Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
schüttelte eine Zigarette heraus, griff in seine Taschen, brachte aber weder Feuerzeug noch Zündhölzer zum Vorschein. Einen Augenblick später schob er seinen Stuhl zurück, stand auf und kam zur Bar.
    Direkt in Mamas Arme, dachte Tina und lächelte in sich hinein. Manche Dinge im Leben waren eben Bestimmung.

    Als Justin Brooke am Soho Square den Triumph in eine Parklücke manövrierte, sah Sidney St. James deutlich, wie stark seine Anspannung war. Sein ganzer Körper war verkrampft. Die Hände umfaßten das Steuer mit einem verräterischen Bemühen um Kontrolle, das jeden Moment zu versagen drohte. Er versuchte es vor ihr zu verbergen. Das Verlangen zuzugeben, wäre ein Schritt zum Eingeständnis der Abhängigkeit gewesen. Und er war nicht abhängig. Nicht er, Justin Brooke, Wissenschaftler, Lebemann, Empfänger von Auszeichnungen.
    »Du hast das Licht angelassen«, sagte Sidney unbewegt. Er reagierte nicht. »Das Licht, Justin.«
    Er schaltete es aus. Sidney merkte, ohne hinsehen zu müssen, wie er sich ihr zuwandte, und einen Augenblick später fühlte sie seine Finger an ihrer Wange. Sie wollte von ihm abrücken, als seine Hand ihren Hals hinunterglitt zu ihren kleinen Brüsten. Statt dessen spürte sie die erregende Antwort ihres Körpers, der sich unter seiner Berührung öffnete, als wäre er ein eigenständiges Wesen, über das sie keine Kontrolle hatte.
    Ein leichtes Zittern seiner Hand verriet ihr, daß seine Zärtlichkeit vorgetäuscht war, nichts weiter als ein Versuch, sie zu beschwichtigen, ehe er seinen widerlichen kleinen Kauf tätigte. Sie stieß ihn weg.
    »Sid.« Justin brachte ein respektables Maß sinnlicher Erregtheit zustande, aber Sidney wußte, daß Geist und Körper schon in der schlecht beleuchteten Gasse am Südende des Platzes waren. Ihm lag viel daran, es vor ihr zu verbergen. Und darum neigte er sich jetzt zu ihr, wie um zu demonstrieren, daß in diesem Moment nicht das Verlangen nach der Droge sein Leben beherrschte, sondern das Begehren nach ihr. Sie wappnete sich gegen seine Berührung.
    Seine Lippen, seine Zunge glitten über ihren Hals und ihre Schultern. Seine Hand umschloß liebkosend ihre Brust. Er murmelte ihren Namen. Er drehte sie zu sich her. Und es war wie immer - Glut, Auflösung, brennende Preisgabe aller Vernunft. Sidney verlangte nach seinem Kuß. Ihre Lippen öffneten sich, ihn zu empfangen.
    Stöhnend zog er sie näher an sich, streichelte sie, küßte sie. Sie schob die Hand seinen Schenkel hinauf, um die Liebkosung zu erwidern. Und da wußte sie Bescheid.
    Sie stieß ihn weg und sah ihn im trüben Licht der Straßenbeleuchtung wütend an.
    »Das ist wirklich toll, Justin. Dachtest du, ich würde es nicht merken?«
    Er wandte sich ab. Ihr Zorn steigerte sich.
    »Los, geh schon, kauf deinen verdammten Stoff. Deshalb sind wir doch hergekommen, stimmt's? Oder wolltest du mir vielleicht weismachen, es hätte einen anderen Grund?«
    »Du willst doch, daß ich auf diese Fete mitkomme, oder nicht?« fragte Justin scharf.
    Es war immer derselbe Versuch, Schuld und Verantwortung abzuwälzen, aber diesmal spielte Sidney nicht mit.
    »Fang mir bloß nicht damit an. Ich kann auch allein hingehen.«
    »Warum tust du's dann nicht? Warum hast du mich dann angerufen, Sid? Oder warst das heute nachmittag vielleicht nicht du am Telefon, honigsüß und ganz heiß auf einen Bums am Ende des Abends.«
    Sie sagte nichts. Sie wußte, daß es stimmte. Immer wieder, ganz gleich, wie oft sie schwor, daß sie genug von ihm hatte, kehrte sie zu ihm zurück, haßte ihn, verachtete sich selbst und ging doch immer wieder zu ihm zurück. Es war, als besäße sie auch nicht eine Spur von Willenskraft, die nicht an ihn gebunden war.
    Dabei - was hatte er schon zu bieten? Er war kein warmherziger Mensch. Er sah nicht gut aus. Er war verschlossen. Er war nichts von dem, was sie sich einmal erträumt hatte. Er war nicht mehr als ein interessantes Gesicht, in dem jeder einzelne Zug mit allen anderen im Streit um die Vorherrschaft zu liegen schien. Olivdunkle Haut. Schwerlidrige Augen. Eine schmale Narbe, die der Linie seines Unterkiefers folgte. Er war nichts, nichts ... außer seine Art, sie anzusehen, sie zu berühren und ihren knabenhaften Körper zu entzünden, so daß sie sich schön und lebendig fühlte. Sie fühlte sich leer. Die Luft im Auto schien ihr erstickend heiß zu sein.
    »Ich hab' manchmal schon daran gedacht, alles zu verraten«, sagte sie leise. »Das ist angeblich das einzige

Weitere Kostenlose Bücher