04 The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Nebel der Vergangenheit
lautstark. Die Passanten, die neugierig stehengeblieben waren, schienen dennoch davon überzeugt zu sein, dass nichts Unziemliches zwischen uns vorging, und zogen weiter.
Ich ließ sie los, um sie keine Sekunde länger als notwendig mit meinem Bann belegen. Sie wirkte so unschuldig, dass ich ein schlechtes Gewissen hatte, obwohl ich wusste, dass es zu ihrem Besten geschah.
»S t-st-stefan…«, keuchte sie atemlos. »D as Blut… und die Worte… war das der Mörder?« Sie brach erneut in Wehklagen aus und stand kurz vor einem hysterischen Anfall.
»S cht«, flüsterte ich und versuchte, meine Stimme wie das besänftigende Rauschen der Wellen klingen zu lassen, das ich auf dem Schiff nach Großbritannien gehört hatte. »S cht«, machte ich noch einmal.
Violet sog den Atem ein. »W as ist, wenn er meine Schwester hat? Sie ist seit gestern verschwunden und ich habe nichts von ihr gehört. Und ich dachte…«
»E r hat sie nicht«, unterbrach ich sie entschieden und wünschte, es wäre die Wahrheit.
»I ch kann nicht mehr in den Pub zurück«, murmelte Violet kleinlaut.
»D as ist jetzt nicht wichtig«, erwiderte ich, umfasste sanft ihr Handgelenk und zog sie an den Straßenrand. Im fahlen Licht einer Gaslaterne wirkte sie noch bleicher und magerer. Eine Woge des Mitgefühls stieg in mir auf. In diesem Moment war ich alles, was sie hatte. »W ir werden einen Platz suchen, wo Sie schlafen können«, beschloss ich und konzentrierte mich damit auf die nächstliegenden Probleme.
»A ber ich habe kein Geld«, wandte sie besorgt ein, während sie in den Taschen ihrer Schürze kramte.
»K eine Sorge. Ich bin ja bei Ihnen«, entgegnete ich, während ich versuchte, mich an den Lichtern zu orientieren, die durch den dichten Nebel drangen. Ein Schild an einem der Häuser erregte meine Aufmerksamkeit: CUMBERLAND HOTEL .
»L assen Sie uns dort hingehen«, schlug ich vor und führte Violet über die Straße. Gemeinsam marschierten wir die mit rotem Teppich ausgelegten Marmorstufen hinauf und durch die vergoldeten Türen, die ein livrierter Butler hoheitsvoll aufhielt. Zusammen mit Lexi hatte ich bereits in einigen der besten Hotels von Amerika gewohnt, aber ich merkte schnell, dass dieses hier ein ganz anderes Niveau hatte. Überall im Foyer prangten riesige Kristallvasen mit frischen Blumen, Marmor und Stein waren auf Hochglanz poliert und die Kronleuchter schienen aus schwerem Gold. Der Mann am Empfang musterte Violet und mich argwöhnisch.
»K ann ich Ihnen behilflich sein, Sir?«, fragte er, ohne seinen Widerwillen über Violets zerzaustes Äußeres zu verbergen. Aus dem Augenwinkel sah ich eine Frau in einem silbernen Chiffonkleid mit Schleppe, die in Begleitung von zwei Dienstboten die Treppe hinauf schritt. An der Bar saßen zwei Männer im Smoking und tranken Whiskey aus Kristallgläsern. Dennoch entspannte ich mich. Im Moment waren wir wenigstens in Sicherheit.
»S ir?«, hakte der Mann an der Rezeption nach.
»J a.« Ich räusperte mich. Ich musste mich zusammenreißen, damit es mir gelang, auch ihn mit einem Bann zu belegen. Bei jemandem, der vor Hunger und Hysterie nicht mehr klaren Verstandes war, funktionierte das um einiges leichter.
»J a, Sie können mir behilflich sein«, antwortete ich und trat selbstbewusst vor den marmornen Empfangstresen, während die verängstigte Violet zaudernd hinter mir stand. Das Licht der Dutzenden von Kronleuchtern war gedämpft und tauchte die altmodische Eingangshalle in einen orangefarbenen Schimmer mit zahlreichen Schatten an den Wänden. Wann immer einer der Schatten sich bewegte, sah ich mich um.
»U nd was genau kann ich für Sie tun?«, fragte der Mann hinter dem Tresen spitz.
Ich straffte die Schultern und fixierte seine runden grauen Augen. Ich konzentrierte mich solange auf die Pupillen, bis deren Schwärze alles war, was ich sehen konnte. »W ir brauchen ein Zimmer.«
»T ut mir leid. Für heute Nacht sind keine Zimmer mehr verfügbar«, erwiderte der Mann.
»I ch weiß, es ist sehr kurzfristig, aber es muss doch ein Zimmer geben, das stets für Gäste aus dem Königshaus reserviert ist. Meine Frau und ich brauchen dieses Zimmer«, beharrte ich.
»A ber Stefan!«, piepste Violet hinter mir.
Ohne meinen Blick von dem Mann zu lösen, stellte ich zur Warnung sanft meinen Fuß auf ihren. Ich hatte den Trick, nach einem für Berühmtheiten reservierten Zimmer zu fragen, von Lexi gelernt. Er funktionierte immer.
»D as beste Zimmer«, fügte ich zur Betonung
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