütig.«
    »Brooke?« fragte St. James. Er sah nicht erfreut aus.
    »Ja. Justin Brooke. Kennst du ihn, Simon?«
    »Besser als ihm lieb ist, um der Wahrheit die Ehre zu geben«, bemerkte Helen. »Aber er hat mir versprochen, brav zu sein, nicht wahr, Simon, mein Schatz? Kein Gift in den Porridge. Kein Duell im Morgengrauen. Keine Prügelei im Salon. Zweiundsiebzig Stunden lang nichts als tadellose Höflichkeit. Wenn das nicht das höchste der zähneknirschenden Gefühle ist!«
    »Jeden Augenblick werde ich auskosten«, versetzte St. James.
    Lady Asherton lachte. »Bestimmt, Simon. Oder hast du schon mal von einer Wochenendeinladung gehört, bei der nicht sämtliche Leichen aus den Schränken fielen und die Gemüter in Wallung gerieten? Ich fühle mich wieder richtig jung bei der Vorstellung.«
    Sie nahm Cotters Arm und ging mit ihm voraus ins Haus.
    »Ich möchte Ihnen etwas zeigen, worauf ich sehr stolz bin, Joseph«, hörten sie sie sagen und sahen sie auf die kunstvolle Mosaikarbeit des Eingangs zeigen. »Das wurde gleich nach dem großen Brand von 1849 von einheimischen Handwerkern angefertigt. Sie brauchen es nicht zu glauben, aber es heißt, daß das Feuer ...«
    Einen Moment später hörten sie Cotters Lachen, herzlich und unbeschwert.
    Deborah wurde ein wenig wohler. Ihr Herzschlag beruhigte sich. Erleichterung löste alle Spannung, und erst da wurde ihr bewußt, wie groß tatsächlich ihre Bange vor diesem ersten Zusammentreffen ihres Vaters mit Lynleys Mutter gewesen war. Es hätte eine Katastrophe werden können. Es wäre eine Katastrophe geworden, wäre nicht Tommys Mutter eine Frau gewesen, die es verstand, mit natürlicher Liebenswürdigkeit Fremden alle Befangenheit zu nehmen.
    Sie ist wunderbar. Deborah hätte es am liebsten laut gesagt, und ohne nachzudenken, wandte sie sich St. James zu.
    Er wirkte heiter. Die Fältchen um seine Augen vertieften sich. Er lächelte flüchtig.
    »Willkommen in Howenstow, Deb, mein Liebling.« Lynley legte ihr den Arm um die Schultern und führte sie ins Haus, wo es dank der hohen Decke und dem Mosaikboden angenehm kühl und luftig war.
    Sie fanden Daze Asherton und Cotter im großen Saal rechts vom Eingang, einem langen, hohen Raum mit einem massigen offenen Kamin, über dessen Sims aus unbehauenem Granit der Kopf einer wilden Gazelle hervorsprang. An den holzgetäfelten Wänden hingen lebensgroße Porträts der Ashertons, Vertreter aller Generationen, die in allen erdenklichen Posen und Kostümen auf ihre Nachfahren herabblickten.
    Deborah blieb vor dem Porträt eines Mannes in cremefarbener Reithose und rotem Jackett stehen, der, in der Hand eine Reitpeitsche und zu Füßen einen Jagdhund, an eine zerbrochene Urne gelehnt stand. »Tommy«, rief sie. »Diese Ähnlichkeit mit dir ist ja direkt unheimlich.«
    »Tommy fehlt nur noch das entzückende Höschen«, bemerkte

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