Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
hingen an den Wänden; scheußliche Souvenirs waren in Glasvitrinen ausgestellt, darunter ein besonders schreckliches in Gestalt eines Haarbüschels, an dem noch ein Fetzen von der Kopfhaut des Opfers hing. Aber diesem makabren Ambiente zum Trotz schweiften Helens Gedanken immer wieder zu leiblichen Genüssen.
    Um sich abzulenken, prüfte sie die Kopie eines Polizeiberichts, der vor ihr auf dem Arbeitstisch lag. »Es paßt alles zusammen, Simon.« Sie schaltete das Mikroskop aus. »B negativ, AB positiv, 0 positiv. Da werden sich die Freunde von der Polizei bestimmt freuen.«
    »Hm«, war das einzige, was Simon Allcourt-St. James dazu zu sagen hatte.
    Wenn er in seine Arbeit vertieft war, wurde er immer einsilbig, aber jetzt fand Helen ihn besonders abweisend. Es war nach vier, und sie verspürte seit mindestens einer Viertelstunde das dringende Bedürfnis nach einer Tasse Tee. Ohne Rücksicht darauf begann St. James mehrere Flaschen aufzuschrauben, die in einer Reihe vor ihm standen. Sie enthielten winzige Fasern, die er analysieren wollte, um aus diesen unendlich kleinen, blutgetränkten Fasern einen Teppich an Fakten zu weben.
    Helen, die wußte, was bevorstand, seufzte nur. Durch das offene Fenster drang die Spätnachmittagssonne ins Labor.
    Helens Blick glitt auf den von einer Backsteinmauer umschlossenen alten Garten hinunter, in dem ungehindert wuchernde Blumen ein buntes Bild boten. Wege und Rasenflächen waren von Unkraut überwachsen und verwildert.
    »Du solltest dir mal jemanden nehmen und den Garten herrichten lassen«, sagte Helen. Sie wußte sehr wohl, daß er in den letzten drei Jahren nicht mehr gepflegt worden war. Und sie wußte auch, warum.
    »Ja.« St. James nahm eine Pinzette und einen Kasten mit Objektträgern. Irgendwo unten im Haus klappte eine Tür.
    Endlich, dachte Helen und stellte sich vor, wie Joseph Cotter jetzt aus der Küche im Souterrain die Treppe heraufstieg, in den Händen ein Tablett mit frischen scones, buttrigen Sahneklümpchen, Erdbeertörtchen und Tee. Leider jedoch ließen die Geräusche, die folgten - ein Holpern und Poltern, begleitet von angestrengtem Grunzen -, nicht darauf hoffen, daß mit Tee zu rechnen war. Helen ging um einen von St. James' Computern herum und warf einen Blick in den holzgetäfelten Flur.
    »Was ist denn?« fragte St. James, als donnerndes Krachen durch das Haus schallte, Metall auf Holz, ein Geräusch, das für das Treppengeländer nichts Gutes verhieß. Schwerfällig rutschte er von seinem Hocker. Sein geschientes linkes Bein landete mit dumpfem Aufprall auf dem Boden.
    »Es ist Cotter. Er kämpft mit einem Riesenkoffer und irgendeinem Paket. - Soll ich Ihnen helfen, Cotter? Was schleppen Sie denn da herauf?«
    »Es geht schon, Milady«, antwortete Cotter von unten.
    »Aber was um Himmels willen -?«
    Helen merkte, wie St. James sich hastig abwandte. Er kehrte an seine Arbeit zurück, als hätte keine Störung stattgefunden und Cotter keine Hilfe nötig.
    Gleich darauf bekam sie die Erklärung. Als Cotter seine Gepäckstücke über den ersten Treppenabsatz bugsierte, traf ein Lichtstrahl, der durch das Fenster fiel, ein großes Etikett, das auf den Schiffskoffer aufgeklebt war. Selbst vom obersten Stockwerk aus konnte Helen die dicken schwarzen Lettern entziffern: »D. Cotter/USA«. Deborah kam nach Hause, und bald schon, wie es aussah. Und da stand St. James, als wäre überhaupt nichts los, über seine Fasern und Objektträger geneigt!
    Helen lief die Treppe hinunter. Cotter winkte ab.
    »Ich komme schon zurecht«, versicherte er. »Machen Sie sich keine Mühe.«
    »Ich mach' mir die Mühe gern. So gern wie Sie.«
    Cotter lächelte über ihre Antwort. Er machte sich die Mühe, weil die Tochter zurückkehrte, die er liebte. Er reichte Helen das breite, flache Paket, das er sich unter den Arm geklemmt hatte. Den Koffer ließ er nicht los.
    »Deborah kommt nach Hause?« fragte Helen leise.
    Cotter antwortete im gleichen Ton: »Ja, heute abend.«
    »Simon hat mir kein Wort davon gesagt.«
    Cotter faßte den schweren Schiffskoffer fester. »War wohl nicht anders zu erwarten«, meinte er kurz.
    Gemeinsam stiegen sie die verbleibenden Treppen hinauf. Cotter hievte den Schiffskoffer ins Zimmer seiner Tochter auf der linken Seite des Flurs, während Helen an der Tür zum Labor stehenblieb. Sie lehnte das Paket an die Wand und trommelte leicht mit den Fingern darauf, den Blick auf den Freund gerichtet. St. James sah nicht von seiner Arbeit auf.
    Das war

Weitere Kostenlose Bücher