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04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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schien nicht der kleinen Gesellschaft zu gelten, sein Blick war vielmehr auf die weiter entfernten Stallungen gerichtet, wo eben ein junger Mann geschmeidig über die Mauer sprang und im Laufschritt durch den Park kam.
    Vom Tisch her rief Sidney St. James vergnügt: »Ihr Sohn ist ein großartiger Reiter, Mr. Penellin. Er ist heute morgen mit uns ausgeritten, aber Justin und ich konnten ihn kaum im Auge behalten.«
    John Penellin nickte ihr höflich zu. Sein dunkles Keltengesicht war starr. Lynley kannte Penellin lange genug, um zu wissen, daß sich hinter der steinernen Maske mühsam gezügelte Wut verbarg.
    »Und Justin reitet eigentlich gut - stimmt's, Darling? Aber Mark hat uns beide stehengelassen.«
    Brooke sagte nur: »Ja, er ist gut, das stimmt«, und widmete sich wieder seinem Hühnchen.
    Mark Penellin war mittlerweile so nahe gekommen, daß er die beiden letzten Bemerkungen gehört hatte. »Ich hab' aber auch viel Übung«, sagte er großmütig. »Sie haben sich beide erstklassig gehalten.«
    Er fuhr sich mit der Hand über die feuchte Stirn. Er war eine weichere, hellere Ausgabe seines Vaters. Braunhaarig, mit noch ungezeichneten Zügen, während das Gesicht des alten Penellin kantig war, das schwarze Haar mit Grau durchsetzt. Der Vater wirkte müde, von Alter und Sorgen ausgelaugt. Der Sohn wirkte kräftig, gesund, lebendig.
    »Peter ist nicht hier?« fragte er, von einem Ende des Tisches zum anderen blickend. »Das ist aber komisch. Er hat mich vorhin erst im Verwalterhaus angerufen und gesagt, ich soll raufkommen.«
    »Sicher, um mit uns zu essen«, meinte Daze Asherton. »Das hat Peter gut gemacht. Bei uns ging heute morgen alles so durcheinander, daß ich gar nicht daran gedacht habe, Sie anzurufen, Mark. Das tut mir wirklich leid. Ich habe manchmal den Eindruck, ich habe bald überhaupt nichts mehr im Kopf. Kommen Sie, setzen Sie sich zu uns. John. Mark. Bitte.« Sie wies auf die beiden Plätze, die für Peter und Sasha gedacht gewesen waren.
    Es war klar, daß John Penellin nicht bereit war, einfach auf sich beruhen zu lassen, was ihn ärgerte, und sich mit seinen Arbeitgebern und deren Gästen zum Mittagessen zu setzen.
    Für ihn war dies ein Arbeitstag wie jeder andere. Und er war nicht aus dem Haus gekommen, um seine Mißbilligung darüber kundzutun, daß er von einem Mittagessen ausgeschlossen worden war, zu dem er gar nicht eingeladen werden wollte. Er war nur gekommen, um seinen Sohn abzufangen.
    Mark und Peter, dicke Freunde seit ihrer Kindheit, waren gleich alt. Jahrelang waren sie beinahe unzertrennlich gewesen. Sie hatten zusammen gespielt und Dummheiten gemacht, sie waren zusammen geschwommen und gesegelt, sie waren zusammen groß geworden. Nur die Schule hatte sie getrennt. Während Peter nach Eton gegangen war, wie jeder männliche Asherton vor ihm, hatte Mark die Grundschule in Nanrunnel besucht und danach die höhere Schule in Penzance. Doch diese Trennung hatte nicht ausgereicht, sie auseinanderzureißen. Sie hatte ihre Freundschaft über Entfernung und Jahre hinweg aufrechterhalten.
    Aber wenn es nach Penellin ging, sollte es jetzt damit ein Ende haben. Lynley verspürte vages Bedauern, noch ehe John Penellin sprach. Aber es war nur vernünftig von dem Mann, daß er seinen einzigen Sohn schützen wollte und mit allen Mitteln zu verhindern suchte, daß die Veränderungen, die mit Peter vorgegangen waren, auf Mark übergriffen.
    »Nancy wartet im Haus auf dich«, sagte Penellin zu Mark.
    »Du brauchst jetzt nicht zu Peter.«
    »Aber er hat angerufen und ...«
    »Es interessiert mich nicht, wer angerufen hat. Geh ins Haus.«
    »Aber ein kleines Mittagessen, John ...« begann Daze Asherton.
    »Danke Ihnen, Mylady. Das ist nicht nötig.« Er sah seinen Sohn an. Die dunklen Augen waren unergründlich in dem starren Gesicht. »Komm jetzt mit, Junge.« Und dann zu Lynley, mit einem Nicken zu den anderen: »Tut mir leid, Mylord.«
    John Penellin machte auf dem Absatz kehrt und stapfte zum Haus zurück. Nach einem Blick in die Runde am Tisch - halb Flehen, halb Entschuldigung - folgte ihm sein Sohn. Sie hinterließen jene Stimmung unsicheren Unbehagens darüber, ob man über das soeben Geschehene sprechen oder es lieber völlig ignorieren solle. Doch alle blieben der stillschweigenden Vereinbarung treu, alles zu übergehen, was das Wochenende verderben konnte.
    Helen gab den Ton an. »Ist dir eigentlich klar, Deborah«, sagte sie, während sie eine dicke Garnele aufspießte, »was für eine

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