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04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Helen.
    Als Lynley sie fester faßte, glaubte Deborah im ersten Moment, es sei eine Reaktion auf das Gelächter, mit dem Helens Bemerkung aufgenommen wurde. Aber dann sah sie, daß am Nordende des Saals eine Tür sich geöffnet hatte. Ein hochaufgeschossener junger Mann in abgeschabten Blue Jeans kam barfuß über das Parkett. Ein hohlwangiges junges Mädchen folgte ihm. Auch ihre Füße waren bloß.
    Das mußte Peter sein. Er war so blond wie Lynley und hatte die gleichen braunen Augen. Seine Gesichtszüge waren so klar gemeißelt wie die vieler seiner Vorfahren auf den Porträts. In einem Ohr trug er einen Ohrring, ein Hakenkreuz, das an einem dünnen Goldkettchen bis auf seine Schulter herabhing.
    »Peter! Du bist nicht in Oxford?« Lynleys Ton war beherrscht. Familienstreitigkeiten trug man nicht vor den Wochenendgästen aus.
    Peter lächelte kurz, zuckte die Achseln und sagte: »Wir sind runtergekommen, weil wir ein bißchen Sonne tanken wollten, und da hörten wir, daß du die gleiche Idee hattest. Fehlt nur noch Judy, dann wären die Geschwister komplett.«
    Er nickte. St. James und Helen zu und zog seine Freundin näher. Wie in Nachahmung der Geste Lynleys legte er ihr den Arm um die Schulter.
    »Das ist Sasha.« Ihr Arm umfaßte seine Taille. Ihre Finger schoben sich unter das schmutzige T-Shirt in seine Jeans.
    »Sasha Nifford.« Ohne darauf zu warten, daß Lynley ihn mit Deborah bekanntmachte, nickte er dieser zu. »Und das ist wohl deine zukünftige Frau. Du hast immer schon einen hervorragenden Geschmack gehabt. Das hast du uns ja im Lauf der Jahre deutlich demonstriert.«
    Daze Asherton trat zu ihnen. Sie blickte von einem Sohn zum anderen und hob eine Hand, als wolle sie sie irgendwie zusammenbringen.
    »Ich bin aus allen Wolken gefallen, als Hodge mir sagte, Peter und Sasha seien gekommen. Trifft es sich nicht glänzend, daß Peter gerade zu deinem Verlobungswochenende hier ist?«
    »Doch, sehr schön«, antwortete Lynley ruhig. »Mutter, würdest du unseren Gästen ihre Zimmer zeigen? Ich hätte gern ein paar Minuten mit Peter allein gesprochen.«
    »Wir essen in einer Stunde. Es ist so ein schöner Tag, da haben wir draußen gedeckt.«
    »Gut. In einer Stunde. Wenn du dich inzwischen um unsere Gäste kümmerst ...« Es war weit eher ein Befehl als eine Bitte.
    Deborah war verwundert über seinen Ton. Sie suchte bei den anderen nach einer Antwort, fand in ihren Gesichtern jedoch einzig Entschlossenheit, die knisternde Feindseligkeit, die in der Luft lag, zu ignorieren. Helen betrachtete angelegentlich ein in Silber gerahmtes Foto des Prinzen von Wales. St. James bewunderte eine orientalische Teedose. Cotter stand am Erkerfenster und sah in den Garten hinaus.
    »Darling«, sagte Lynley zu ihr. »Würdest du mich jetzt kurz entschuldigen.«
    »Tommy -«
    »Entschuldige, Deb.«
    »Kommen Sie, Kind.« Daze Asherton berührte leicht ihren Arm.
    Deborah wollte nicht gehen.
    Helen trat zu ihnen. »Sag mir, ob du mir das süße grüne Zimmer über dem Westhof gegeben hast, Daze. Du weißt, welches ich meine. Über der Waffenkammer. Ich möchte schon seit Jahren mal da übernachten und mir mit dem schauerlichen Kitzel die Decke über den Kopf ziehen, daß unten vielleicht gleich einer versehentlich mit einer Flinte durch die Decke ballern wird.«
    Sie nahm Daze Ashertons Arm, und die beiden Frauen wandten sich zur Tür. Deborah blieb nichts anderes übrig, als ihnen zu folgen. Doch ehe sie hinausging, drehte sie sich noch einmal nach Lynley und seinem Bruder um. In gespannter Haltung standen sich die beiden Brüder gegenüber, unverkennbar kampfbereit.
    Und was dieses Wochenende an heiterer Wärme verheißen hatte, gefror bei diesem Anblick und der plötzlichen Erkenntnis, daß sie über Tommys Beziehung zu seiner Familie kaum etwas wußte.

    Lynley schloß die Tür des Musikzimmers, während Peter mit viel zu steifem, viel zu gemessenem Schritt zum Fenster ging. Er ließ sich lässig auf das grüne Brokatkissen in der Fensternische fallen und zog die langen Beine hoch, um es sich bequem zu machen. Vor der grünen, mit gelben Chrysanthemen bedruckten Tapete und im grellen Licht der Mittagssonne wirkte er noch blasser und elender als draußen im großen Saal. Mit einem Finger zeichnete er ein Muster auf die Fensterscheibe, sichtlich entschlossen, Lynley einfach zu ignorieren.
    »Was tust du hier in Cornwall? Du solltest doch in Oxford sein. Wir haben für diesen Sommer extra einen Tutor angenommen. Wir hatten

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